Höffer Rostock Version 14.10.96 - BStU - Bund.de
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4. Für die Andachten in <strong>de</strong>n <strong>Rostock</strong>er Kirchen sollten "zuverlässige Genossen" eingesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n: in <strong>de</strong>r Marienkirche 250, in <strong>de</strong>r Petrikirche 130, in <strong>de</strong>r Heilig-Geistkirche 100<br />
und in <strong>de</strong>r Michaeliskirche 60.<br />
5. In die zu erwarten<strong>de</strong> Demonstration hätten in <strong>de</strong>r Innenstadt weitere 1.500 Genossen<br />
"einzusickern".<br />
Mit dieser Maßgabe <strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s höchsten Sicherheitsgremiums <strong>de</strong>s Stadtkreises<br />
<strong>Rostock</strong> war auch für die Bezirksverwaltung <strong>de</strong>s MfS eine weitere wichtige Entscheidung<br />
gefallen. Nun hätte <strong>de</strong>r Einsatz gewaltsamer Mittel zur Bekämpfung <strong>de</strong>r Opposition nur noch<br />
durch <strong>de</strong>n SED-Bezirkschef Timm o<strong>de</strong>r durch zentrale SED- bzw. MfS-Weisungen aus Berlin<br />
angeordnet wer<strong>de</strong>n können. In Umsetzung <strong>de</strong>r KEL-Entscheidung wies <strong>de</strong>r Leiter <strong>de</strong>r BV auf<br />
einer Dienstberatung am 25. Oktober an, keinen Anlaß für eine gewaltsame Eskalation zu<br />
bieten und polizeiliche Zwangsmittel nur bei Gefahr für Objekte und Personen einzusetzen. 76<br />
"Gesellschaftliche, progressive Kräfte" müßten in <strong>de</strong>n Demonstrationen mitlaufen, um von<br />
innen heraus zu wirken. Die Mitarbeiter sollten sich keinesfalls provozieren lassen und die<br />
"Waffe nur in ganz beson<strong>de</strong>ren Fällen anwen<strong>de</strong>n". Allen war einzuschärfen: "Schußwaffengebrauch<br />
wür<strong>de</strong> Welle auslösen, die nicht mehr überschaubar wäre". 77 Neben <strong>de</strong>r Umsetzung<br />
<strong>de</strong>r grundsätzlichen politischen Entscheidungen wird hier als Motiv erkennbar, die eigene<br />
Sicherheit nicht zu gefähr<strong>de</strong>n. Man hatte sich zu <strong>de</strong>r Erkenntnis durchgerungen, daß angesichts<br />
<strong>de</strong>s enormen Zulaufs <strong>de</strong>r Protestbewegung eine gewaltsame Auseinan<strong>de</strong>rsetzung für die<br />
MfS-Angehörigen selbst zu einem unkalkulierbaren Risiko wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>. Diese Mischung<br />
aus Unterordnung unter die Parteilinie, Anpassung an die politische Entwicklung und<br />
Selbstschutz ist noch <strong>de</strong>utlicher im Lagejournal <strong>de</strong>r BV zur Demonstration am 26. Oktober<br />
festgehalten. Bei <strong>de</strong>r Einweisung <strong>de</strong>r Einsatzkräfte erklärte Oberst Amthor:<br />
"Für uns sind auch die Ausführungen <strong>de</strong>s Gen. Herger [Abteilungsleiter Sicherheit <strong>de</strong>s ZK <strong>de</strong>r<br />
SED] Richtschnur. Deshalb ist ein Einsatz von Waffen für uns undiskutabel. [...] Wir dürfen<br />
nicht schießen, wenn wir schießen, schießen wir die gegenwärtige Entwicklung kaputt. [...]<br />
Auch wenn bei <strong>de</strong>n Beschimpfungen und Beleidigungen unser Herz blutet und <strong>de</strong>r Finger<br />
juckt." 78<br />
Dennoch war die BVfS von einer Kapitulation noch weit entfernt. Bei <strong>de</strong>r Dienstbesprechung<br />
am Vortag hatte ein Major notiert, daß die Planungen für Internierung und Verhaftung aktualisiert<br />
wer<strong>de</strong>n sollten, insbeson<strong>de</strong>re zu "Personen, die Verbrechen gegen die Souveränität <strong>de</strong>r<br />
DDR, <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n, die Menschlichkeit und die Menschenrechte sowie gegen die DDR bzw.<br />
an<strong>de</strong>re operativ be<strong>de</strong>utsame Straftaten <strong>de</strong>r allgemeinen Kriminalität begangen haben" und<br />
76 Vgl. Major Bohnhoff, Arbeitsbuch, Bd. 2, Mitschrift Dienstberatung beim Leiter BV, 25.10.1989; <strong>BStU</strong>,<br />
ASt <strong>Rostock</strong>, Abt. VI, 968.<br />
77 Ebenda.<br />
78 Arbeitsgruppe Leiter (AGL), Einweisung <strong>de</strong>r Kräfte für geplante Demonstration am 26.10.1989,<br />
26.10.1989; <strong>BStU</strong>, ASt <strong>Rostock</strong>, UUA, 240.