CERCLE DIPLOMATIQUE - issue 03/2023

L’AUTRICHE BALKAN BUSINESS
Anita Kovacic/CEO Raiffeisen Bank Kosovo
„Österreichische Unternehmen gehören zu den größten
Investoren im Kosovo.“
“Austrian companies rank among the leading investors in Kosovo.”
Gunter Deuber/RBI-Chefanalyst
„Südosteuropa wächst stärker als die gesamte
CEE-Region. Dazu trägt das NextGenerationEU-
Programm bei.“
“Southeast Europe is experiencing stronger growth
than the entire CEE region, thanks in part to the
NextGenerationEU programme.”
zu nutzen, sei Kroatien, meint der RBI-
Chefanalyst: „Denn Kroatien hat sich mit
der Euro-Einführung und dem Schengen-
Beitritt mit 1. Jänner 2023 auch intensiv
mit der Europäischen Union auseinandergesetzt.“
Im Zuge der Euro-Einführung
habe man den Verwaltungsapparat fit gemacht
und durch seine Budgetdisziplin die
Staatsschulden auf rund 70 Prozent des
BIP reduziert. Die Ratingagenturen haben
Kroatiens Kreditwürdigkeit schnell heraufgestuft.
Die reibungslose Euro-Einführung
habe sich auch positiv auf die Preisstabilität
ausgewirkt. Die Inflation soll 2024 auf drei
Prozent zurückkommen. Kroatien habe in
den letzten zehn Jahren das BIP pro Kopf
von 55 auf 70 Prozent des Euroraums gesteigert.
Was Kroatiens Schengen-Beitritt betrifft,
würde sich dieser eher mittel- bis
langfristig positiv auswirken, zum einen
auf das Geschäftsklima, zum anderen auf
den Tourismus. In Summe sei Kroatien für
österreichische und italienische Banken einer
der fünf wichtigsten CEE-Märkte und
das bei seiner Kleinheit. Kroatien hat nur
3,9 Millionen Einwohner.
Big Business im Balkan
Nicht nur Kroatien, auch die meisten
restlichen Balkanstaaten entwickeln sich
besser als Zentral- und Westeuropa. „Die
Wirtschaft im Kosovo wuchs 2022 um
3,5 Prozent. Heuer sollten es zwischen vier
und fünf Prozent und 2024 wieder vier
Prozent sein“, rechnet Gunter Deuber.
Auch im Kosovo sind Österreichs Banken
omnipräsent. Wohl auch, weil die Österreicher
im Herzen des Balkans zuerst vor Ort
waren, berichtet Anita Kovacic, CEO Raiffeisen
Bank Kosovo. Die Raiffeisen Bank
übernahm 2002 einen Großteil der Anteile
der American Bank of Kosovo. Heute ist
die Raiffeisen Bank Kosovo mit einem
Marktanteil von rund 20 Prozent bei Krediten
und Einlagen führend im Bankensektor“,
so RBKO-CEO Anita Kovacic. „Österreichische
Unternehmen gehören zu den
größten Investoren im Kosovo.“ Führend
sind sie im Banken- und Versicherungswesen
(Uniqa, Wiener Städtische, Raiffeisen
Insurance Broker) und im Bereich erneuerbarer
Energien.“
Der Kosovo verfüge über ein einfaches
Steuersystem. Die Körperschafts- und Einkommenssteuer
im Kosovo beträgt nur
zehn Prozent. „Kosovo hat die jüngste Bevölkerung
mit hervorragenden IT- und
Englischkenntnissen. Die Arbeitskosten
sind günstig. Andererseits kämpft Kosovo
als Entwicklungsland immer noch mit politischer
Instabilität, schwacher Rechtsstaatlichkeit
und Korruption. Doch es
überwiegen die Chancen und die ausländischen
Direktinvestitionen nehmen jedes
Jahr zu“, freut sich Anita Kovacic.
