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Vom Lübking-Transfer überrascht
Von Sebastian Lucas
Ehrenvorsitzender Hans Pohl führte den Verein von 1977 bis 1991
Seit 20 Jahren steht Hans Pohl
nicht mehr an der Spitze des
TBV Lemgo. Doch der 71-jährige
Ehrenvorsitzende ist nach
wie vor im Hintergrund aktiv.
Die LZ hat ihn besucht.
Lemgo. Als Nachfolger von
Hans Budde war der SPD-Politiker
Pohl ab 1991 achteinhalb
Jahre dritter und letzter ehrenamtlicher
Landrat des Kreises
Lippe. Zusammen mit seiner
Frau Helga, die früher Leichtathletik
machte, wohnt er in der
Leipziger Straße.
„Der TBV Lemgo liegt mir
natürlich noch am Herzen“,
sagt der ehemalige Mittelfeldmann
des TuS Talle, der auch
als Lehrer Karriere machte.
An der Volksschule gestartet,
kam er über die Haupt- und
Berufsschule 1985 zur Realschule.
Nach fünf Jahren als
Konrektor stieg er zum Chef
auf: „Über 1000 Schüler hatten
wir.“ Als ihm der LZ-Redakteur
einen Ausdruck „seines“
Wikipedia-Eintrages zeigt, ist
er überrascht. Nach einem kurzen
Blick auf die beiden Zettel
sagt er: „Verdammt, die Daten
sind alle korrekt.“
Im Wohnzimmer der Eheleute
Pohl kratzt Kater „Flecki“ am
Sofa. Der Ex-TBV-Vorsitzende
steht energisch auf, schickt
die zugelaufene Katze auf die
Terrasse: „Gleich bekommst
du etwas zu essen.“ Das Gespräch
mit dem LZ-Chronisten
ist dadurch nur kurz gestört,
der bescheiden wirkende
Pohl beginnt über seine Zeit als
„TBV-Boss“ zu erzählen: „Mir
wurde der Posten ,angetan‘,
nachdem es zwischen den
Fuß- und Handballern
Knatsch gegeben hatte.“
1977 wollten die Handballer
einen neuen Verein
gründen. Willi Glatfeld
habe ihm diesen Entschluss
mitgeteilt: „Er
„Seine Handynummer rückt Gerd nicht raus“
Hans Pohl ist ein Fußball-Kumpel von Altkanzler Gerhard Schröder
Lemgo. Beim knapp zweistündigen
Besuch bei Hans Pohl
sprach die LZ mit dem Ehrenvorsitzenden
auch über. . .
. . . Altkanzler Gerhard
Schröder: „Ich spielte mit ihm
beim TuS Talle in einer Mannschaft
. Bei den Feierlichkeiten
in Bexten (975 Jahre Bexten
und 25 Jahre Heimatverein
Bexten) habe ich ihn zum letzten
Mal gesehen. Er sagte zu
sagte: Wir trennen uns, oder du
übernimmst das Zepter.“ Der
SPD-Politiker, seit 1963 Mitglied
dieser Partei, kandidierte
und trat die Nachfolge von
Harry Weiguny an, der aus Altersgründen
ausschied.
Mit dem Amtsantritt begann
eine sehr erfolgreiche Zeit.
Den Startschuss gab damals
die Verpfl ichtung von Herbert
Lübking aus Dankersen: „Eine
Woche nach meiner Wahl stellten
die Handballer ihn mir vor.
Ich war völlig überrascht. Lübking
war DER Spieler dieser
Zeit.“ Mit dem prominenten
Zugang stießen viele Talente
dazu, unter anderem Axel Haverich,
der inzwischen Herzchirug-Chef
der medizinischen
Hochschule von Hannover ist.
