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16<br />

Bildung<br />

MSW goutiert verharmlosende Werbung für die Bundeswehr<br />

Geeignetes Unterrichtsmaterial?<br />

„Schule nRW“, Ausgabe 08/2012, hat unter der Rubrik „unterrichtspraxis“ für lernmaterial<br />

geworben, das lehrkräften kostenfrei für den unterricht zum Thema „Frieden<br />

und Sicherheit" zur Verfügung steht. die Werbung funktioniert so: illustriert wird<br />

mit dem Bild eines Kindes, das einem Soldaten dankbar zulächelt, an dessen Arm<br />

es sich hochzieht. Wird die angegebene Website geöffnet, ist man mit drei weiteren<br />

Klicks auf der „Karriereseite" der Bundeswehr. Auf dem link dort hin lächelt eine nette<br />

Frau in die Augen des nutzers. davor ist ein link zu einer Seite „Posttraumatisches<br />

Belastungssyndrom (PTBS): Schnelle Hilfe“. So einfach soll das alles sein?<br />

Schnelle Hilfe?<br />

Der Hinweis auf die „schnelle Hilfe" erzeugt<br />

einen falscher Eindruck. Denn die Bundeswehrpsychiatrie<br />

ist oft nur zur Hälfte besetzt.<br />

Betroffene, die dringend Hilfe benötigen,<br />

müssen z.T. wochenlang auf den Beginn einer<br />

Therapie warten (Der Spiegel, 22. Juni 2010).<br />

Welche Ausmaße die Not der SoldatInnen und<br />

die Gefahr der Verharmlosung angenommen<br />

haben, wird auch daran deutlich, dass zum<br />

Beispiel in der US-Armee mehr Soldaten an<br />

Suizid infolge von Depressionen/PTBS sterben<br />

als in Kampfhandlungen (wikinews.org).<br />

Die Veröffentlichung ohne Warnhinweise in<br />

„Schule NRW" ist nicht akzeptabel. Auf einen<br />

entsprechenden Hinweis an das Schulministerium<br />

kam die Antwort, dass der zuständige<br />

Fachausschuss die Materialien als „‚geeignet"<br />

eingestuft habe. Weiter heißt es, man könne<br />

nicht vermeiden, dass Links im Internet auf<br />

Werbeseiten führten. „In letzter Konsequenz“<br />

müsste man, um das zu vermeiden, „auf<br />

Informationen im Netz ganz verzichten. Das<br />

Material der Stiftung Jugend+Bildung, (...) ist<br />

für die Schulen auf jeden Fall hilfreich.“<br />

Falsche Erwartungen<br />

Der letzte Punkt in der Antwort mutet wie eine<br />

Beschwichtigung an. Es gibt natürlich Links,<br />

die die Fürsorgepflicht gegenüber Schutzbefohlenen<br />

nicht verletzen. Ein Link aber, der ein<br />

Beitrag dazu sein kann, dass jemand geblendet<br />

in sein Unglück läuft, der verstößt gegen den<br />

Beutelsbacher Konsens (Überwältigungsverbot).<br />

Die manipulative Falschinformation der<br />

Bundeswehr erreicht den gutgläubigen Surfer<br />

unvorbereitet. Weil er ein Lockangebot für bare<br />

Münze nimmt, fällt er – ohne Korrektivmöglichkeiten<br />

– auf die Werbung herein. Auf diese<br />

Kritik ging das Schulministerium nicht ein.<br />

Daran zeigt sich, dass die Kooperationsvereinbarung<br />

des Schulministeriums und der<br />

Bundeswehr eine Veröffentlichungs- und Unterrichtspraxis<br />

bedingen kann, in der es an<br />

Umsicht mangelt. Diese Praxis sollte nicht<br />

fortgeführt werden. Ebenso bedenklich ist,<br />

wie der Fachausschuss zu der Bewertung „geeignet"<br />

kommen kann bei Material, das das<br />

Kontroversitätsgebot des Beutelsbacher Konsenses<br />

eindeutig verletzt. Bernhard Trautvetter<br />

p 'Ve us<br />

www.nds.gew-nrw.de<br />

MSW: neue Kooperationsvereinbarung<br />

mit der Bundeswehr<br />

Bündnis Schule ohne Bundeswehr nRW:<br />

umfangreiche Sammlung von Materialien<br />

und Hintergrundinfos<br />

Bernhard Trautvetter<br />

Studiendirektor und Sprecher<br />

des Essener Friedensforums<br />

Auf-Gelesen<br />

Machen wir uns nichts vor: Trotz<br />

mancher Erfolge sind die Integrationsprobleme<br />

in unserem Land nach wie vor<br />

riesengroß. Schuldige gibt es auf beiden<br />

Seiten. Dazu erscheinen gerade zwei<br />

Bücher, die das deutlich machen:<br />

u Mojtaba, Masoud und Milad Sadinam<br />

„unerwünscht – drei Brüder<br />

aus dem iran erzählen ihre deutsche<br />

geschichte“ (Berlin Verlag)<br />

und<br />

u Heinz Buschkowki „neukölln ist<br />

überall“ (ullstein Verlag).<br />

„Die deutsche Bürokratie verhindert<br />

Integration.“ So die Erfahrung eines der<br />

drei iranischen Brüder (NRZ vom 20.<br />

September 2012), die vor sechs Jahren<br />

mit ihrer Mutter nach Deutschland kamen,<br />

inzwischen in Frankfurt studieren<br />

und promovieren wollen.<br />

In der ZEIT, ebenfalls vom 20. September,<br />

fordert der Bezirksbürgermeister<br />

von Neukölln: „Toleranz und Akzeptanz<br />

der Gesellschaft für neue kulturelle<br />

Einflüsse. Aber auch Akzeptanz der<br />

Einwanderer gegenüber der Kultur, in<br />

die sie sich freiwillig begeben haben.“<br />

Buschkowski, alles andere als ein<br />

„Sarrazin light“, scheut sich in dem<br />

(lesenswerten!) Interview nicht, auch<br />

seinem Parteifreund und Regierenden<br />

Berliner Bürgermeister gegenüber deutlich<br />

Stellung zu beziehen. Besorgt über<br />

„Integrationsverweigerer und Rassisten<br />

zweier Sorten“ macht er klar: „Auch<br />

Integrationspolitik kommt ohne Sanktionen<br />

nicht aus. Falschparken wiegt<br />

bei uns schwerer als Schulschwänzen...<br />

Ich möchte, dass die Einwanderer die<br />

Kulturriten und die Regeln des Zusammenlebens<br />

dieses Landes respektieren.“<br />

Integration wird nur dann gelingen,<br />

wenn beide Seiten aufeinander zugehen<br />

und nicht mehr offensichtliche<br />

Minderheiten – auf beiden Seiten! –<br />

das Bild prägen und den Ton angeben.<br />

Karl-Heinz Platte

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