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Subjekt und Ideologie Althusser – Lacan –ˇZizek - Reinhard Heil

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5 SCHLUSS 70<br />

nung hinterfragen. Es kann sich zum Anspruch des großen Anderen quer stellen, in-<br />

dem es nach dessen Begehren, nach dem, was hinter seinem Anspruch liegt, fragt.<br />

Dieses Infragestellen destabilisiert das <strong>Subjekt</strong>, da es dem hinter dem Anspruch<br />

des großen Anderen vermuteten Begehren nicht gerecht werden kann. Es ist allein<br />

durch die Möglichkeit der Infragestellung der Konsistenz des Bestehenden trauma-<br />

tisiert. Das Phantasma beantwortet diese Frage, indem es ein Objekt anbietet, das es<br />

dem <strong>Subjekt</strong> ermöglicht, der symbolischen Ordnung Vollständigkeit zu verleihen.<br />

Durch das Phantasma erhält die Unmöglichkeit der Schließung einen Körper, der<br />

für diese Unmöglichkeit einsteht. Der Antisemitismus, das von ˇZiˇzek am häufig-<br />

sten gebrauchte Beispiel, ist eine solche phantasmatische Abwehrformation. Das<br />

Phantasma bietet Konsistenz an, indem es eine Antwort darauf gibt, warum es nicht<br />

zu einer Schließung kommt. Im Falle des antisemitischen Phantasmas verkörpert<br />

sich die Unmöglichkeit in der Figur des ”Juden”. Es wird ein Schuldiger dafür an-<br />

geboten, warum die Realität nicht ist, wie sie sein soll. Wir könnten in einer ge-<br />

schlossenen gesellschaftlichen Ordnung leben, wäre da nicht der ”Jude”, der uns<br />

an unserem Glück hindert. Das Phantasma ermöglicht damit nicht die vollständi-<br />

ge Schließung, sondern bietet eine Erklärung dafür, warum sich die Ordnung nicht<br />

schließen lässt. Der ”Jude” ist damit für die antisemitische Idee von Gesellschaft<br />

notwendig; ohne ihn gäbe es keine Antwort auf die Frage, warum die Welt ist, wie<br />

sie ist. Die Antwort wird nicht auf der Ebene der Struktur gesucht, sondern in ei-<br />

nem Etwas, das der Struktur fremd gegenübersteht. An diesem Punkt setzten die<br />

Überlegungen ˇZiˇzeks zur <strong>Ideologie</strong>kritik ein. Die Aufgabe der <strong>Ideologie</strong>kritik liegt<br />

darin, solche phantasmatischen Abwehrformationen aufzuweisen <strong>und</strong> in Frage zu<br />

stellen. Da es nicht möglich ist, auf eine vorgängige, lediglich durch die <strong>Ideologie</strong><br />

verzerrte Realität zu referieren, kann diese Form der <strong>Ideologie</strong>kritik keinen eigenen<br />

nichtideologischen Gegenentwurf anbieten, sondern nur darauf beharren, dass die<br />

Differenz zwischen Realem <strong>und</strong> Symbolischem aufrecht erhalten wird. Verzerrung<br />

bleibt für die <strong>Ideologie</strong>kritik relevant, da <strong>Ideologie</strong> genau die Unmöglichkeit einer<br />

geschlossenen Ordnung negiert <strong>und</strong> ein Nichts (eine strukturelle Unmöglichkeit) zu<br />

einem Etwas verzerrt.<br />

”Ich bin an dem Ort, von dem der Schrei aufsteigt, daß ’das Universum einen Fehler<br />

in der Reinheit des Nicht-Seins darstellt’. (<strong>Lacan</strong> 1975:196)

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