Subjekt und Ideologie Althusser – Lacan –ˇZizek - Reinhard Heil
Subjekt und Ideologie Althusser – Lacan –ˇZizek - Reinhard Heil
Subjekt und Ideologie Althusser – Lacan –ˇZizek - Reinhard Heil
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
3 DER GRAPH DES BEGEHRENS 43<br />
net. Das Phantasma ist mehr als eine Phantasie über die Erfüllung eines Wunsches<br />
<strong>und</strong> es lässt sich auch nicht auf ein Szenario reduzieren, das den wahren Schrecken<br />
einer Situation verdeckt. Vereinfacht gesagt ist das Phantasma eine Abwehrforma-<br />
tion gegenüber dem Realen (der Unabgeschlossenheit der symbolischen Ordnung)<br />
<strong>und</strong> dem eigenen Begehren (der Unabgeschlossenheit des <strong>Subjekt</strong>s). Die Bezie-<br />
hung zwischen dem Phantasma <strong>und</strong> dem Schrecken des Realen ist ambivalent; auf<br />
der einen Seite verdeckt es diesen Schrecken, auf der anderen Seite kommt es zu<br />
einer Hypostasierung des Realen durch diese Eskamotage. Das Reale wird Ding,<br />
es bekommt eine Gestalt, es wird fassbar. ˇZiˇzek sieht die Funktion des Phantasmas<br />
ähnlich bestimmt, wie die des kantischen transzendentalen Schematismus. In Kants<br />
Kritik der reinen Vernunft vermittelt der transzendentale Schematismus zwischen<br />
den empirischen Objekten <strong>und</strong> den transzendentalen Kategorien. Der Schematis-<br />
mus bestimmt die Art <strong>und</strong> Weise, wie wir Objekte wahrnehmen, 22 während das<br />
Phantasma bestimmt, welche Objekte wir begehren.<br />
Das Phantasma eröffnet einen Raum, in dem wir begehren können, das heißt, es<br />
konstituiert unser Begehren: ”teaches us how to desire” ( ˇZiˇzek 1999a:191). ˇZiˇzek<br />
erläutert dies an dem berühmten Satz <strong>Lacan</strong>s ”Es gibt keine sexuelle Beziehung”.<br />
Dieser Satz besagt nicht mehr, als dass es keine allgemeine Matrix, die eine harmo-<br />
nische Beziehung zwischen den Partnern garantieren würde, gibt. Jedes Individuum<br />
ist gezwungen, sein Begehren auf seine eigene Art <strong>und</strong> Weise zu organisieren, ihm<br />
eine Form zu geben. Dies gilt nicht nur für die sexuelle Beziehung, sondern für je-<br />
de Beziehungsform: Alles, was ich sage <strong>und</strong> tue, erhält seine Bedeutung durch den<br />
Ort, den es innerhalb der symbolischen Ordnung einnimmt. Der direkte, unmittel-<br />
bare Kontakt zwischen zwei <strong>Subjekt</strong>en ist unmöglich.<br />
Das Phantasma verbindet zwei einander ausschließende Funktionen: Auf der einen<br />
Seite stabilisiert es den Welt- <strong>und</strong> Selbstzugang des Individuums bzw. ermöglicht<br />
diesen, auf der anderen Seite schreibt es gleichzeitig in die symbolische Ordnung<br />
des <strong>Subjekt</strong>s einen Punkt ein, in dem die Unmöglichkeit dieser Stabilisierung Ge-<br />
stalt erhält. (Vgl. ˇZiˇzek 1999a:192)<br />
als unverständlich beurteilten Wissen hervorgerufenen Widerstand. <strong>Lacan</strong> verglich daraufhin seine<br />
Lehre mit der Cantors: ist das Unverständnis, das in bezug auf diese Lehre geäußert wird, selbst ein<br />
Symptom?” (Roudinesco 1996:531) Vgl. auch <strong>Lacan</strong> 1991:119).<br />
22 Vgl. hierzu die Arbeit von Bernhard Baas Das reine Begehren (Baas 1995) besonders 23-72.<br />
Baas macht eine Homologie zwischen Kants Kritik der reinen Vernunft, der Kritik der praktischen<br />
Vernunft <strong>und</strong> der von ihm sogenannten Kritik des reinen Begehrens <strong>Lacan</strong>s aus.