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CERCLE DIPLOMATIQUE - issue 03/2023

CD is an independent and impartial magazine and is the medium of communication between foreign representatives of international and UN-organisations based in Vienna and the Austrian political classes, business, culture and tourism. CD features up-to-date information about and for the diplomatic corps, international organisations, society, politics, business, tourism, fashion and culture. Furthermore CD introduces the new ambassadors in Austria and informs about designations, awards and top-events. Interviews with leading personalities, country reports from all over the world and the presentation of Austria as a host country complement the wide range oft he magazine.

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L’AUTRICHE INTERVIEW<br />

Rudolf Striedinger<br />

„Das Bundesheer für militärische Einsätze stärken.“<br />

“Strengthening the Armed Forces for military missions.”<br />

Der Chef des Generalstabes über geänderte Rahmenbedingungen<br />

und besondere Herausforderungen.<br />

The Chief of the General Staff on changing conditions and<br />

unique challenges.<br />

Interview: Walter Feichtinger Photos: Ralph Manfreda<br />

CD: Herr General, Sie sind seit einem Jahr Chef<br />

des Generalstabes. Was sind eigentlich Ihre<br />

Aufgaben?<br />

Rudolf Striedinger: Der Chef des Generalstabes<br />

hat zwei wesentliche Aufgaben.<br />

Erstens die Information und Beratung der politischen<br />

Führung, allen voran der Frau Bundesministerin,<br />

in militärischen Grundsatzangelegenheiten.<br />

Und zweitens die Führung des<br />

Österreichischen Bundesheeres (ÖBH) auf<br />

der obersten militärischen Ebene. Das reicht<br />

von der übergeordneten Leitung und Planung<br />

bis zur Dienstaufsicht auf allen Ebenen.<br />

Das ÖBH wird immer wieder als „strategische<br />

Handlungsreserve“ des Staates bezeichnet.<br />

Wofür ist das Bundesheer zuständig?<br />

Unser Heer hat ein breites Aufgabenspektrum<br />

zu bewältigen. Es reicht von Hilfeleistungen<br />

über Katastropheneinsätze bis<br />

zu Auslandsmissionen. Hauptaufgabe ist<br />

unverändert die militärische Landesverteidigung,<br />

die seit dem Krieg in der Ukraine<br />

wieder im Fokus ist. Dafür haben wir den<br />

Aufbauplan 2<strong>03</strong>2+ entwickelt, der als Leitlinie<br />

für die weitere Ausrüstung, Infrastruktur,<br />

Ausbildung und Struktur des ÖBH<br />

dient. Selbstverständlich werden wir auch in<br />

Zukunft Assistenzleistungen erbringen,<br />

aber es muss immer, wie z. B. beim Ankauf<br />

von Gerät, der militärische Nutzen im Vordergrund<br />

stehen.<br />

Österreich liegt geschützt im Zentrum Europas.<br />

Auf welche Bedrohung stellt sich das Verteidigungsministerium<br />

ein?<br />

Das Bedrohungsbild hat sich schon vor<br />

dem Angriff auf die Ukraine deutlich geändert.<br />

Wir sprechen von einer permanenten<br />

hybriden Bedrohung, die auch Österreich<br />

trifft. Das reicht von Cyberattacken über<br />

Desinformationskampagnen und gewaltsame<br />

Ausschreitungen bis zu Szenarien, die<br />

auch militärische Erscheinungsformen haben<br />

können. Das ÖBH muss daher in der<br />

Lage sein, eine umfassende Schutzoperation<br />

für gefährdete Räume und kritische Infrastruktur<br />

durchzuführen.<br />

Eine Anmerkung zur geografischen<br />

Lage: Österreich bildet eine wichtige Verkehrsdrehscheibe,<br />

die Transversalen verlaufen<br />

von Norden nach Süden und von Osten<br />

nach Westen. Wir müssen daher auch<br />

Transporte auf diesen Achsen kontrollieren<br />

und schützen können.<br />

Für den erwähnten Aufbauplan 2<strong>03</strong>2+ benötigen<br />

Sie viel Geld. Wie sieht es mit dem Budget aus?<br />

Das Bundesheer war lange Zeit unterdotiert<br />

und hat 30 Jahre unter einem Substanzabbau<br />

gelitten. Jetzt geht es an den Wiederaufbau,<br />

der aufgrund der politischen Zusagen<br />

möglich erscheint. Sehr zuversichtlich stimmt<br />

mich das Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz,<br />

das vom Parlament Ende 2022<br />

beschlossen wurde. Damit gibt es einen Budgetpfad<br />

für 10 Jahre, der eine kontinuierliche<br />

deutliche Steigerung bis 2027 und die anschließende<br />

