Subjekt und Ideologie Althusser – Lacan –ˇZizek - Reinhard Heil
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2 ANRUFUNG 19<br />
formiert sie alle)” (ebd.). Wie aus den Klammern deutlich wird, ist ein konkretes<br />
<strong>Subjekt</strong> ohne Anrufung nicht denkbar, d.h. <strong>Ideologie</strong> ist ewig:<br />
Die <strong>Ideologie</strong> hat immer-schon (toujours-déjà) die Individuen als <strong>Subjekt</strong>e<br />
angerufen, was wiederum auf die Präzisierung hinausläuft, daß<br />
die Individuen immer schon durch die <strong>Ideologie</strong> als <strong>Subjekt</strong>e angerufen<br />
werden. [...]: Die Individuen sind immer-schon <strong>Subjekt</strong>e. (<strong>Althusser</strong><br />
1977:144)<br />
Selbst das Ungeborene ist bereits diesem Anrufungsprozess ausgesetzt, da es “er-<br />
wartet” wird, ihm bereits ein Ort zugewiesen ist.<br />
Woher aber bezieht die Anrufung ihre Macht, anzurufen? <strong>Althusser</strong> konkretisiert<br />
dies am Beispiel der christlichen Religion (<strong>Ideologie</strong>). In dieser <strong>Ideologie</strong> wird die<br />
Instanz der Anrufung besonders deutlich: Gott. Dieses eine <strong>Subjekt</strong> ist es, das alle<br />
anderen anruft. “Es wird deutlich, daß die Anrufung der Individuen als <strong>Subjekt</strong>e die<br />
‘Existenz’ eines Anderen, Einzigen <strong>und</strong> zentralen SUBJEKTS voraussetzt, in des-<br />
sen Namen die religiöse <strong>Ideologie</strong> alle Individuen als <strong>Subjekt</strong>e anruft.” (<strong>Althusser</strong><br />
1977:146) Das heißt, ein empirisches <strong>Subjekt</strong> benötigt, um eine wirksame Anru-<br />
fung herbeizuführen, eine Stütze, einen Rückhalt in der symbolischen Ordnung, im<br />
großen Anderen 11 , es muss sich am richtigen Ort befinden, ein symbolisches Man-<br />
dat inne haben, in einem Namen sprechen. Dieses SUBJEKT <strong>–</strong> der große Andere <strong>–</strong><br />
unterwirft sich die Individuen <strong>und</strong> macht sie gleichzeitig zu <strong>Subjekt</strong>en. 12 Die Ideolo-<br />
gie ruft die Individuen als <strong>Subjekt</strong>e an, das heißt sie sind immer-schon als <strong>Subjekt</strong>e<br />
angerufen, die eine persönliche Identität besitzen. Das <strong>Subjekt</strong> antwortet mit ”Ich<br />
bin es!” <strong>und</strong> anerkennt damit seinen Ort <strong>und</strong> die anrufende Instanz als berechtigt,<br />
einen Ort anzuweisen. (Vgl. <strong>Althusser</strong> 1977:146)<br />
Im Zentrum der <strong>Ideologie</strong> befindet sich ein Ordnungsgeber, ein Etwas, das “Evi-<br />
denzen” produziert, das “Ordnung” gibt.<br />
Fassen wir zusammen, was wir über die <strong>Ideologie</strong> im Allgemeinen erfahren<br />
haben. [...]<br />
1) die Anrufung der “Individuen” als <strong>Subjekt</strong>e,<br />
2) ihre Unterwerfung unter das SUBJEKT,<br />
3) die wechselseitige Wiedererkennung zwischen den <strong>Subjekt</strong>en <strong>und</strong><br />
11Die Begriffe symbolische Ordnung <strong>und</strong> der große Andere werden im Folgenden synonym gebraucht.<br />
12Der Übersetzer merkt dazu an: “Man beachte im folgenden die Doppelbedeutung des Französischen<br />
‘assujetir’ im Sinne von ‘unterwerfen’ <strong>und</strong> ‘zum <strong>Subjekt</strong> machen’ [...]” (vgl. <strong>Althusser</strong><br />
1977:146).