CERCLE DIPLOMATIQUE - issue 03/2023

SAVOIR VIVRE MY AUSTRIA
S.E. Salah Abdel-Shafi
Botschafter und Leiter der Mission des Staates Palästina | Ambassador and Head of the Mission of the State of Palestine
Interview: Daniela Pötzl Photos: Ralph Manfreda
PERSONAL DETAILS
S.E. Salah Abdel-Shafi wurde 1962 geboren und ist verheiratet. Er absolvierte 1985 die Hochschule für Ökonomie in Berlin mit einem B.A. in
Volkswirtschaft. 1986 folgte der M.A. in Wirtschaftswissenschaften an derselben Hochschule. Seit Oktober 2014 ist er Botschafter sowie Leiter
der Mission des Staates Palästina und Ständiger Beobachter Palästinas bei den Vereinten Nationen und Internationalen Organisationen in Wien.
Davor war er als Botschafter in Deutschland und Schweden tätig.
H.E. Salah Abdel-Shafi was born in 1962 and is married. He graduated from the University of Economic Sciences in Berlin in 1985 with a B.A. in
Economics. This was followed by a M.A. in Economics from the same university in 1986. Since October 2014, he has been Ambassador as well as
Head of the Mission of the State of Palestine and Permanent Observer of Palestine to the United Nations and International Organisations in
Vienna. Prior to that, he served as Ambassador to Germany and Sweden.
Welche Bezirke Wiens gefallen Ihnen am besten und welche
Bundesländer haben Sie bereits besucht?
Wien ist sehr unterschiedlich. Man kann es klassisch haben, wie im
ersten Bezirk, den ich sehr mag. Auch den alten Kern von Wien
schätze ich besonders. Aber die Stadt hat auch viel an Natur zu
bieten, wie z. B. die Donauinsel oder den Kahlenberg. Und man kann
öffentlich hinfahren. In dieser Stadt sind die öffentlichen Verkehrsmittel
unglaublich effizient. Wenn man es mehr multikulti haben möchte,
besucht man Favoriten. Ich gehe auch oft an der Donau spazieren.
Kulinarisch hat die Stadt viel zu bieten, sie ist vielfältig und das macht
sie interessant. Das Angebot an Kultur ist groß und an klassischer
Musik zudem sehr charmant. Und ich besuche gerne die Kaffeehäuser.
Was die Bundesländer betrifft, habe ich außer Vorarlberg alle
besucht.
Sie haben Ihren Posten in Österreich 2013 angetreten. Aus
Ihrer persönlichen Sicht – hat sich Wien Ihrer Meinung nach in
den vergangenen 10 Jahren verändert?
Wenn man ständig in einer Stadt ist, merkt man die Veränderungen
nicht so sehr. Bevor ich als Botschafter hierherkam, war ich 1996 das
letzte Mal in Wien. Damals wirkte die Innenstadt auf mich wie ein
großes Dorf mit Aufbruchstimmung, nach dem Wegfall des Eisernen
Vorhangs. Dann kam ich 2013 wieder, davor war ich Botschafter in
Berlin. Zurzeit habe ich das Gefühl, dass Wien ein bisschen liberaler,
jünger, multikultureller und offener wird.
Wie sind die bilateralen Beziehungen zwischen unseren
beiden Ländern?
Österreich war das erste westliche Land, das Beziehungen zu
Palästina geknüpft hat. Bruno Kreisky war der erste westliche
Politiker, der Jassir Arafat 1979 in Österreich empfangen hat.
Demzufolge ist diese Mission die erste palästinensische Vertretung in
Westeuropa. Bruno Kreisky hat die Tore von Westeuropa für uns
geöffnet. Dann hat er Willy Brandt und Olaf Palme geholt. Die
Beziehungen haben sich ständig entwickelt – politisch, aber auch was
Entwicklungshilfe anbelangt.
Inwiefern ist z. B. die Austrian Development Agency (ADA)
für Ihr Land hilfreich?
Österreich ist bei der Entwicklungshilfe geblieben. Das einzige Büro
der ADA im Nahen Osten ist in Palästina in Ramallah. Dort werden
sogar zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. Als der Friedensprozess
damals Anfang der 1990er-Jahre angefangen hat, haben Österreich
wie auch andere Länder der EU, ihre Hilfe intensiviert.
