Magazin 197911
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Polizei einen Einblick in ihre Aufgaben und<br />
Arbeit.<br />
So demonstrierten Berufs-, Freiwillige und<br />
Werksfeuerwehren an hand von Filmen,<br />
Bildtafeln und Geräten ihre Aufgaben bei<br />
Bränden, technischen Hilfeleistungen, Katastrophen-<br />
und Strahlenschutz. Das THW<br />
zeigte Fahrzeuge des Bergungs- und lnstandsetzungsdienstes,<br />
baute Stege und<br />
Brücken ; die Polizei gab informative Einblicke<br />
in ihre vielseitige Arbeit, das Bundesamt<br />
für Zivilschutz und der Bundesverband<br />
für den Selbstschutz widmeten ihre<br />
Stände vorwiegend dem Thema "Schutzraumbau";<br />
der kerntechnische Hilfsdienst<br />
zeigte zum ersten Male im Rahmen der<br />
Sicherheitsausstellung seine ferngesteuerten<br />
Manipulatorfahrzeuge, die radioaktive<br />
Substanzen aufnehmen können . Die<br />
Bergwacht stellte alpines Bergungsgerät<br />
aus; das DRK hatte eine Rettungsleitstelle<br />
aufgebaut sowie die Erdefunkstelle des<br />
von Deutschen und Franzosen gemeinsam<br />
entwickelten Fernmeldesystems<br />
"Symphonie". Außerdem zeigte das DRK<br />
einen Hilfszug mit Wasseraufbereitungsanlage<br />
und Versorgungseinrichtungen.<br />
Die DLRG zog die Aufmerksamkeit der<br />
Besucher durch einen Taucherrettungszug<br />
mit einer Druckkammer, deren Technik<br />
auch demonstriert wurde, auf sich ;<br />
ASB, JUH und MHD ergänzten den Oemonstrationsteil<br />
mit Operations-Feldlazarett,<br />
Rettungsfahrzeugen, Katastrophen<br />
Sanitätszügen, Filmvorführungen über<br />
Einsätze und Aufbau der Organisationen.<br />
"Wehrhafte Demokratie"<br />
Der Kongreß selbst gliederte sich in drei<br />
Teile: öffentliche und betriebliche Sicherheit,<br />
Zivil- und Katastrophenschutz und<br />
Schutzraumbau. Die Eröffnungsrede hielt<br />
der baden-württembergische Innenminister<br />
Dr. Guntram Palm. Er bekannte sich<br />
nachdrücklich zu einer wehrhaHen Demokratie,<br />
die in der Lage sei, "die Freiheit der<br />
Vielen vor dem Freiheitsmißbrauch durch<br />
Wenige zu schützen". Diese Aufgabe könne<br />
der Staat nur erfüllen, wenn er aus der<br />
Autorität des Rechts lebe und dieses Recht<br />
in überzeugender Weise durchzusetzen<br />
wisse. Die äu ßere und innere Sicherheit<br />
müßten dabei als Einheit gesehen werden.<br />
Glaubwürdig bleibe der Rechtsstaat nur,<br />
wenn er die Rechte und die Freiheit aller im<br />
Auge habe. Auf Dauer könne die innere<br />
Sicherheit nurgewährleistet werden, wenn<br />
die Einsicht herrsche, daß der Mensch in<br />
einer GemeinschaH nur frei sein könne,<br />
wenn er "um der Freiheit aller anderen<br />
willen seiner Freiheit die notwendige Beschränkung<br />
auferlegt". Eine staatliche GemeinschaH<br />
könne ohne verbindende und<br />
verbindliche Grundüberzeugungen, ohne<br />
Selbstdisziplin und ohne Erneuerung der<br />
staatserhaltenden Substanz durch Dienst<br />
und Opfer der Bürger nicht bestehen, betonte<br />
Palm abschließend.<br />
Prinzip der Freiwilligkeit<br />
Der Präsident der Akademie für zivile Verteidigung,<br />
Dr. Dr. Eichstädt, und Abteilungspräsident<br />
Römelt vom Bundeskriminalamt<br />
in Wiesbaden wiesen in ihren Referaten<br />
darauf hin, daß der Dialog mit der<br />
Industrie über die betriebliche Sicherheit<br />
vor allem mit Unternehmensleitern, Geschäftsführern<br />
und Sicherheitsfachleuten<br />
aus allen Bereichen geführt werden müsse,<br />
um Sabotageakten und Spionage vorzubeugen<br />
. Den zweiten Teil des Kongresses<br />
zum Thema "Zivil- und Katastrophenschutz"<br />
leitete der Präsident des Bundesamtes<br />
für Zivilschutz, Dr. KOlb, mit einem<br />
Referat "Abwehr von Katastrophen als<br />
Aufgabe des Staates" ein . Er gab einen<br />
historisch-philosophischen Abriß über das<br />
Schutzbedürfnis der Menschen, über die<br />
Begriffsbildung und das Selbstverständnis<br />
des Sich-Schützens. Dieses habe erst in<br />
der Renaissance entstehen können durch<br />
die Entwicklung der Naturwissenschaften.<br />
Vorher seien Katastrophen als schicksalhaftes,<br />
unvermeidbares Ereignis hingenommenworden.<br />
Trotzdem geschehe<br />
aber noch zu wenig , wenn man bedächte,<br />
daß für die soziale Absicherung der Bürger<br />
heute ein Drittel des Staatsetats ausgegeben<br />
