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14 Bildung<br />
landesregierung legt Studie zur Ausbildungsvorbereitung für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf vor<br />
Auswirkungen auf die Reform der APO-BK<br />
im vergangenen Jahr trat in nRW immer noch fast jeder dritte in das berufliche<br />
Ausbildungssystem übergehende Jugendliche in Bildungsgänge bzw. Maßnahmen<br />
des Übergangssystems ein, die nicht zu einem qualifizierenden Abschluss<br />
führen (Bildungsbericht 2012) – und dies trotz eines von den Wirtschaftsverbänden<br />
beklagten Fachkräftemangels! Vor diesem Hintergrund will die landesregierung<br />
nRW es sich zur Aufgabe machen, die Chancen bildungsbenachteiligter<br />
Jugendlicher für den Übergang in eine voll qualifizierende Berufsausbildung zu<br />
verbessern. Mit einer zunächst für das Schuljahr 2013/14 angekündigten und<br />
nun für 2014/15 erwarteten Reform der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für<br />
das Berufskolleg (APO-BK) soll u. a. die Ausbildungsvorbereitung der Jugendlichen<br />
mit besonderem Förderbedarf erneuert werden.<br />
Was bleibt von der Kollegschule?<br />
Die Landesfachgruppe Berufskolleg der<br />
GEW hatte bereits früh beanstandet, dass das<br />
Schulministerium eine Reform der APO-BK<br />
vorbereitet, ohne die bisherige Ausbildungs-<br />
und Prüfungsordnung zu evaluieren. Vielmehr<br />
konnte der Eindruck entstehen, dass das MSW<br />
unter dem Schlagwort der „Optimierung der<br />
Bildungsangebote“ die althergebrachten beruflichen<br />
Schulformen der 50er Jahre wieder<br />
belebe. Während im allgemeinbildenden<br />
Schulsystem die Weichen zur Integration der<br />
Schulformen gestellt wurden, soll die bisherige<br />
transparente und konsequente Abschlussorientierung<br />
des Berufskollegs durch die Einführung<br />
von sieben (!) Schulformen abgelöst<br />
werden. Dass die Administration nunmehr den<br />
Begriff der „Schulformen“ vermeidet und stattdessen<br />
den Begriff der „Bildungsangebote“<br />
bemüht, lässt nicht darüber hinweg sehen,<br />
dass mit der Abschaffung der Abschlussorientierung<br />
und der Neubelebung alter Schulformen<br />
nun die letzten Spuren des bedeutenden<br />
großen Kollegschulversuchs in NRW<br />
eliminiert werden. Die Etablierung und Begleitung<br />
der Kollegschule in NRW beschäftigte<br />
Lehrstühle, beförderte Hochschulkarrieren und<br />
füllte Bibliotheken, die Zusammenführung der<br />
Kollegschule mit dem Regelsystem dagegen<br />
fand unter Abwesenheit berufspädagogischer<br />
und wissenschaftlicher Debatten statt.<br />
Ausbildungsgarantie mit novellierter<br />
APO-BK?<br />
Wie schon das Berufskolleggesetz, das<br />
unter Ausschluss der fachwissenschaftlichen<br />
Öffentlichkeit administrativ das damalige Regelsystem<br />
mit dem Kollegschulversuch Ende<br />
der 90er Jahre zusammenführte, ist der bisherige<br />
Entwurf einer APO-BK-Novellierung unter<br />
Verzicht wissenschaftlicher Evaluationen entstanden<br />
und kann als Antwort auf das leichtfertige<br />
Politik- und Koalitionsversprechen einer<br />
Ausbildungsgarantie verstanden werden.<br />
Dass diese Kritik berücksichtigt wurde, zeigt<br />
die nachgeschobene, im Sommer dieses Jahres<br />
vorgestellte Studie (Baethge/Baethge-Kinsky<br />
2012), mit der die Landesregierung den renommierten<br />
Göttinger Berufsbildungsforscher Professor<br />
Martin Baethge und sein Soziologisches<br />
Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) beauftragte.<br />
Die Expertise mag geeignet erscheinen,<br />
einerseits dem Vorwurf einer fehlenden fachwissenschaftlichen<br />
Begleitung und Evaluation<br />
zu begegnen und andererseits den Ordnungsund<br />
Abstimmungsprozess der Novellierung<br />
der APO-BK zu beschleunigen. Aus der in<br />
der Projektbeschreibung formulierten „empirischen<br />
Expertise ‚Ausbildungsvorbereitung an<br />
den Berufskollegs NRW“ ist im Ergebnis jedoch<br />
eine „im Auftrag des MSW erstellte explorative<br />
Studie an ausgewählten Berufskollegs zur Situation<br />
und Perspektiven der Ausbildungsvorbereitung<br />
von Jugendlichen mit besonderem Förderbedarf<br />
in NRW“ geworden. Bedingungen,<br />
Voraussetzungen und mögliche Probleme der<br />
Neugestaltung der Ausbildungsvorbereitung<br />
sollten mit der Studie erörtert werden – sie<br />
stützt sich auf Expertengespräche mit Schulleitungen<br />
und Diskussionsrunden mit beteiligten<br />
LehrerInnen von insgesamt zwölf Berufskollegs.<br />
Die auffällig umgangssprachliche Verwendung<br />
des Begriffs „Kolleg“ in der Expertise nimmt<br />
kaum Wunder, kommt sie doch ohne einen<br />
einzigen Blick in die Historie und Entwicklung<br />
des Berufskollegs aus.<br />
Begriff der Ausbildungsvorbereitung<br />
wird verkürzt<br />
Definiert aus der Perspektive des Auftraggebers<br />
sollte lediglich ein Teilbereich der Ausbildungsvorbereitung<br />
untersucht werden. Von<br />
den insgesamt sieben geplanten Schulformen<br />
wurde nur eine (!) Schulform bzw. ein Bildungsangebot<br />
innerhalb dieser Schulform untersucht,<br />
nämlich die Schule bzw. das Angebot der Ausbildungsvorbereitung.<br />
Zur Zeit werden als Ausbildungsvorbereitung<br />
die Bildungsgänge definiert, die nicht zu einem<br />
betrieblichen bzw. schulischen Ausbildungsabschluss<br />
führen. In der Begrifflichkeit der<br />
APO-BK sind das folgende Bildungsgänge: Aus<br />
der Anlage A die Bildungsgänge Berufsorientierung,<br />
Berufsvorbereitung und KSOB (Klassen<br />
für Schüler ohne Berufsausbildungsverhältnis),<br />
aus der Anlage B der Bildungsgang der Berufsfachschule.<br />
Die von der Landesregierung<br />
unterstützte Integrierte Ausbildungsberichterstattung<br />
(IABE NW) findet für diesen Bereich<br />
die hoffnungsvolle Firmierung „Integration“<br />
und unterscheidet dabei anrechnungslose und<br />
anrechnungsbewehrte Bildungsgänge. Der Nationale<br />
Bildungsbericht, auf den sich auch die<br />
SOFI-Expertise bezieht, kennzeichnet diese Ausbildungsvorbereitung<br />
als „Übergangssystem“<br />
– ein Begriff, den die SOFI-Autoren immerhin<br />
in einer Fußnote selbst hinterfragen. Nicht zur<br />
Berufsvorbereitung – so die IABE NW – werden<br />
die Bildungsgänge gezählt, die als studienqualifizierend<br />
definiert werden: aus der Anlage C<br />
die FHR-Bildungsgänge, aus der Anlage D die<br />
AHR-Bildungsgänge. Diese Zuordnung ist zwar<br />
mehr als zweifelhaft, nutzt doch ein großer Teil<br />
der SchülerInnen, wie die Studie zeigt, diese<br />
Bildungsgänge, um sich auf eine nachfolgende<br />
Berufsausbildung vorzubereiten. Immerhin wird<br />
mit dieser zweifelhaften Herausrechnung das<br />
Problem „kleiner“ gerechnet. Für den Nationalen<br />
Bildungsbericht und auch für die SOFI-<br />
Expertise ist dieser Bereich der Ausbildungsvorbereitung<br />
ein weißer Fleck.<br />
p 'Ve us<br />
www.nds.gew-nrw.de<br />
Baethge/Baethge-Kinsky-Studie<br />
Bildungsbericht 2012