Subjekt und Ideologie Althusser – Lacan –ˇZizek - Reinhard Heil
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3 DER GRAPH DES BEGEHRENS 38<br />
Die Ungleichheit, die im Bewußtsein zwischen dem Ich <strong>und</strong> der Substanz,<br />
die sein Gegenstand ist, stattfindet, ist ihr Unterschied, das Negative<br />
überhaupt. Es kann als der Mangel beider angesehen werden, ist<br />
aber ihre Seele oder das Bewegende derselben; weswegen einige Alte<br />
das Leere als das Bewegende begriffen, indem sie das Bewegende zwar<br />
als das Negative, aber dieses noch nicht als das Selbst erfaßten. (Hegel<br />
1984[1807]:39)<br />
Für <strong>Lacan</strong> verweist das <strong>Subjekt</strong>, genauso wie die symbolische Ordnung (der große<br />
Andere), in seiner Struktur auf ein Negatives. Dieses Negative, die Unmöglichkeit,<br />
sich vollständig zu verobjektivieren, Selbstidentität zu erlangen, traumatisiert das<br />
<strong>Subjekt</strong>. Der Wunsch des <strong>Subjekt</strong>s ist es, einen Zustand vor dem Sündenfall zu errei-<br />
chen, das heißt einen Zustand der Versöhnung des <strong>Subjekt</strong>s mit der Substanz. Dieser<br />
Zustand vor dem Sündenfall ist eine retroaktive Setzung, man kann ihn verstehen<br />
als eine Abwehr des <strong>Subjekt</strong>s gegen die konstitutive Unmöglichkeit der Schließung.<br />
Das, was im <strong>Subjekt</strong> ”mehr” ist, als es selbst, ist ein Mangel, keine Fülle, es ist der<br />
Riss, der das Reale vom Symbolischen trennt.<br />
Für <strong>Lacan</strong>s <strong>und</strong> ˇZiˇzeks Ansatz ist die Verschiebung von einer vorgängigen Fülle, die<br />
unseren Erkenntnisapparat überfordert, hin zu einem Mangel, dessen Abwehr Fülle<br />
erzeugt, von großer Bedeutung. ˇZiˇzek verdeutlicht diese Verschiebung anhand des<br />
Hegelschen Begriffspaars Verstand/Vernunft. Der Verstand wird oftmals aufgefasst<br />
als die Instanz, die die lebendige Totalität der Dinge auf abstrakte, stillgestellte<br />
Momente reduziert. ”Die Vernunft hingegen übersteige die Ebene des Verstandes,<br />
indem sie den lebendigen Prozeß der subjektiven (Selbst-)Vermittlung aufzeige; die<br />
Kategorien des Verstandes seien dessen abstrakte, ’tote’, starre Momente, dessen<br />
’Objektivationen’.” ( ˇZiˇzek 1992b:18f.) ˇZiˇzek sieht nun in der Vernunft nicht ein<br />
”mehr”, sondern er fasst sie als den ”Verstand selbst, insofern ihm nichts fehlt,<br />
insofern es nichts jenseits von ihm gibt [...]” ( ˇZiˇzek 1992b:19). Die Ebene des Ver-<br />
standes wird nicht verlassen, solange man denkt, dass es jenseits des Verstandes<br />
etwas gibt, was sich ihm entzieht. Der Übergang vom Verstand zur Vernunft ist ein<br />
Verlust, kein Gewinn. Dem Verstand wird etwas abgezogen: das ”Phantom” eines<br />
Objekts, das ihm vorausgeht. ˇZiˇzek spricht sich gegen eine Auffassung der Dialek-<br />
tik als Möglichkeit, ”den ganzen Reichtum des konkreten Lebendigen wieder ein-<br />
zuholen” ( ˇZiˇzek 1992b:19), aus. Sobald man sich in den Raum des Logos begeben<br />
hat, ist dieses konkrete Lebendige verloren. Der Abstand zwischen dem Realen <strong>und</strong><br />
dem Symbolischen bleibt irreduzibel. Die Fähigkeit, das Ganze aufzulösen, ist die