Die Ökologisierung der Wirtschaft, die
Strom immer noch aus fossilen Brennstoffen
erzeugt, sei für den Kosovo von größter
Bedeutung. Daher sei der EU-Investitionsfonds
für den Westbalkan sehr wichtig, der
auch privates Kapital für diese Infrastrukturprojekte
beschaffen soll. Doch Investoren
beobachten derzeit genau, wie sich der
Kosovo und Serbien geopolitisch positionieren.
Hierzu Raiffeisen-Bank-Kosovo-
CEO Anita Kovacic: „Der Kosovo unterzeichnete
2015 ein Stabilisierungs- und
Assoziierungsabkommen mit der EU und
reichte 2022 seinen EU-Beitritts-Antrag
ein. Wir unterstützen seine Integrationsbemühungen
unter anderem durch die Einführung
von EU-Standards im Bankwesen.“
Die lokalen Raiffeisenbanken würden
gemeinsam mit österreichischen Botschaften
und Wirtschaftsverbänden RBI-Kunden
in Österreich und in der CEE-Region
vernetzen. Darüber hinaus verfüge die RBI
über ein Lobbybüro in Brüssel, das insbesondere
den Westbalkan bei Initiativen wie
der EU-Nachbarschaftserweiterung, der
Bekämpfung der Geldwäsche und der Digitalisierung
behilflich ist.
with its unique and traditional
roots in Central and
“Austria,
Eastern Europe, made effective
use of a historical opportunity in the
1990s to significantly expand its presence
in the region,” explains Gunter Deuber,
head of research at Raiffeisen Bank International
AG. He highlights Austria’s
strong influence across CEE countries,
particularly within the banking sector. “At
that time, German financial institutions
were still heavily engaged with the repercussions
of the German reunification and
didn’t have a great appetite for the breadand-butter
banking business abroad.
Instead, they were drawn to the international
capital markets.”
The Austrian banks astutely capitalised
on this opportunity. They established dominant
market positions in countries
such as the Czech Republic, Hungary, Slovakia
and the Balkans. Even today, they
remain the primary players in these regions.
Over time, Austria, along with Italy
(facilitated by the acquisition of Bank
Austria by Milan-based UniCredit), has
evolved into the banking hub for the CEE
region.
Sunny Southeast Europe
Since the fall of the Iron Curtain, Austria
has disproportionately benefited from
the region’s catch-up effect, and consequently,
has also been more closely involved
in the economic downturns in the
CEE region. “However, the Central European,
Southeast European and Balkan re-
PHOTOS: RBI
Graz Tourismus – Werner Krug
gions have been affected differently by the
Russian invasion of Ukraine,” says Gunter
Deuber.
While the Eurozone and parts of Central
Europe – Germany in particular –
have suffered from the weakening of the
EU’s economic engine, Southeast Europe
with Croatia and Romania on the forefront
is experiencing a notably better trajectory.
This is due to their lesser dependence
on heavy industry and their reliance
on tourism. Moreover, the post-pandemic
EU reconstruction programmes are exerting
significant influence in these areas.
NextGenerationEU: Eastern Europe Bonus 2.0
Countries in Central and Southeast
Europe are currently receiving substantial
portions of the NextGenerationEU package.
“Among CEE countries, the biggest
beneficiaries in relation to their Gross Domestic
Product are Romania at 13.1%,
Croatia at 12.8%, Bulgaria at 10.4% and
Slovakia at 6.9%,” reports economist Gunter
Deuber.
In total, the EU funding programme
will provide 100 billion euro over the coming
years, with 60 billion euro allocated
to Central and Southeast Europe.
However, this allocation of EU funds
also benefits foreign companies. Germany
and Austria, for instance, host numerous
successful firms in the Eurozone’s internal
market, which in turn participate in contracts
within these countries. “Around ten
to fifteen percent of the NextGenerationEU
funds for CEE countries could potentially
be accessible to companies and
investors from Austria and their local
subsidiaries,” calculates the RBI expert.
Austria’s exports to Central and Southeast
Europe account for nearly 20% – a figure
surpassing that of 2007 and 2008, the peak
of Eastern Europe optimism.
AUSTRIA’S
TRUE LOVE
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72 Cercle Diplomatique 3/2023