würde. Auch müsse noch viel getan<br />
werden, um die Angstschwelle der Bevölkerung<br />
vor möglichen Katastrophen und<br />
Kriegen abzubauen und das Selbstverständnis<br />
der Bürger, sich selbst schützen<br />
zu wollen, zu stärken. Kolb trat für das<br />
Prinzip der Freiwilligkeit in der Mitarbeit in<br />
den Hilfsorganisationen des Katastrophenschutzes<br />
ein und betonte, daß die<br />
freiwilligen Helfer nicht nützliche Knechte,<br />
sondern Helfer in der Not seien. So sehe<br />
das auch die Regierung .<br />
Konsolidierung<br />
des Bestehenden<br />
Über die weitere Entwicklung des Zivil- und<br />
Katastrophenschutzes innerhalb der Bundesrepublik<br />
Deutschland sprach im Anschluß<br />
MinisterialdirektorWedler, zuständiger<br />
Abteilungsleiter im Bundesministerium<br />
des Innern. Erging davon aus, daß<br />
der Zivilschutz auf ein noch besseres Verständnis<br />
in der Öffentlichkeit angewiesen<br />
ist, eine pclitische Entscheidung über Inhalt<br />
und Umfang erfordert und nur auf<br />
Grundlage realistischer Planungen weiterentwickelt<br />
werden kann. Als nächste<br />
Schritte zur weiteren Entwicklung des Katastrophenschutzes<br />
forderte Wedler die<br />
Konsolidierung der jetzt vorhandenen Einheiten<br />
und Einrichtungen des Verstärkungsteiles-dies<br />
müsse Vorrang vor einem<br />
zahlenmäßigen Ausbau haben. Weiter<br />
müßten die Hauptlücken auf dem Sektor<br />
Ausstattung so zügig wie möglich ge-<br />
schlossen werden. Auch müßte die Gliederung<br />
der Fachdienste unter dem Gesichtspunkt<br />
der bisherigen Erfahnungen überprüft<br />
werden . Ein besonderer Schwerpunkt<br />
sei auf die Leitungs- und Führungsstrukturen<br />
und auf die Ausbildung zu legen.<br />
Schließlich müßten die Verwaltungsabläufe<br />
im Hinblick auf die Mitwirkung ehrenamtlicher<br />
und freiwilliger Helfer im Katastrophenschutz<br />
vereinfacht werden .<br />
Wedler streifte auch kurz das Thema<br />
"Schutzraumbau" und unterstrich, daß die<br />
Schaffung öffentlicher Schutzräume in<br />
Mehrzweckanlagen, aber auch die Instandsetzung<br />
alter Bunkeranlagen forciert<br />
werden muß. Außerdem werde die Schutzraumbaupflicht<br />
in den Beratungen der Ausschüsse<br />
des Bundestages eine besondere<br />
Rolle spielen . Auch derWarndienst müsse<br />
weiter entwickelt und ausgebaut werden.<br />
Am schwierigsten aber sei es, die Bevölkerung<br />
für den Selbstschutz zu gewinnen.<br />
Um dies zu erreichen, werde man einen<br />
Modellversuch starten, der Aufschluß darüber<br />
geben soll , wie die Aufklärungsarbeit<br />
der Gemeinden mit Hilfe des Bundesverbandes<br />
für den Selbstschutz verbessert<br />
werden könne.<br />
Das gängige Schlagwort, der Katastrophenschutz<br />
sei eine Katastrophe, sei ob<br />
vielfach entwickelter Aktivitäten falsch und<br />
werde den Leistungen und dem Engagement<br />
vielerTausendervon freiwilligen Helfern<br />
nicht gerecht.<br />
Praktikable Rahmenpläne<br />
Über den Katastrophenschutz in Baden<br />
Württemberg, seine Rechtsgrundlagen,<br />
Schwerpunkte und Tendenzen sprach Ministerialrat<br />
Dr. Heer vom baden-württembergischen<br />
Innenministerium. Der Referent<br />
ging davon aus, daß der Katastrophenschutz<br />
keine im Drei-Schichten<br />
Dienst arbeitende, gut geölte "Bekämpfungsmaschinerie"<br />
sein kann - dies wäre<br />
zu unrentabel und teuer. Dennoch könne<br />
man mit einiger Überlegung viel zur Verbessenung<br />
beitragen . In Baden-Württemberg<br />
z. B. habe man nach den Erfahrungen<br />
mit dem Hochwasser im Mai 1978<br />
Arbeitsgruppen gebildet, die u.a. praktikable<br />
Rahmenpläne für den Katastrophenschutz<br />
ausgearbeitet haben. Man sei auf<br />
das Prinzip des "Baukastens" gekommen:<br />
Es gebe ein generelles Bekämpfungskonzept,<br />
das praktisch für jede Art von Katastrophen<br />
geeignet sei, und dies könne<br />
durch "Bausteine" wie Rettung, Evakuierung,<br />
Brandbekämpfung, Versorgung<br />
etc. erweitert werden. Dadurch erübrige<br />
sich, für jede gefährliche Anlage einen<br />
speziellen Katastropheneinsatzplan zu erstellen<br />
.<br />
Dies habe man lediglich für eventuelle<br />
Unfälle oder Katastrophen im Bereich der<br />
KernkraHwerke vorgesehen. Allein in Ba-<br />
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