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Almanah 2015

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almanah<br />

muslimische Soldaten, die Ihren Zeigefinder demonstrativ<br />

in die Höhe hielten. Da in Österreich viele diese Geste<br />

nur von IS-Terroristen kennen, gab es gleich viel Aufregung.<br />

Ich habe das vor Ort gar nicht bemerkt. Aber den Zeigefinger<br />

zu heben, bedeutet nicht, dass man radikal<br />

ist. Denn das macht man auch beim Beten, dadurch<br />

bekennt ein Muslim sich zum Glauben an den einen<br />

Gott. Es gibt auch Fußballer, die das machen, wenn<br />

sie ein Tor schießen, wie früher Zinedine Zidane. Es<br />

ist oft auch ein Zeichen von Freude oder Stolz. Diese<br />

IS-Extremisten sind eine Katastrophe – für Syrien,<br />

den Irak und die Welt, aber auch für das Bild des<br />

Islams. Ich habe hier eine klare Sicht der Dinge: Es<br />

gibt keinen Widerspruch zwischen der islamischen<br />

Lebensweise und dem Gefühl der Zugehörigkeit zu<br />

Österreich. Das heißt, dass ich ein guter Moslem<br />

und gleichzeitig auch ein guter loyaler Bürger dieses<br />

Landes sein kann. Dieses Bild möchte ich auch im<br />

Bundesheer vertreten.<br />

Warum sind radikale Strömungen im Islam so attraktiv?<br />

Viele junge Menschen haben soziale und gesellschaftliche<br />

Probleme. Sie fallen oft falschen Gelehrten<br />

in die Hände, die eine eindimensionale Lehre<br />

predigen. Es gibt zudem sehr viel Unwissen oder<br />

oberflächliches Wissen über den Islam. Zudem haben<br />

wir auch ein Problem mit Konvertiten, die gleich mal<br />

in den Dschihad ziehen wollen. Wir können nur in<br />

den Familien, in den Schulen, in der Islamischen<br />

Glaubensgemeinschaft und in staatlichen Institutionen<br />

dagegen ankämpfen.<br />

Islam bedeutet Hingabe und Frieden. Sie sind im Bundesheer<br />

beschäftigt. Ein Widerspruch?<br />

Gott besagt im Koran: „Allah liebt diejenigen, die<br />

Ordnung stiften.“ Wenn ich jetzt beim Bundesheer<br />

oder bei der Polizei tätig bin, sorge ich für Ordnung<br />

und Sicherheit. Das ist kein Problem.<br />

Wie ist der Dialog mit der katholischen, evangelischen<br />

und orthodoxen Militärseelsorge?<br />

Wir unternehmen alles gemeinsam. Wir sind<br />

gemeinsam bei der Angelobung und unterrichten<br />

auch gemeinsam.<br />

Die syrischen Flüchtlinge sind überwiegend Muslime.<br />

Warum helfen die Golfstaaten weniger als Deutschland<br />

oder Österreich?<br />

Man muss unterscheiden. Viele muslimische Länder<br />

wie die Türkei oder Jordanien haben die meisten<br />

syrischen Flüchtlinge im Land. Auch die Muslime<br />

„Diese IS-<br />

Extremisten<br />

sind eine<br />

Katastrophe<br />

– für Syrien,<br />

den Irak und<br />

die Welt,<br />

aber auch für<br />

das Bild des<br />

Islams.“<br />

in Österreich sind sehr stark engagiert. Aber mich<br />

wundert ebenfalls sehr, dass die reichen Golfstaaten<br />

so wenig tun. Da fällt mir ein Sprichwort von einem<br />

Gelehrten ein. Imam Al-Ghazali hat einmal gesagt:<br />

„Ich komme von Muslimen, wo es keinen Islam gibt<br />

und gehe zu Nichtmuslimen, wo es den Islam gibt.“<br />

Dafür helfen Deutschland und Österreich den Flüchtlingen.<br />

Deutschland und Österreich haben bei diesem<br />

Thema jedenfalls die Prüfung bestanden. Ich selbst<br />

war auch Flüchtling und bin Österreich für immer<br />

sehr dankbar. Alle bosnischen Flüchtlinge, die nach<br />

Österreich gekommen sind, hatten die Möglichkeit<br />

ihr Leben hier weiterzuführen. Viele von diesen<br />

Leuten haben sich in Österreich gut gefunden und<br />

ihren Beitrag für die Gesellschaft geleistet. Deshalb<br />

denke ich auch, dass jetzt diese Flüchtlinge würdig<br />

behandelt werden sollten. Wir müssen ihnen helfen.<br />

Wir sollten auch nicht vergessen. Wenn ich einem<br />

Menschen Gutes tue, dann habe ich auch mir Gutes<br />

getan. <br />

Dieser Artikel erschien das erste Mal in der biber<br />

Sommer-Ausgabe <strong>2015</strong><br />

52<br />

JAHRBUCH FÜR INTEGRATION

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