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Höffer Rostock Version 14.10.96 - BStU - Bund.de

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In <strong>de</strong>r ersten Phase, von En<strong>de</strong> September bis Mitte Oktober, kam es auch im Ostseebezirk zu<br />

ersten organisatorischen Zusammenschlüssen mit größerer öffentlicher Wirkung. Im MfS war<br />

in diesen Tagen noch die Bereitschaft vorhan<strong>de</strong>n, die Proteste gewaltsam zu unterbin<strong>de</strong>n.<br />

In <strong>de</strong>r zweiten Phase, von Mitte Oktober bis zum 9. November, gewannen die Proteste enorm<br />

an Kraft. Mit <strong>de</strong>n Demonstrationen von Dres<strong>de</strong>n, Berlin und Leipzig vom 4. bis 9. Oktober<br />

war <strong>de</strong>r Bann gebrochen. Im gesamten Bezirk <strong>Rostock</strong> wagten nun bald Zehntausen<strong>de</strong> <strong>de</strong>n<br />

Schritt auf die Straße. Auch die <strong>Rostock</strong>er Staatssicherheit mußte akzeptieren, daß durch die<br />

allgemeine politische Weichenstellung ein "Kampf bis zum letzten Blutstropfen" nicht mehr<br />

auf <strong>de</strong>r Tagesordnung stand. Dennoch blieb die Lage in dieser Phase noch äußerst gespannt.<br />

Es bestand weiterhin die Gefahr einer Eskalation <strong>de</strong>r Gewalt.<br />

Der 9. November stellt für die Entwicklung im Bezirk nicht nur wegen <strong>de</strong>r Maueröffnung ein<br />

wichtiges Datum dar. Just an jenem Abend, weit weg von Fernsehen und Radio, ereignete<br />

sich die größte und konfliktträchtigste Donnerstags-Demonstration in <strong>Rostock</strong>. Mehr als<br />

40.000 Menschen zogen durch die Innenstadt, vorbei an <strong>de</strong>r Bezirksverwaltung für<br />

Staatssicherheit. Die Situation spitzte sich zu, Eskalation und Gewalt waren zu befürchten.<br />

Die Bürger auf <strong>de</strong>r Straße konnten nicht ahnen, daß <strong>de</strong>n Bewachern <strong>de</strong>s abgedunkelten<br />

Hauptquartiers zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>r Einsatz von Schußwaffen grundsätzlich untersagt war. Die<br />

Demonstration verlief letztlich gewaltfrei. Die Öffnung <strong>de</strong>r Mauer noch am selben Abend<br />

wirkte wie ein Ventil und min<strong>de</strong>rte <strong>de</strong>n Druck <strong>de</strong>r Protestbewegung.<br />

Die dritte Phase erstreckte sich vom 10. November bis zum 4./5. Dezember. Nach <strong>de</strong>r<br />

Maueröffnung ebbte <strong>de</strong>r Bürgerprotest auch im Ostseebezirk zunächst ab. Die <strong>Rostock</strong>er<br />

Staatssicherheit konnte sich für kurze Zeit <strong>de</strong>r Illusion eines "gewen<strong>de</strong>ten" Fortbestehens hingeben<br />

und sich um ihre zahlreichen internen Probleme kümmern. Als auch in <strong>Rostock</strong> <strong>de</strong>r inzwischen<br />

in "Amt für Nationale Sicherheit" umbenannte Staatssicherheitsdienst versuchte,<br />

heimlich die Beweise eigener Mitschuld zu vernichten, regte sich erneut massiver Protest.<br />

Hinzu kam in <strong>Rostock</strong> <strong>de</strong>r IMES-Schock, eine Mischung aus Angst, Wut und Enttäuschung<br />

über schmutzigen Waffenhan<strong>de</strong>l und die Unmengen in unmittelbarer Nähe gelagerten<br />

Tötungsmittel. Die Empörung führte Anfang Dezember zur Besetzung <strong>de</strong>r Stasi-Dienststellen<br />

im gesamten Bezirk <strong>Rostock</strong>. Friedliche Bürger brachten <strong>de</strong>n gefürchteten Geheimdienst, dieses<br />

wichtige Herrschaftsinstrument <strong>de</strong>r SED, unter Kontrolle und lösten ihn schrittweise auf.

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