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Subjekt und Ideologie Althusser – Lacan –ˇZizek - Reinhard Heil

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2 ANRUFUNG 22<br />

ideologischen <strong>und</strong> präsubjektiven materia prima 13 , das die konstituierte <strong>Subjekt</strong>i-<br />

vität heimzusuchen beginnt” (Dolar:12).<br />

Die Anrufung funktioniert demnach niemals vollständig, es gelingt ihr zwar, dem<br />

<strong>Subjekt</strong> einen Ort anzuweisen, aber es ist niemals mit diesem Ort identisch.<br />

In eine kurze Formel gepreßt, das <strong>Subjekt</strong> ist genau das Scheitern, das<br />

<strong>Subjekt</strong> zu werden, das psychoanalytische <strong>Subjekt</strong> ist das Scheitern, ein<br />

<strong>Althusser</strong>sches <strong>Subjekt</strong> zu werden. Für <strong>Althusser</strong> ist das <strong>Subjekt</strong> das,<br />

was die <strong>Ideologie</strong> funktionieren läßt; für die Psychoanalyse entsteht das<br />

<strong>Subjekt</strong>, wo die <strong>Ideologie</strong> scheitert. (Dolar:12)<br />

Das <strong>Subjekt</strong> der Psychoanalyse ist diejenige Instanz, die der Übernahme eines sym-<br />

bolischen Mandats durch die ideologischen Anrufung vorhergeht <strong>und</strong> in dieser nicht<br />

vollständig aufgeht. Für Dolar liegt die Unzulänglichkeit des Ansatzes von Althus-<br />

ser darin begründet, dass sie nicht in der Lage ist, dieses Fehlgehen der Anrufung zu<br />

erklären. In <strong>Althusser</strong>s Theorie ist für das Fehlschlagen der ideologischen Anrufung<br />

kein Platz, da er auf der Dichotomie Materialität/<strong>Subjekt</strong>ivität besteht, ohne Einsicht<br />

in deren paradoxale Struktur zu erlangen. Dolar ergänzt die Anrufungstheorie Al-<br />

thussers, indem er den von Ernesto Laclau <strong>und</strong> Chantal Mouffe entwickelten Begriff<br />

des Antagonismus einführt. Vereinfacht gesagt, ist ein Antagonismus der Punkt,<br />

an dem sich die beiden Pole einer Dichotomie überlappen. Dieser Punkt lässt sich<br />

keinem der beiden Pole zuschreiben, er ist aber ebensowenig ein Drittes, das als<br />

Medium fungiert, in dem sich die Dichotomie beruhigen könnte.<br />

Der Rest, der der Anrufung entgeht, befindet sich weder im Äußeren noch im Inne-<br />

ren, er ist, mit <strong>Lacan</strong> gesprochen, ex-tim. Der Rest ”ist der Punkt der Äußerlichkeit<br />

gerade im Kern der Innerlichkeit, der Punkt, an dem das Innerste das Äußerste<br />

berührt <strong>und</strong> wo eine Art Materialität sich im Intimsten befindet. Die Konstitution<br />

der <strong>Subjekt</strong>ivität ist nicht ohne diesen intimen äußeren Kern zu denken” (Dolar:13).<br />

Dolar weist darauf hin, dass es nicht darum gehen kann, die Spaltung in Inneres <strong>und</strong><br />

Äußeres aufzuheben, sondern dass genau diese Trennung den Rest hervorbringt, der<br />

die Spaltung selbst destabilisiert.<br />

Das nicht völlige Aufgehen des <strong>Subjekt</strong>s in der ideologischen Anrufung ist abhängig<br />

von der Unvollständigkeit der symbolischen Ordnung, die die Individuen anruft. Die<br />

Struktur dieser anrufenden Instanz ist im folgenden zu klären. <strong>Althusser</strong> bezeichnet<br />

diese Instanz <strong>–</strong> wie weiter oben dargestellt <strong>–</strong> als ideologische Staatsapparate. Die<br />

13 Auf die materia prima wird im folgenden noch eingegangen.

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