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journal of european integration history revue d'histoire de l ...

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Notices – Informations – Mitteilungen<br />

<strong>de</strong>utsch-französische Verhältnis nach 1945 stark in Abhängigkeit vom komplizierten Wechselspiel<br />

<strong>de</strong>r Großmächte USA, UdSSR und Großbritannien.<br />

Im Blick auf die mittleren und kleineren Mächte zwischen Frankreich und Deutschland<br />

ging Ilja Mieck (Berlin) <strong>de</strong>m Einfluß <strong>de</strong>r „Orientalischen Frage“ auf die französisch-preußischen<br />

Beziehungen im 19. Jahrhun<strong>de</strong>rt nach. Pierre Guillen (Grenoble) schil<strong>de</strong>rte die<br />

<strong>de</strong>utsch-französische Konkurrenz in Italien vor 1914 auf politischem, wirtschaftlichem und<br />

kulturellen Sektor. Das schlechte Image <strong>de</strong>r französischen Revolutionen för<strong>de</strong>rte das Ansehen<br />

Deutschlands in Italien wie in Belgien vor 1914. Die Versuche einer eigenständigen<br />

Rolle Belgiens zwischen Frankreich und Deutschland nach <strong>de</strong>m Ersten Weltkrieg problematisierte<br />

François Roth (Nancy) am Beispiel <strong>de</strong>r Lösung <strong>de</strong>r Ruhrkrise 1923. Den zwanziger<br />

Jahren galt auch das Referat von Heinrich Küppers (Wuppertal) über <strong>de</strong>n „Faktor Polen in<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Frankreichpolitik 1918-1934“. Anhand neuer Archivfun<strong>de</strong> zum Reichskanzler<br />

Joseph Wirth wur<strong>de</strong> die europäische Brisanz <strong>de</strong>s Zankapfels Oberschlesien seit 1921<br />

<strong>de</strong>utlich. Die vergiften<strong>de</strong> Wirkung einer <strong>de</strong>shalb gegen Polen und Frankreich gerichteten<br />

<strong>de</strong>utsch-sowjetischen politisch-militärischen Geheimdiplomatie reichte weit über Rapallo<br />

und <strong>de</strong>n Ruhrkampf hinaus.<br />

In Hinblick auf die transnationalen Faktoren betonte Louis Dupeux (Strasbourg) bei seinem<br />

<strong>de</strong>utsch-französischen Vergleich für die Zeit von 1919 bis 1939 die nationalistischen<br />

Faktoren im Partei-Kommunismus bei<strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r bald die i<strong>de</strong>ologische Ausrichtung auf<br />

das internationale Proletariat verließ. Vor <strong>de</strong>m Hintergrund <strong>de</strong>r nationalen Krisen 1923,<br />

1929/30 und 1938/39 in Deutschland und 1933/34 in Frankreich verschärfte sich jeweils die<br />

nationalistische Linie <strong>de</strong>r kommunistischen Parteien. Das gilt sogar für die KPD im Exil<br />

(Ulbricht). Annie Lacroix-Riz (Toulouse) sah im Vatikan vor allem unter <strong>de</strong>m Nuntius<br />

Pacelli, <strong>de</strong>m späteren Pius XII., die Strategie, nach <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Weltkriegen jeweils Deutschland<br />

gegen Frankreich zu unterstützen und dabei in beson<strong>de</strong>rem Maße auf <strong>de</strong>n „amerikanischen<br />

Trumpf“ zurückzugreifen. Dagegen rückte François G. Dreyfus (Paris) die wichtige<br />

Rolle konfessioneller Bindungen für die Entwicklung <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsch-französischen Kulturbeziehungen<br />

hervor. War für die winzige protestantische Minorität in Frankreich (1914: 1,3%),<br />

die allerdings unter <strong>de</strong>n hohen Funktionären rund 20 Prozent ausmachte, zwischen 1850 und<br />

1933 Deutschland beson<strong>de</strong>rs im Bildungs- und Sozialwesen immer ein Mo<strong>de</strong>ll, so blieb die<br />

nationalprotestantische, <strong>de</strong>utsche Evangelische Kirche vor allem nach 1918 auch gegenüber<br />

<strong>de</strong>r kleinen kalvinistischen Gemein<strong>de</strong> in Frankreich ignorant. Die Ökumene spielte vor<br />

1933 für die <strong>de</strong>utsch-französische Aussöhnung noch eine zu geringe Rolle. Dagegen besaßen<br />

Barth und Gogarten im protestantischen Frankreich eine starke Ausstrahlung.<br />

Im Bereich <strong>de</strong>r Jugendbegegnungen gab es bei <strong>de</strong>n Protestanten h<strong>of</strong>fnungsvolle Ansätze.<br />

Diese stan<strong>de</strong>n jedoch gera<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>utscher Seite unter <strong>de</strong>m Eindruck <strong>de</strong>s ost-westlichen<br />

Kulturgegensatzes, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utsche Jugend <strong>de</strong>m Osten gegenüber eine Kulturmission sah<br />

(Dieter Tiemann, Tours). In <strong>de</strong>r Orientierungskrise <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Jugend am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

zwanziger Jahre besaß eine Ausrichtung nach Frankreich vor allem <strong>de</strong>n Sinn <strong>de</strong>r nationalen<br />

Selbstfindung und einer antibolschewistischen Instrumentalisierung <strong>de</strong>r Abendland-I<strong>de</strong>e<br />

(vgl. Otto Abetz). Die Unfähigkeit zum Dialog rückte die Jugend in die Nähe <strong>de</strong>r jeweiligen<br />

politischen Machthaber. Ihre Ost-West-Stereotype lieferten sie <strong>de</strong>n Nationalsozialisten aus.<br />

Faszinierte <strong>de</strong>r Osten im Deutschland <strong>de</strong>r zwanziger Jahre in wachsen<strong>de</strong>m Maße die<br />

Jugend, so gilt das in wichtigem Maße allerdings auch für die USA.<br />

Das nordamerikanische Zivilisationsmo<strong>de</strong>ll in Form amerikanischer Managementpraktiken<br />

(Heidrun Homburg, Bielefeld) und als sozio-kulturelle Herausfor<strong>de</strong>rung im Deutschland<br />

und Frankreich <strong>de</strong>r Zwischenkriegszeit (Hans-Manfred Bock, Kassel) provozierte ähnliche<br />

und abweichen<strong>de</strong> Reaktionen bei <strong>de</strong>n Wirtschaftseliten (eher positiv) und führen<strong>de</strong>n<br />

Intellektuellen (eher negativ) in bei<strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn. Die Gemeinsamkeiten und Unterschie<strong>de</strong> in<br />

<strong>de</strong>r Rezeption amerikanischer Mo<strong>de</strong>lle verdienen in Hinblick auf das Verhältnis von nationalen<br />

und europäischen I<strong>de</strong>ntitäten in Deutschland und Frankreich stärkere Beachtung.

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