Magazin 197911
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technischen Grundsätze für diese Großschutz<br />
räume sind Anfang des Jahres neu<br />
gefaßt worden - entsprechend dem Stand<br />
der technischen Entwicklung. Es ist gelungen,<br />
unter Beibehaltung des Umfanges<br />
(Grundschutz) durch Vereinfachungen<br />
speziell bei der Lüftungs- und Klimatechnik,<br />
die entsprechenden Mehrkosten fast<br />
zu halbieren. Gleichzeitig konnte der<br />
Raumbedarf für die technischen Anlagen<br />
deutlich verringert werden, so daß z. B. die<br />
Parkflächen in einer Tiefgarage durch den<br />
Einbau der technischen Ausstattung für<br />
einen Schutzraum nur mehr unwesentlich<br />
verkleinert werden.<br />
Der Leiter des Amtes für Zivilschutz der<br />
Stadt Stuttgart, Direktor Maier, ging auf die<br />
praktische Seite des Betriebes von Schutzräumen<br />
ein und stellte den von der Stadt<br />
Stuttgart entwickelten Schutzraum-Betriebsdienst<br />
vor. Dieser wird zur Zeit im<br />
Auftrag des Bundesinnenministeriums modeli<br />
haft erprobt.<br />
Abschließend behandelte Dipl.-Ing. Nekkermann,<br />
Bundesverband für den Selbstschutz,<br />
die Probleme des Hausschutzraumbaus.<br />
Er ging davon aus, daß in<br />
Hausschutzräumen die Masse der Bevölkerung<br />
Schutz finden kann. Schutzräume<br />
können problemlos in oder mit jedem Haus<br />
errichtet werden. Und obwohl die Schutzforderung<br />
"Grundschutz" eingehalten werden<br />
muß, ist die Errichtung einfacher und<br />
billiger. Die Hausschutzräume sind praktisch<br />
wartungsfrei und der Betrieb ist - da<br />
sich , je nach Größe, maximal 50 Personen<br />
darin aufhalten - wesentlich einfacher.<br />
Arbeitsfeld unübersichtlich<br />
Ein abschließendes umfang- und inhaltreiches<br />
Referat über die Fragen des Zivil- und<br />
Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft<br />
war mit modernsten Booten und Geräten<br />
vertreten.<br />
Katastrophenschutzes aus parlamentarischer<br />
Sicht hielt der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses,<br />
der Abgeordnete<br />
Dr. Wernitz (SPD) . Er betonte nicht<br />
ohne Selbstkritik, daß an der stiefmütterlichen<br />
Behandlung der zivilen Verteidigung<br />
ein Teil der Schuld sicherlich auch die<br />
Politiker treffe, die diesem wichtigen Sachgebiet<br />
nicht die ihm zukommende Bedeutung<br />
beimessen. Es sei ein Gebiet, nach<br />
dem sich die Bonner Politiker nicht gerade<br />
drängten: "Allzu dornig ist dieses Terrain<br />
und leichter Lorbeer dort kaum zu erringen."<br />
Dabei gebe es im Grunde zwischen<br />
den im Bundestag vertretenen Parteien<br />
keine Meinungsverschiedenheiten darüber,<br />
daß es ohne eine effektive zivile<br />
Verteidigung keine glaubwürdige militärische<br />
Abschreckung geben könne.<br />
Aber das Arbeitsfeld sei auch außerordentlich<br />
unübersichtlich, da die Zuständigkeiten<br />
sich auf zahlreiche Ebenen verteilten.<br />
Die Zersplitterung der Kompetenzen für<br />
Friedens- und Verteidigungsfall erschwere<br />
zusätzlich jede Veränderung, und die Flut<br />
von Erlassen und Verwaltungsvorschriften<br />
schreckten manchen ab, der bereit wäre,<br />
sich in der Sache zu engagieren.<br />
Wernitz ging detailliert auf die finanzielle<br />
Grundlage des Zivilschutzes ein und zog<br />
Vergleiche zu den Einrichtungen in anderen<br />
Ländern, etwa in Skandinavien und der<br />
Schweiz. Es sei immer wieder aufgefallen,<br />
daß die Trennung zwischen militärischer<br />
und ziviler Verteidigung in diesen Ländern<br />
nicht so tiefgreifend sei wie in der Bundesrepublik.<br />
Man werde zu überlegen haben,<br />
ob man die militärische und die zivile Verteidigung<br />
nicht als die beiden Seiten derselben<br />
Medaille behandeln müsse. "Wenn<br />