Ich komme aus dem Gazastreifen, dort haben wir ein Wohnungsbauprogramm,
das von Österreich finanziert wurde und daher gibt es
auch das sogenannte „Österreichische Wohnviertel“. Politisch gibt es
manchmal Meinungsunterschiede, was die Haltung der österreichischen
Bundesregierung gegenüber dem israelisch-palästinensischen
Konflikt betrifft. Der Dialog zwischen Österreich und Palästina ist
jedoch vorhanden wie auch die Beziehungen und wir reden offen
miteinander. Österreichs Außenminister Schallenberg besuchte im
Vorjahr die Palästinensergebiete. Wie ich Neutralität verstehe, ist es
das Festhalten am Völkerrecht.
Which districts of Vienna do you like best and which provinces
have you already visited?
Vienna is very different. You can have it classical, like in the first
district, which I like very much. I also particularly appreciate the old
core of Vienna. But the city also has a lot to offer in terms of nature,
like the Danube Island or the Kahlenberg. And you can go there by
public transport. In this city, public transport is incredibly efficient.
If you want it to be more multicultural, visit Favoriten. I also often go
for walks along the Danube. Culinary-wise, the city has a lot to offer,
it‘s diverse and that makes it interesting. There is a lot of culture on
offer, and classical music is also very charming. And I like to visit the
coffee houses. As for the provinces, I have visited all of them except
Vorarlberg.
You took up your post in Austria in 2013. From your personal
perspective – do you think Vienna has changed in the past 10
years?
When you are in a city all the time, you don‘t notice the changes so
much. Before I came here as an ambassador, the last time I was in
Vienna was in 1996. At that time, the city centre seemed to me like a
big village with a spirit of optimism after the fall of the Iron Curtain.
Then I came back in 2013, before that I was ambassador in Berlin. At
the moment I have the feeling that Vienna is becoming a bit more
liberal, younger, more multicultural and more open.
What are the bilateral relations between our two countries?
Austria was the first Western country to establish relations with
Palestine. Bruno Kreisky was the first Western politician to receive
Yasser Arafat in Austria in 1979. Consequently, this mission is the first
Palestinian representation in Western Europe. Bruno Kreisky opened
the gates of Western Europe for us. Then he brought in Willy Brandt
and Olaf Palme. Relations have developed steadily – politically, but
also in terms of development aid.
To what extent is the Austrian Development Agency (ADA)
helpful for your country, for example?
Austria has stuck to development aid. The only ADA office in the
Middle East is located in Palestine in Ramallah. Additional staff are
even being hired there. When the peace process started in the early
1990s, Austria, like other EU countries, intensified their aid.
I come from the Gaza Strip, we have a housing programme there that
was financed by Austria and that is why there is also the so-called
“Austrian housing distric“. Politically, there are sometimes differences
of opinion regarding the attitude of the Austrian Federal Government
towards the Israeli-Palestinian conflict. However, the dialogue
between Austria and Palestine exists, as do the relations, and we talk
openly with each other. Austria‘s Foreign Minister Schallenberg
visited the Palestinian territories last year. As I understand
neutrality, it is adherence to international law.
Von oben nach unten:
Portraits von Jassir Arafat,
Mitbegründer und Vorsitzender der
Palästinensischen Befreiungsorganisation
(links) und Mahmud Abbas,
Präsident des Staates Palästina
(rechts). Im Gespräch mit CD.
Erinnerungsfotos an ein Treffen mit
Papst Benedikt VI. (links) und bei
der Angelobung in der Hofburg
durch den damaligen Bundespräsidenten
Österreichs, Heinz Fischer.
Darunter: Persönliche Erinnerungsstücke.
From top to bottom:
Portraits of Yasser Arafat, co-founder
and Chairman of the Palestine
Liberation Organisation (left) and
Mahmoud Abbas, President of the
State of Palestine (right).
In conversation with CD.
Souvenir photos of a meeting with
Pope Benedict VI (left) and at the
inauguration at the Hofburg by then
Austrian Federal President Heinz
Fischer.
Below: Personal mementos.
156 Cercle Diplomatique 3/2023
Cercle Diplomatique 3/2023 157