Subjekt und Ideologie Althusser – Lacan –ˇZizek - Reinhard Heil
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2 ANRUFUNG 24<br />
sen Vorgang nicht, um irgendwelche Deutungen anzubieten, sondern schweigt; er<br />
folgt der Freudschen Abstinenzregel. Das <strong>Subjekt</strong> kann dem Ruf des Anderen, des<br />
Analytikers nicht antworten, da es einen solchen Ruf nicht gibt. Genau durch die<br />
Abwesenheit des Rufes ist der Andere um so präsenter. Der Analysand ist es, der<br />
den Anderen zur Existenz bringt, in dem er ihm unterstellt zu wissen, die Antwort<br />
auf die Probleme des Analysanden zu besitzen, nach der es diesem verlangt. Der<br />
Andere, der die symbolische Kohärenz garantiert, wird vom <strong>Subjekt</strong> hervorgebracht<br />
<strong>und</strong> gleichzeitig erkennt sich das <strong>Subjekt</strong> als von dieser von ihm selbst produzier-<br />
ten Instanz angerufen. Das <strong>Subjekt</strong> muss unterstellen, dass es überhaupt einen Sinn<br />
gibt, es muss daran glauben, dass es etwas gibt, woran es glauben kann. Das <strong>Subjekt</strong><br />
muss ”den Anderen erst zur Existenz bringen, es muß mit seinem eigenen Sein das<br />
zum Leben erwecken, was nur eine unsinnige Kette von Praxen <strong>und</strong> Signifikanten<br />
ist” (Dolar:24). Dolars Vorwurf gegenüber <strong>Althusser</strong> ist, dass dieser den Anderen<br />
der symbolischen Ordnung als materiell auffasse <strong>und</strong> mit seiner Rede über die Ma-<br />
terialität von Institutionen <strong>und</strong> Praxen verdecke, dass der Andere nicht existiert,<br />
dass die symbolische Ordnung selbst inkonsistent ist. Für ihn folgt daraus, dass<br />
dem <strong>Subjekt</strong> <strong>und</strong> dem SUBJEKT ein Mangel inhäriert <strong>und</strong> dass <strong>Althusser</strong>s Theo-<br />
rie dem nicht gerecht wird. (Vgl. Dolar:24) Zwischen dem imaginären <strong>Subjekt</strong> der<br />
Anrufung <strong>und</strong> dem SUBJEKT gibt es das symbolische <strong>Subjekt</strong>, ”das durch einen<br />
leeren Raum, durch eine mit der Einführung der symbolischen Ordnung geschaf-<br />
fene Lücke, durch eine meteonymisch [an] der Signifikantenkette entlanggleitende<br />
Leere definiert ist” (Dolar:24).<br />
<strong>Althusser</strong> formuliert innerhalb seiner Theorie als Anspruch der <strong>Ideologie</strong> das lücken-<br />
lose Aufgehen des <strong>Subjekt</strong>s im SUBJEKT, aber genau diesem Anspruch kann Ideo-<br />
logie nicht gerecht werden, da die anrufende Instanz selbst nicht geschlossen, son-<br />
dern von einem Mangel durchzogen ist. Der Ansatz <strong>Althusser</strong>s geht von einer sta-<br />
bilen, geschlossenen Ordnung auf Seiten der Anrufungsinstanz, wie auch auf der<br />
Seite des angerufenen <strong>Subjekt</strong>s aus. Dolar definiert <strong>Ideologie</strong> über den von Althus-<br />
ser formulierten Anspruch, damit besteht ”<strong>Ideologie</strong> [...] genau darin, ein Element in<br />
diesen leeren Raum einzusetzen. <strong>Ideologie</strong> ist also ein Versuch, die unmögliche Ver-<br />
bindung zweier minimaler Elemente herzustellen, die auf Gr<strong>und</strong> ihrer Natur nicht<br />
zusammenpassen” (Dolar:25).<br />
Hier liegt der antiideologische Einsatzpunkt der lacanschen Psychoanalyse: Sie<br />
zeigt erstens auf, dass genau diese Verbindung zweier heterogener Elemente schei-