Klarheit und gute Nachbarschaft - Evangelische Kirche in Deutschland
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säkularen, demokratischen <strong>und</strong> sozialen Rechtsstaats („Rechtstreue“) <strong>und</strong> der Wille,<br />
auf der Basis der demokratischen Gr<strong>und</strong>werte an der Ausgestaltung der<br />
Zivilgesellschaft mitzuwirken.<br />
2.4.2 „Multikulturelle Gesellschaft“ <strong>in</strong> der Kontroverse<br />
1980 sprach der von den <strong>Kirche</strong>n getragene Ökumenische Vorbereitungsausschuss<br />
für den „Tag des ausländischen Mitbürgers“ davon, dass <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> e<strong>in</strong>e „multikulturelle<br />
Gesellschaft“ entstehe. Seit dieser Zeit wurde heftig <strong>und</strong> kontrovers<br />
darüber gestritten, wie mit der kulturellen Pluralität umzugehen sei.<br />
Kulturelle Vielfalt ist e<strong>in</strong>e gesellschaftliche Ressource, die das Leben bereichern<br />
kann. Andere kulturelle Prägungen <strong>und</strong> Traditionen wahrzunehmen <strong>und</strong> <strong>in</strong> ihrer<br />
Andersartigkeit zu akzeptieren, erfordert e<strong>in</strong>e Bereitschaft zu Toleranz, die zu den<br />
notwendigen Tugenden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er vielgestaltigen Gesellschaft gehört. Da der Begriff<br />
„multikulturell“ oft unterschiedlich verwendet wird <strong>und</strong> vielfach die Vorstellung<br />
e<strong>in</strong>es beziehungslosen Nebene<strong>in</strong>anders von Ethnien, Religionen <strong>und</strong> Kulturen befördert,<br />
ist es angemessener, von e<strong>in</strong>er „kulturell pluralen“ Gesellschaft zu sprechen.<br />
E<strong>in</strong>e solche Gesellschaft ist „e<strong>in</strong>e anstrengende Lebensform“ (Wolfgang Huber),<br />
weil die politische Anerkennung kultureller Differenzen immer <strong>in</strong> Spannung steht<br />
zum Pr<strong>in</strong>zip der staatsbürgerlichen Gleichheit aller. Daher brauchen kulturell plurale<br />
Gesellschaften politische Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, die gleiche Teilhabe aller<br />
ermöglichen, <strong>und</strong> zivilgesellschaftliche Akteure, die mithelfen, e<strong>in</strong>e kritische<br />
„Kultur der Anerkennung“ <strong>in</strong> den alltäglichen Lebenswelten der Menschen zur<br />
Geltung zu br<strong>in</strong>gen.<br />
Kulturelle Identitäten f<strong>in</strong>den da ihre Grenze, wo sie <strong>in</strong> Widerspruch zu den universal<br />
geltenden Menschenrechten geraten. Deshalb s<strong>in</strong>d beispielsweise die systematische<br />
gesellschaftliche <strong>und</strong> politische Ungleichbehandlung von Männern <strong>und</strong><br />
Frauen wie auch so genannte Ehrenmorde, Mädchenbeschneidungen <strong>und</strong><br />
Zwangsverheiratungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er demokratischen Gesellschaft unter ke<strong>in</strong>en<br />
Umständen zu dulden. Auch widerspricht e<strong>in</strong>e autoritäre, patriarchalische <strong>und</strong> oft<br />
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