Existenz und Humanismus. Sartres und Heideggers - Egon Schütz ...
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Mensch wird immer - auch <strong>und</strong> gerade wenn er nur auf sich selbst<br />
verwiesen <strong>und</strong> angewiesen ist - seine Endlichkeit transzendieren <strong>und</strong><br />
das Gesamt seiner Entwürfe in Antwort auf seine Entworfenheit übersteigen.<br />
Nur unter dieser Voraussetzung ist erzieherisches Handeln<br />
in pädagogischer Situation überhaupt denkbar. Und umgekehrt: die<br />
pädagogische Situation ist ein mächtiges Indiz dafür, daß der Mensch<br />
sich nicht nur endlich - über seine subjektiven Grenzen hinaus -<br />
zu transzendieren vermag, sondern daß er diese Selbsttranszendenz<br />
praktizieren muß als ontologisches Motiv verzeitigten Daseins.<br />
Denn wir investieren uns in jeder erzieherischen Handlung, <strong>und</strong> sei<br />
es auch noch so unauffällig, in Modalitäten einer Zukunft, die nicht<br />
mehr unsere je-eigene ist <strong>und</strong> die doch irgendwo Spuren unseres Gepräges<br />
enthält. Anders gesagt, wir besiegen nicht unser je-eigenes<br />
Ende im pädagogischen Umgang mit der nachwachsenden Generation, aber<br />
wir transformieren es in die Kontinuität von Erinnerung <strong>und</strong> Lebensgeschichte,<br />
in denen wir auch dann noch wirksam sind, wenn nichts<br />
mehr von uns zeugt.<br />
II<br />
Offensichtlich ist der Hinblick auf die pädagogische Situation<br />
<strong>und</strong> ihre eigentümliche Weise der Vermittlung von Zeitverhältnissen<br />
im erzieherischen Entwurf dazu angetan, <strong>Sartres</strong> Situationsverständnis<br />
zu erweitern, im Gr<strong>und</strong>e sogar zu überholen. Das wird noch deutlicher,<br />
wenn man sich vor Augen führt, wie in "L'etre et le neant"<br />
im einzelnen vom Tod gehandelt wird. Dort heißt es in zwei resümierenden<br />
Sätzen: "So entfremdet uns die <strong>Existenz</strong> des Todes auch<br />
in unserem eigenen Leben ganz <strong>und</strong> gar zugunsten Anderer. Totsein<br />
heißt, den Lebenden eine Beute sein. Das bedeutet also, daß derjenige,<br />
der den künftigen Sinn des Todes zu erfassen versucht, sich<br />
als künftige Beute des Anderen entdecken muß. Hier liegt also ein<br />
Fall von Entfremdung vor... 11 (a.a.O., S. 684). Die Metaphorik dieser<br />
Sätze läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Der Tote ist<br />
für Sartre die Beute der ihn Überlebenden, das heißt: er wird zum<br />
disponierbaren Raubbesitz der Lebendigen; er hat keine Mittel mehr,