Wertsicherung auf diesem Niveau<br />

vorsieht. Damit können wir langfristige<br />

Planungen und Beschaffungsvorhaben im<br />

Rüstungsbereich, bei der Infrastruktur und im<br />

täglichen Betrieb umsetzen. Das bedeutet eine<br />

„evolutionäre Entwicklung“, da wir auf dem<br />

bestehenden Bundesheer aufbauen. In Teilbereichen,<br />

wie z. B. bei Drohnen oder der Luftabwehr,<br />

kann das aber auch revolutionär sein.<br />

RUDOLF STRIEDINGER<br />

ist Offizier des österreichischen Bundesheers<br />

im Range eines Generals und war ab<br />

26. Mai 2011 Militärkommandant von Niederösterreich.<br />

Am 4. April 2016 folgte er<br />

Brigadier Ewald Iby als Leiter des Abwehramtes<br />

nach. Mit 1. Oktober 2022 wurde er zum<br />

Chef des Generalstabes, als Nachfolger von<br />

General Robert Brieger, und somit zum<br />

ranghöchsten Offizier ernannt. Mit dem<br />

Aufbauplan 2<strong>03</strong>2+ möchte er das Österreichische<br />

Bundesheer in die Zukunft führen..<br />

is an officer of the Austrian Armed Forces,<br />

holding the rank of general. He served as the<br />

Military Commander of Lower Austria from<br />

26 May 2011. On 4 April 2016, he succeeded<br />

Brigadier Ewald Iby as the head of the<br />

Abwehramt (Counterintelligence Agency).<br />

On 1 October 2022, he was appointed<br />

Chief of the General Staff, succeeding<br />

General Robert Brieger, and thereby<br />

becoming the nation’s highestranking<br />

officer. With the<br />

Development Plan 2<strong>03</strong>2+,<br />

he aims to lead the<br />

Austrian Armed Forces<br />

into the future.<br />

PHOTOS: XYXXYXYXY<br />

Zu einem anderen Punkt, der Wehrpflicht. Warum<br />

hält Österreich daran fest?<br />

Ich habe mich immer für die Wehrpflicht<br />

eingesetzt. Ohne Grundwehrdiener könnten<br />

wir unsere Aufträge nicht im geforderten<br />

Ausmaß erfüllen. Mit der Wehrpflicht<br />

haben wir auch eine gesicherte Personalreserve,<br />

außerdem ist sie das zentrale Element<br />

der Personalgewinnung. Denn durch die<br />

Erfahrungen im militärischen Alltag erkennen<br />

viele erst, was Soldat sein bedeutet, und<br />

entschließen sich, länger zu bleiben. Daher<br />

hat unsere Frau Bundesministerin auch den<br />

„freiwilligen Grundwehrdienst“ für Frauen<br />

initiiert. Damit wird auch der zweiten Hälfte<br />

der Bevölkerung der Zugang zum Bundesheer<br />

in vereinfachter Form ermöglicht.<br />

Nach einigem Zögern hat die Bundesregierung<br />

die Überarbeitung der Sicherheitsstrategie aus<br />

dem Jahr 2013 angeordnet. Welche Auswirkungen<br />

kann das für das ÖBH haben?<br />

Wir haben mit dem Aufbauplan 2<strong>03</strong>2+<br />

unseren Beitrag schon vorab erledigt. Mit<br />

der überarbeiteten Sicherheitsstrategie soll<br />

der strategische Rahmen formuliert werden,<br />

in den wir unsere Aufgaben dann gewissermaßen<br />

einbetten. Dabei erwarte ich eine<br />

starke Betonung der Umfassenden Landesverteidigung<br />

(ULV), da sie die Grundvoraussetzung<br />

für ein Zusammenwirken aller<br />

Kräfte des Landes darstellt.<br />

Österreich ist EU-Mitglied und in der NATO-<br />

Partnerschaft für den Frieden. Wie wichtig sind<br />

internationale Kooperationen für die Armee eines<br />

neutralen Landes?<br />

Unsere Zusammenarbeit im EU- und<br />

NATO-Rahmen ist die Grundvoraussetzung<br />

für die Weiterentwicklung des ÖBH. Um z.B.<br />

an internationalen Friedenseinsätzen wie im<br />

Kosovo teilnehmen zu können, ist es erforderlich,<br />

die geforderten Standards zu erfüllen.<br />

Diese werden im NATO-Rahmen festgelegt<br />

und von der EU übernommen.<br />

Bei Besprechungen der Generalstabschefs<br />

auf europäischer Ebene wiederum ist<br />

spürbar, dass die Zusammenarbeit unabdingbar<br />

geworden ist. Auch die Teilnahme<br />

an Sky Shield, gemeinsam mit der neutralen<br />

Schweiz, deutet in diese Richtung. Es geht<br />

um gemeinsame Beschaffungsvorhaben<br />

und die Weiterentwicklung von Streitkräften<br />

in Europa.<br />

Der Chef des Generalstabs in seinem Büro.<br />

The Chief of the General Staff in his office.<br />

64 Cercle Diplomatique 3/<strong>2023</strong><br />

Cercle Diplomatique 3/<strong>2023</strong><br />

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