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Psychotherapeutenjournal 2/2011 - medhochzwei Verlag GmbH

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Leserbriefe<br />

setzen wir uns satzungsgemäß für genau<br />

diesen Zweck ein.<br />

Unsere 1994 als Arbeitskreis türkischsprachiger<br />

PsychotherapeutInnen (AKTPT)<br />

gegründete Gesellschaft für Türkischsprachige<br />

Psychotherapie und Psychosoziale<br />

Beratung e.V. ist ein bundesweites<br />

Netzwerk, bestehend aus einem Großteil<br />

aller türkischsprachigen PsychotherapeutInnen<br />

und Psychosozialen BeraterInnen<br />

im deutschsprachigen Raum. Neben vielfältigen<br />

regionalen Arbeitskreisen, Intervisionsgruppen<br />

und Tagungen bieten wir<br />

auf unserer Homepage eine umfangreiche<br />

Adressliste türkischsprachiger PsychotherapeutInnen,<br />

Reha-Kliniken, Suchtberater<br />

und Psychosozialer Berater sowie eine<br />

236<br />

stark frequentierte Jobbörse für türkischsprachige<br />

Fachkräfte an.<br />

Aufgrund des geballten Praktiker- und Expertenwissens<br />

in unserer Gesellschaft können<br />

wir über die Situation und die Erfordernisse<br />

der Psychotherapie türkischsprachiger<br />

Migranten qualifizierte Aussagen machen.<br />

Alle von Ihnen zitierten türkischsprachigen<br />

Autoren sind bei uns Mitglied (Schouler-<br />

Ocak, Kahraman) bzw. Vorstandsmitglied<br />

(Erim). Frau Erim führt derzeit übrigens eine<br />

Studie zur Effektivität der muttersprachlichen<br />

Psychotherapie durch, an der viele<br />

unserer Mitglieder teilnehmen.<br />

Ich schildere Ihnen diese Umstände, weil<br />

wir der BPtK gerne unsere Unterstützung<br />

beim Thema „Psychotherapeutische Versorgung<br />

von Menschen mit Migrationshintergrund“<br />

anbieten würden. Ich würde<br />

mich freuen, wenn Sie meine Nachricht<br />

an die dafür geeigneten Ansprechpartner<br />

weiterleiten und verbleibe mit herzlichem<br />

kollegialem Dank.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Dipl.-Psych. Zeki Özdemir<br />

Psychologischer Psychotherapeut (VT)<br />

Vorsitzender der GTP e.V.<br />

(www.gtp-online.eu)<br />

Psychotherapeutische Praxis<br />

Neufchateaustr. 9<br />

59077 Hamm<br />

zeki.oezdemir@gmx.de<br />

Schwerpunkt: „Psychotherapie bei Migranten“, <strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 1/<strong>2011</strong><br />

Das Kulturelle definiert uns als<br />

Menschen, es sollte uns nicht<br />

trennen<br />

Bitte sprechen Sie in Zukunft von Sprach-<br />

und Religionsunterschieden, aber verabschieden<br />

Sie sich von der Idee der „kulturellen<br />

Differenz“ zwischen Menschen, die<br />

mehr kulturelle Gemeinsamkeiten haben<br />

als Unterschiede.<br />

Das Kulturelle definiert uns als Menschen,<br />

es sollte uns nicht trennen. Mensch sein<br />

heißt kulturelles Wesen sein.<br />

Das Kulturelle heißt: Beherrschung des<br />

Feuers, das Kochen und Essen, das Tanzen<br />

und Musizieren, das Entwickeln von<br />

Ritual und Religion, das Nutzen von Symbolisierung<br />

in Bild, Symbol und Wort und<br />

das Erfinden von Theorien, Modellen und<br />

Paradigmen über die Natur der Welt und<br />

des Menschen. Und die Entwicklung von<br />

Kunst und Poesie.<br />

Die Betonung der Unterschiede und das<br />

Fassen dieser Vielfalt in Begriffe einer nationalen<br />

oder religiösen „Kultur“ dient der<br />

Ausgrenzung und vertieft die Diskriminierungserfahrung,<br />

die im Heft als eine der<br />

Ursachen für psychische Erkrankungen gesehen<br />

wird.<br />

Es gibt nicht nur den aggressiv ausgrenzenden<br />

Rassismus der Faschisten oder<br />

der Sarrazinisten, es gibt auch die „gut gemeinte“<br />

pater-/maternalistische Ausgrenzung,<br />

und die ist nicht minder diskriminierend:<br />

du kannst seit Generationen hier<br />

leben – du bleibst der „Ausländer“ oder<br />

der „Mensch mit Migrationshintergrund“.<br />

Zur Globalisierung gehört es, den Begriff<br />

der Menschheit, der spätestens seit Beginn<br />

der Raumfahrt und des Zugangs zu<br />

Bildern des Planeten mit emotionalem Gehalt<br />

gefüllt und somit zum gemeinsamen<br />

sinnhaltigen Symbol unserer Spezies wird,<br />

zu benutzen und den ausgrenzenden Begrifflichkeiten<br />

der Nation und Religion entgegen<br />

zu stellen.<br />

Psychologen, die sich von der Idee der „unterschiedlichen<br />

Kulturen“ von der Realität<br />

der vielfältigen, nicht klar abzugrenzenden<br />

und sich gegenseitig beeinflussenden Vielfarbigkeiten<br />

der menschlichen Kultur und<br />

ihres flüssigen, nicht-kristallinen Charakters<br />

ablenken lassen, laufen Gefahr, ihren Konzepten<br />

mehr zu trauen als der Realität. Sie<br />

halten an Denk- und Symbolstrukturen des<br />

19. und 20. Jahrhunderts fest. Vielleicht,<br />

weil die Beschleunigung gesellschaftlicher<br />

Prozesse uns Angst macht und die scheinbar<br />

so klare Identität ins Schwanken bringt.<br />

Mit diesem Festhalten zeigen sie „wissenschaftlichen<br />

Aberglauben“ und geraten in<br />

unerwartete Nähe zur „Tendenz der Zuwanderer“,<br />

sich an „magischem Aberglauben“<br />

festzuhalten.<br />

Auf einer Veranstaltung zum Thema sagte<br />

eine Frau: „Wenn die (Deutschen) sagen:<br />

‚Wir Deutschen haben die Juden umgebracht’,<br />

dann widerspreche ich: ‚Ihr habt<br />

Deutsche umgebracht’. Sie erklärten Deutsche<br />

zu Juden und haben sie umgebracht,<br />

das waren keine Ausländer, die kamen<br />

später dran“. Das hat mich zum Nachdenken<br />

gebracht und ich bin ihr dankbar für<br />

diesen Hinweis. Es wurde Religion gegen<br />

Nationalismus gestellt, und das funktioniert<br />

leider immer noch.<br />

Schade eigentlich und so überflüssig<br />

manchmal.<br />

Dipl.-Psych. Michael Kuhn<br />

Baruther Straße 21<br />

10961 Berlin<br />

mischakuhn@aol.com<br />

<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 2/<strong>2011</strong>

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