25.02.2013 Aufrufe

speichern

speichern

speichern

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Visionäre Ziele<br />

Jedes siebte Kind auf der Welt muss arbeiten. Doch wo genau fängt Kinderarbeit eigentlich<br />

an? Was muss dagegen getan werden? Und wie sind die Erfolgsaussichten im Kampf gegen<br />

Kinderarbeit? Eine Bestandsaufnahme der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).<br />

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) kämpft seit<br />

vielen Jahren weltweit für die Abschaffung der Kinderarbeit.<br />

Die Anstrengungen haben inzwischen zu einigen<br />

Erfolgen geführt: Zwischen 2004 und 2008 ging die Zahl<br />

der Kinderarbeiter immerhin von 222 Millionen auf 215<br />

Millionen zurück.<br />

Wo genau fängt Kinderarbeit an? Die ILO setzt das Mindestalter,<br />

ab dem Jugendliche arbeiten dürfen, bei 15<br />

Jahren an. Ab 13 dürfen Kinder wöchentlich einige Stunden<br />

leichte Arbeit verrichten, zum Beispiel auf dem Hof<br />

oder im Laden der Eltern mithelfen – wie viele Stunden<br />

genau, können die ILO-Mitgliedsstaaten selbst festlegen.<br />

Entscheidend ist, dass dadurch der Schulbesuch nicht infrage<br />

gestellt ist.<br />

1999 wurde überdies ein ILO-Übereinkommen verabschiedet,<br />

das die schlimmsten Formen der Kinderarbeit verbietet,<br />

und zwar für alle Kinder und Jugendlichen unter 18<br />

Jahren. Dies umfasst Kinderprostitution und -pornografi e,<br />

den Einsatz als Soldaten, illegale Tätigkeiten wie Drogenschmuggel<br />

sowie generell Arbeit, die „für die Gesundheit,<br />

die Sicherheit oder die Sittlichkeit schädlich ist“ – also zum<br />

Beispiel das Tragen schwerer Lasten, Arbeit unter Tage,<br />

der Umgang mit gefährlichen Chemikalien oder Maschinen<br />

oder sehr lange Arbeitszeiten.<br />

Vor sechs Jahren setzte sich die ILO ein visionäres Ziel: die<br />

schlimmsten Formen der Kinderarbeit bis 2016 zu beseitigen.<br />

Ist das realistisch? Die Statistiken zeigen Fortschritte,<br />

aber auch beunruhigende Lücken. „So wie die Dinge heute<br />

liegen, reicht das Tempo des Fortschritts nicht aus, um<br />

das für 2016 angepeilte Ziel zu erreichen“, hieß es 2010<br />

in einem ILO-Report.<br />

Immer noch ist die Zahl von 115 Millionen Kindern in<br />

gefährlicher Arbeit – 7,3 Prozent aller Kinder zwischen 5<br />

und 17 – erschütternd hoch. Während die Zahl der Kinderarbeiter<br />

insgesamt zwischen 2004 und 2008 um nur gut<br />

3 Prozent sank, betrug der Rückgang bei den Kindern in<br />

gefährlicher Arbeit jedoch immerhin mehr als 10 Prozent.<br />

Bei den Mädchen schrumpfte die Zahl sogar um fast ein<br />

Viertel. Diese Trends können als Anzeichen dafür gelten,<br />

dass die Politik Prioritäten gesetzt hat und dass entsprechende<br />

Bemühungen von Staat und Zivilgesellschaft tatsächlich<br />

einen Unterschied machen.<br />

Ein bloßes gesetzliches Verbot ist allerdings keine Lösung.<br />

Die meisten Kinder arbeiten schließlich, weil es für ihr<br />

eigenes Überleben oder das der Familie notwendig ist.<br />

Bei diesen Problemen setzt das Programm der ILO zur<br />

Abschaffung der Kinderarbeit (IPEC) an. Dabei hat sich<br />

gezeigt: Entscheidend sind neben der Armutsbekämpfung<br />

insbesondere Bildungsangebote und auch die Bekämpfung<br />

von HIV/AIDS, damit Kinder nicht für erkrankte oder<br />

verstorbene Elternteile einspringen müssen.<br />

Brasilien bietet ein gutes Beispiel, wie ein Staat die Kinderarbeit<br />

erfolgreich bekämpft. Die Regierung führte eine<br />

Schulpfl icht ein, die inzwischen neun Jahre beträgt. Hinzu<br />

kommen Angebote für die Nachschulzeit, vor allem für<br />

Kinder auf dem Land. Mobile Arbeitsinspektionseinheiten<br />

überprüfen die Einhaltung der Gesetze gegen Kinderarbeit.<br />

Und seit 2003 bietet ein Sozialhilfeprogramm<br />

armen Familien fi nanzielle Unterstützung – jedoch nur,<br />

wenn sie ihre Kinder in die Schule schicken und impfen<br />

lassen.<br />

Die Folge: Seit 1992 fi el in Brasilien die Kinderarbeitsquote<br />

in der Altersgruppe 5 bis 15 Jahre von 13,6 Prozent auf 7,3<br />

Prozent im Jahr 2005. Solche Erfolgsmodelle zeigen: Der<br />

Kampf gegen die Kinderarbeit kann gewonnen werden.<br />

pluspunkt<br />

Nicola Liebert<br />

Sprecherin der Internationalen Arbeitsorganisation<br />

(ILO) in Deutschland<br />

Der Artikel ist die stark gekürzte Fassung eines<br />

Aufsatzes in „Aus Politik und Zeitgeschichte“<br />

(Ausgabe 43/2012) vom 22. Oktober 2012.<br />

Das komplette Heft ist online erhältlich.<br />

www.<br />

punktlandung 2012.2<br />

3

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!