„Er ist damals ja auch bei der
OP von Russlands Präsident
Yelzin dabei gewesen.“ Der
Handball erlebte einen
Boom, der mit dem
Aufstieg in die Bundesliga
1983 seinen
vorläufi gen Höhepunkt
erlebte. Pohl:
„Die Abteilungen
im TBV arbeiten
alle eigenständig,
aber die Bilanzen
musste ich natürlich
unterschreiben.“
mir, ich solle ein Spiel zwischen
Bexterhagen und Talle
organisieren und die ,Alten
zusammentrommeln‘. Es sollte
in der zweiten Augusthälft e
dieses Jahres stattfi nden. Aber
aufgrund von Knieproblemen
hat er später selber abgesagt,
nannte seinen Vorschlag ,eine
Dummheit‘. Seine Handynummer
habe ich übrigens nicht, die
rückt Gerd nicht raus. Ich kommuniziere
immer mit seinem
Mitte der 80er tauchten plötzlich
Steuerfahnder vor dem
Pohlschen Haus auf: „Wir
vermuteten, dass Dankersen
dahinter steckte. Der Erfolg
brachte viele Neider.“ Der heutige
Ehrenvorsitzende begegneten
den Gästen mit „gemischten
Gefühlen“, damals gab es
maximal 800 Euro pro Spieler
zu verdienen. „Es war alles
sauber. Trotzdem haben wir als
erster Verein Deutschlands die
Handballer zu einer GmbH &
Co. KG abgespalten. Der Haushaltsansatz
lag irgendwann bei
über einer Millionen DM, und
als Geschäft sführerin fungierte
mit Annemarie Kuhlmann
eine Hausfrau. Das passte nicht
mehr.“
1991 machte Pohl den Weg
frei für Werner Gehrke, Personalchef
bei Staff (heute Zumtobel),
und Sparkassen-Chef
Horst Selbach. „Leute
aus der Wirtschaft
mussten ran. Der
Abgang ist mir
nicht schwer gefallen,
ich habe
die Sache rational
gesehen.“
Dass ihm bei
der Verabschiedung
gleich der
Titel „Ehrenvorsit-
Büro in Berlin.“
. . . über Angela Merkel:
„Sie hat die Regierung im Griff ,
aber mit der Atomkraft – erst
ja, dann nein – hat sie sich unglaubwürdig
gemacht. Da ist zu
viel Taktiererei im Spiel.“
. . . den nächsten potenziellen
SPD-Kanzler: „Nur Peer
Steinbrück hat eine Chance.
Aber auch eine schwarz-grüne
Regierung halte ich 2013 für
möglich.“
zender“ verliehen wurde, fi ndet
Pohl noch heute „übertrieben,
auch wenn es mich sehr
freute“.
Seine Kontakte in die Politik
nutzte er aber weiter für den
TBV. Oft wird er heute noch
vom Vorstand um Rat gefragt:
„In der Arbeitsgruppe Zukunft
bin ich mit Christian Asche
(heute Vorsitzender, Anm. d.
Red.) sowie Sabine und Ulli
Müller.“ Dennoch hat Pohl inzwischen
viel mehr Zeit, die er
unter anderem mit seinen beiden
Enkeln Hugo und Vincent
(3, Zwillinge) verbringt. Aber
auch die Heimspiele der TBV-
Fußballer, zu denen er stets mit
dem Rad fährt („In zehn Minuten
bin ich am Jahnplatz.“), lässt
er sich nur selten entgehen.
Hat viele Veröffentlichungen über den TBV Lemgo gesammelt: Ehrenvorsitzender Hans Pohl am heimischen Schreibtisch. FOTO: LUCAS
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100 Jahre TBV Lemgo
LIPPISCHE LANDES-ZEITUNG NR. 181, SAMSTAG/SONNTAG, 6./7. AUGUST 2011
Persönlich
Hans Pohl wurde am 11. Oktober
1939 in Lemgo geboren.
Nach dem Besuch der Volksschule
studierte er in Bielefeld
und arbeitete als Lehrer.
Seit 1963 ist er SPD-Mitglied.
Er ist mit Helga verheiratet,
die die Söhne Burkhard (heute
43, seine Frau ist Ute Koczy,
MdB für die Grünen) und
Carsten (40) zur Welt brachte.
Während Burkhard als Studienrat
in Rinteln tätig ist,
arbeitet Carsten als Diplomingenieur
in Berlin. Die Enkelkinder
von Hans Pohl sind die
Zwillinge Hugo und Vincent
(3). Dem Kreistag Lemgo gehörte
Pohl von 1969 bis 1972
an, Kreistagsmitglied für Lippe
war er von 1973 bis 1999.
Von 1979 bis 1989 arbeitete
er im Rat der Stadt Lemgo mit.
Pohl war der letzte ehrenamtliche
Landrat (1991 bis 1999).
Am 31. März 1990 wurde ihm
das Bundesverdienstkreuz am
Bande und am 11. Dezember
2000 das Bundesverdienstkreuz
erster Klasse verliehen.
Den TBV führte er von 1977
bis 1991. (slu)
. . . über seine Fitness: „Sie
könnte besser sein. Wir haben
ein Laufb and im Keller stehen,
das überwiegend meine Frau
nutzt. Gemeinsam spielen wir
Boule.“
. . . über den TuS Talle: „Die
Fußballer gibt’s ja nur noch als
SG mit Westorf. Aber einmal
im Monat treff e ich mich mit
Heinz Pohl und Fritz Ellermeier
im Alten Krug zum Bier.“
(slu)
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