es um die Geschlossenheit unserer Verteidigungsanstrengungen<br />
geht, dürfen eventuelle<br />
Befürchtungen des Verteidigungsministeriums,<br />
zugunsten der zivilen Verteidigung<br />
haushaltsmäßige Kürzungen hinnehmen<br />
zu müssen, nicht ausschlaggebend<br />
sein."<br />
Hilfsabkommen<br />
Wernitz zeigte auch Entwicklungen im<br />
grenzüberschreitenden Katastrophenschutz<br />
auf. Man habe eben der Ratifizierung<br />
eines Abkommens zwischen der<br />
Bundesrepublik und Frankreich im Innenausschu<br />
ß zugestimmt, sich gegenseitig<br />
bei schweren Unglücksfällen und Katastrophen<br />
zu helfen. Dies sei das erste Abkommen,<br />
das die Bundesrepublik mit einem<br />
Nachbarstaat geschlossen habe, weitere<br />
seien in Vorbereitung , Das Parlament begrüße<br />
diese Bemühungen zu internationaler<br />
Solidarität und Kooperation uneingeschränkt<br />
und werde darauf drängen, möglichst<br />
viele Länder - unbeschadet ihrer<br />
Gesellschaftsordnung - in das System gegenseitiger<br />
Hilfeleistung einzubeziehen.<br />
Eine zunehmende internationale Verflechtung<br />
des Zivil- und Katastrophenschutzes<br />
könne die Wirksamkeit dieser Dienste und<br />
damit den Schutz der Bevölkerung erheblich<br />
verbessern. Er könne sich auch vorstellen,<br />
daß zwischen den mit der Bundesrepublik<br />
befreundeten Staaten Europas<br />
ein System der Arbeitsteilung und Spezialisierung<br />
vereinbart würde. Nicht jedes Land<br />
brauche geschultes Personal und autwendiges<br />
Gerät für solche Unglücksfälle, deren<br />
Eintritt denkbar unwahrscheinlich sei.<br />
Es erscheine z. B. nicht erforderlich, daß<br />
alle Küstenländer Ölabsaugschiffe in solchen<br />
Dimensionen und Stückzahlen bereitstellen,<br />
daß jedes Land für sich in der<br />
Lage wäre, einer Öl katastrophe wirksam<br />
zu begegnen. Da es sehr unwahrscheinlich<br />
sei, daß Unglücksfälle dieser Art sich<br />
gleichzeitig ereigneten, erscheine es vertretbar,<br />
die Kapazitäten und Gerätschaften<br />
benachbarter Länder zu einem einheitlichen<br />
Bekämpfungspotential zu addieren.<br />
Wichtig wäre es auch, bei Unglücksfällen<br />
bestimmter Art auf die Erfahrungen und die<br />
Hilfsmittel der Länder zurückzugreifen, die<br />
mit Unglücksfällen dieser Art besonders<br />
vertraut seien. Man denke nur an die Erfahrung<br />
verschiedener Länder bei der Bekämpfung<br />
von Waldbränden,<br />
Thema bleibt<br />
auf der Tagesordnung<br />
Schließlich skizzierte Wernitz die Lage auf<br />
dem Sektor Schutzraumbau. Wenn man<br />
von dem jetzigen minimalen Bestand an<br />
Schutzräumen ausgehe, sei die Forderung<br />
der Opposition nach einer Einführung der<br />
Schutzraumbaupflicht verständlich . Die<br />
Einführung jedoch würde den Staat und<br />
den privaten Bauherrn zu stark belasten.<br />
Aber: "Ich schließe auch keineswegs für<br />
alle Zeiten aus, daß sich Regierung und<br />
Koalitions-Fraktionen eines Tages doch<br />
noch zu einem ,Ja' zur Schutzraumbaupflicht<br />
durchringen werden. Wer heute diese<br />
Forderung erhebt, mu ß ehrlicherweise<br />
auch angeben, zu Lasten welcher übrigen<br />
Staatsaufgaben der Schutzraumbau finanziert<br />
werden soll." Der Innenausschuß jedoch<br />
werde dafür sorgen , "daß das Thema<br />
,Vermehrter Schutzraumbau' nicht mehr<br />
von der Tagesordnung der deutschen Politik<br />
verschwindet".<br />
Die grundsätzlichen Referate von Ministerialdirektor<br />
Wedler und DRK-Generalsekretär<br />
Dr. Schilling werden in der nächsten<br />
Ausgabe des ZS-MAGAZIN - ihrer Bedeutung<br />
für die weitere Entwicklung des Zivilund<br />
Katastrophenschutzes entsprechend<br />
- veröffentlicht. Die Rede von Albert Bürger<br />
ist bereits in diesem Heft auf den Seiten<br />
des Deutschen Feuerwehrverbandes abgedruckt.<br />
ZS-MAGAZIN 11/79 11