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Höffer Rostock Version 14.10.96 - BStU - Bund.de

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60<br />

lich. Ohne das Zusammenspiel mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Kräften <strong>de</strong>s "Politisch-Operativen<br />

Zusammenwirkens" (POZW) war <strong>de</strong>r Staatssicherheitsdienst gegen eine <strong>de</strong>rartige<br />

Massenbewegung letztlich machtlos. Dazu gesellte sich das Mißtrauen <strong>de</strong>r<br />

Staatssicherheit gegenüber <strong>de</strong>n POZW-Partnern wie Kampfgruppen und Polizei. Man<br />

sah sie nicht als ebenbürtig an und zweifelte an ihrer Zuverlässigkeit.<br />

4. Eine kaum zu überschätzen<strong>de</strong> psychologische Be<strong>de</strong>utung besaßen die grundsätzliche<br />

Friedfertigkeit und die Massenhaftigkeit <strong>de</strong>s Bürgerprotestes. Demonstrationen von<br />

Zehntausen<strong>de</strong>n Menschen, die sich – an<strong>de</strong>rs als zu offiziellen Kundgebungen –<br />

freiwillig versammelt hatten, und <strong>de</strong>r friedliche Verlauf dieser Veranstaltungen stellten<br />

für viele Mitarbeiter Schlüsselerlebnisse dar.<br />

Zu <strong>de</strong>n allgemein-gesellschaftlichen Verän<strong>de</strong>rungen kamen die MfS- bzw. BV/BA-spezifischen<br />

Grün<strong>de</strong>:<br />

1. Die MfS-Zentrale in Berlin offenbarte im entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Moment erhebliche<br />

Führungsschwächen. Die Bezirksverwaltungen blieben vor allem während <strong>de</strong>r wichtigen<br />

Anfangsphase auf sich allein gestellt, was angesichts <strong>de</strong>s gleichzeitigen<br />

Führungs<strong>de</strong>fizites seitens <strong>de</strong>r SED doppelt schwer wog.<br />

2. Die <strong>Rostock</strong>er Staatssicherheit war nicht jener einheitliche Korpus, als <strong>de</strong>n sie sich<br />

selbst immer gern betrachtete. Gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Zeit zunehmen<strong>de</strong>n äußeren Drucks offenbarten<br />

sich innere Differenziertheit und Gegensätze. Die bereits von Süß geschil<strong>de</strong>rten<br />

Wi<strong>de</strong>rsprüche zwischen <strong>de</strong>n Generationen und zwischen verän<strong>de</strong>rungsbereiten<br />

Kräften und "Betonköpfen" zeigten sich auch im Ostseebezirk. 177 Hinzufügen muß man<br />

noch die ganz normalen menschlichen und beruflichen Differenzen zwischen<br />

Mitarbeitern, die gera<strong>de</strong> in Krisenzeiten eine ganz an<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung erlangen und <strong>de</strong>n<br />

inneren Zusammenhalt aushöhlen können. Auch die viel beschworene I<strong>de</strong>ntifikation <strong>de</strong>r<br />

MfS-Offiziere mit <strong>de</strong>n i<strong>de</strong>ologischen Leitlinien ihrer Tätigkeit scheint zumin<strong>de</strong>st für<br />

einige mittlere und nie<strong>de</strong>re Chargen nicht (mehr) voll gültig gewesen zu sein. Für sie<br />

war die Arbeit für das MfS weniger bewußte Erfüllung eines "Klassen-" o<strong>de</strong>r<br />

"Parteiauftrages" als vielmehr Routinearbeit, mit <strong>de</strong>r sich mehr Geld als in <strong>de</strong>n meisten<br />

an<strong>de</strong>ren Berufen verdienen ließ. Der materielle Aspekt dürfte trotz an<strong>de</strong>rer<br />

Lippenbekenntnisse gera<strong>de</strong> bei jüngeren MfS-Ka<strong>de</strong>rn vielfach Vorrang gegenüber <strong>de</strong>r<br />

i<strong>de</strong>ologischen Überzeugung besessen haben.<br />

3. Erstmals in seiner Geschichte wur<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>n DDR-Geheimdienst selbst massiver physischer<br />

und vor allem psychischer Druck ausgeübt. Das hat gera<strong>de</strong> i<strong>de</strong>ologisch weniger<br />

verhärtete Mitarbeiter wahrscheinlich stark beeindruckt.<br />

177 Vgl. Süß: Entmachtung, S. 4.

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