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Höffer Rostock Version 14.10.96 - BStU - Bund.de

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aggressivere Verhaltensweisen festgestellt, die offensichtlich eine Eskalation vor <strong>de</strong>r<br />

Bezirksverwaltung suchten." 99<br />

In <strong>de</strong>r Tat hatten verschie<strong>de</strong>ne Redner während <strong>de</strong>r Andachten die Offenlegung aller MfS-<br />

Akten und <strong>de</strong>r geheimen Zuträger gefor<strong>de</strong>rt. Massive Unmutsbekundungen über die "Stasi"<br />

schlossen sich an. Demonstranten stellten unzählige Kerzen vor <strong>de</strong>m Haupteingang <strong>de</strong>r BV<br />

und <strong>de</strong>n Fenstern ab. An einem Kellerfenster kam es zu einem Schwelbrand, <strong>de</strong>n die MfS-<br />

Wachen selbst löschten. Die Lage drohte zu eskalieren, als ehemalige MfS-Inhaftierte von<br />

Foltermetho<strong>de</strong>n berichteten und einige junge Demonstranten versuchten, die Überwachungskameras<br />

herunterzureißen. Die Nerven waren auf bei<strong>de</strong>n Seiten äußerst gespannt.<br />

Die Ordnungskräfte <strong>de</strong>s Bürgerkomitees konnten gewaltbereite Personen in die Mitte <strong>de</strong>s<br />

Demonstrationszuges zurückdrängen. Auf die Gefahr einer Eskalation von Gewalt <strong>de</strong>utete<br />

nach Ansicht <strong>de</strong>r Staatssicherheit die zunehmen<strong>de</strong> Anwesenheit von Punks und Skinheads<br />

hin. So beobachteten MfS-Mitarbeiter gegen 23.00 Uhr in <strong>de</strong>r Buchbin<strong>de</strong>rstraße, Ecke<br />

Kröpeliner Straße, acht Jugendliche, die sich – stark angetrunken – mit 30 bis 40 cm langen<br />

Holzknüppeln sowie Fahrrad- und Motorradketten bewaffnet hatten. Dank <strong>de</strong>r Organisatoren<br />

<strong>de</strong>r Demonstration kamen sie jedoch ebensowenig zum Zuge wie an<strong>de</strong>re gewaltbereite Kräfte.<br />

Die Vorgänge am 9. November stellten einen kritischen Punkt <strong>de</strong>r bisherigen Entwicklung<br />

dar. Nicht nur die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit, son<strong>de</strong>rn auch an<strong>de</strong>re Staatsorgane<br />

mußten erkennen, was sie im Falle einer gewaltsamen Lösung erwartete. Die Demonstration<br />

dieser noch friedlichen Kraft dürfte eine große Rolle bei <strong>de</strong>r Entscheidung <strong>de</strong>r Partei- und<br />

Staatsorgane und <strong>de</strong>s MfS gespielt haben, auf Gewalt zu verzichten.<br />

Mit <strong>de</strong>n Ereignissen vom 9. November erreichten die Aktionen "auf <strong>de</strong>r Straße" ihr größtes<br />

Ausmaß und ihren Höhepunkt. In <strong>de</strong>rselben Nacht wur<strong>de</strong> bekanntlich die Mauer geöffnet. Für<br />

die Bezirksverwaltung für Staatssicherheit nährte diese Atempause die kurzfristige Illusion,<br />

mit kosmetischen Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>n alten Korpus <strong>de</strong>s Geheimdienstes erhalten zu können.<br />

2.3 Zwischen Ebbe und Flut (10. November bis 4./5. Dezember)<br />

Die Zeit zwischen <strong>de</strong>m 10. November und <strong>de</strong>m 4./5. Dezember 1989 wur<strong>de</strong> durch drei<br />

Ten<strong>de</strong>nzen geprägt. Erstens führten Maueröffnung und Reisemöglichkeiten gen Westen zu<br />

einem <strong>de</strong>utlichen Rückgang <strong>de</strong>r Protestbewegung. Zweitens stabilisierten sich die Strukturen<br />

<strong>de</strong>r oppositionellen Gruppierungen, vereinheitlichten und institutionalisierten sich ihre<br />

Aktivitäten. Auch dies trug zu einer Verlagerung <strong>de</strong>r Aktivitäten von <strong>de</strong>r Straße in die<br />

Rathäuser und später an die "Run<strong>de</strong>n Tische" bei. Drittens versuchte <strong>de</strong>r Staatssicherheitsdienst<br />

auch im Ostseebezirk, seine Existenz durch äußerliche Anpassung an die neuen<br />

99 Ebenda, Bericht vom 11.11.1989.

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