Höffer Rostock Version 14.10.96 - BStU - Bund.de
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Einsicht in die Notwendigkeit von Verän<strong>de</strong>rungen zogen ihre Mitarbeiter das aber mehrheit-<br />
lich wohl nicht mehr in Erwägung.<br />
2.2 Die Macht <strong>de</strong>r "Straße" (Mitte Oktober bis 9. November)<br />
Die zweite Phase <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen war im Ostseebezirk von ständig wachsen<strong>de</strong>m<br />
Massenprotest gegen die gesellschaftlichen Mißstän<strong>de</strong> geprägt. Die BVfS <strong>Rostock</strong> sah sich<br />
immer mehr in die Rolle eines Beobachters gedrängt, <strong>de</strong>r die Ereignisse nur noch registrierte.<br />
Außer<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Staatssicherheitsdienst zunehmend selbst zum Ziel <strong>de</strong>r Bürgerproteste.<br />
Losungen wie "Stasi raus – macht daraus ein Krankenhaus" o<strong>de</strong>r "Schämt Euch" drangen <strong>de</strong>n<br />
MfS-Mitarbeitern in die Ohren.<br />
Chronologie <strong>de</strong>r Ereignisse:<br />
Am 19. Oktober fin<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Marien- und Petrikirche in <strong>Rostock</strong> erneut Fürbittan-<br />
dachten statt; erstmals reagieren auch die staatlichen Stellen mit einem "Offenen Brief<br />
<strong>de</strong>s Rates <strong>de</strong>r Stadt <strong>Rostock</strong> an alle Einwohner <strong>de</strong>r Ostseemetropole"; im Anschluß an<br />
die Gottesdienste kommt es zur ersten "Donnerstags-Demo" in <strong>de</strong>r Bezirksstadt mit<br />
mehreren tausend Teilnehmern. 44<br />
Am Sonnabend, <strong>de</strong>m 21. Oktober, versammeln sich erneut mehrere tausend Demon-<br />
stranten zu einem Marsch durch die <strong>Rostock</strong>er Innenstadt; dabei ereignen sich erstmals<br />
Zwischenfälle (z. B. Blockierung von Straßenbahnen).<br />
Der erste <strong>Rostock</strong>er Dialog fin<strong>de</strong>t am Dienstag, <strong>de</strong>m 24. Oktober, statt; wegen Überfüllung<br />
wird es nicht im Rathaus, son<strong>de</strong>rn im Kultursaal <strong>de</strong>r Post abgehalten.<br />
In diesen Tagen wer<strong>de</strong>n Demonstrationen, Frie<strong>de</strong>nsgebete und Diskussionsveranstaltungen<br />
auch aus <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Städten <strong>de</strong>s Bezirks, so aus Bad Doberan, Wismar, Greifswald<br />
und Stralsund gemel<strong>de</strong>t.<br />
Am 26. Oktober fin<strong>de</strong>n in Vorbereitung auf die nächste Donnerstags-Demonstration in<br />
<strong>Rostock</strong> erstmals Gespräche zwischen Vertretern <strong>de</strong>r Bürgerbewegung bzw. Kirchen<br />
und staatlichen Funktionären statt; das Neue Forum wird damit in <strong>de</strong>r Bezirksstadt als<br />
Verhandlungspartner anerkannt und <strong>de</strong> facto legalisiert.<br />
Am Abend <strong>de</strong>sselben Tages versammeln sich in vier <strong>Rostock</strong>er Kirchen und zur anschließen<strong>de</strong>n<br />
Demonstration wie<strong>de</strong>r mehrere tausend Bürger; im Gegensatz zu an<strong>de</strong>ren<br />
DDR-Städten stellen sich keine führen<strong>de</strong>n Vertreter <strong>de</strong>r SED-Bezirks- o<strong>de</strong>r<br />
Kreisleitungen bzw. <strong>de</strong>s Rates <strong>de</strong>s Bezirkes <strong>de</strong>r öffentlichen Auseinan<strong>de</strong>rsetzung.<br />
44 Vgl. hierzu und zum folgen<strong>de</strong>n Schmidtbauer: Tage, Bd. 1, S. 30; Lohse: Vor fünf Jahren, S. 21.