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Naturschutz Info 1/2012 - Landesanstalt für Umwelt, Messungen und ...

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Ökokonto im naturschutzrecht<br />

rechtliche Eingriffsregelung nicht nur als ein gleichwertiger<br />

Belang unter vielen im Rahmen des § 1 Abs. 5 BauGB in<br />

die bauleitplanerische Abwägung einzubeziehen ist. Es<br />

steht nicht im freien Belieben der Gemeinde, ob <strong>und</strong> wie<br />

sie Ausgleichsmaßnahmen festsetzt. Auszugehen ist zunächst<br />

von einem Gebot zur vollständigen Kompensation.<br />

Dieses kann zwar überw<strong>und</strong>en werden, aber nur durch<br />

eine ordnungsgemäße Abwägung, die sich in der Begründung<br />

des Bauleitplans dokumentieren muss; das Ziel eines<br />

weitestgehenden Ausgleichs oder Ersatzes ist dabei zu beachten.<br />

Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Abwägung<br />

ist dabei, dass die oben erläuterten Schritte zur Gewinnung<br />

<strong>und</strong> Gewichtung des Abwägungsmaterials ordnungsgemäß<br />

abgelaufen sind. Besonderer Erläuterungsbedarf besteht,<br />

wenn die Gemeinde hinter den festgestellten Ausgleichsmöglichkeiten<br />

zurückbleiben will.<br />

Die Kompensationsmaßnahme muss – wenn sie außerhalb<br />

des Bereichs des Bebauungsplans verwirklicht werden soll<br />

– nach Art <strong>und</strong> Umfang präzis beschrieben werden. Auch<br />

muss die Durchführung der vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen<br />

rechtlich auf Dauer gesichert sein. Dies ist<br />

durch einen schuldrechtlichen Pachtvertrag allein nicht<br />

möglich, auch wenn dieser auf eine Dauer von 12 Jahren<br />

abgeschlossen ist, erforderlich ist eine dingliche Sicherung.<br />

Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, ist der Bebauungsplan<br />

fehlerhaft, <strong>und</strong>, sofern die Fehler nicht durch ein ergänzendes<br />

Verfahren (§ 215a BauGB) zu beheben sind, nichtig.<br />

Der § 135c BauGB eröffnet den Gemeinden die Möglichkeit,<br />

in eigenständigen Satzungen die Gr<strong>und</strong>sätze <strong>für</strong> die<br />

Ausgestaltung von Ausgleichs- <strong>und</strong> Ersatzmaßnahmen zu<br />

regeln. Festgesetzt werden kann z. B. die Verwendung bestimmter<br />

Gehölzarten <strong>für</strong> die Anlegung von Hecken <strong>und</strong><br />

Gehölzen oder die nähere Ausgestaltung von Grünflächen.<br />

das „bauplanungsrechtliche Ökokonto“<br />

Der Begriff „Ökokonto“ findet sich im BauGB nicht. Ansatzpunkt<br />

ist § 135a Abs. 2 BauGB: danach können Kompensationsmaßnahmen<br />

auch erst nach ihrer Durchführung<br />

Eingriffen zugeordnet werden. Dies ermöglicht eine zeitliche<br />

Entkoppelung von Eingriff <strong>und</strong> Ausgleich <strong>und</strong> somit<br />

die Führung eines bauplanungsrechtlichen Ökokontos: Die<br />

Gemeinde kann vorausschauend Maßnahmen durchführen,<br />

diese später den Eingriffen im Rahmen des Bebauungsplanes<br />

zuordnen <strong>und</strong> im Nachhinein die da<strong>für</strong> aufgewendeten<br />

Kosten abrechnen.<br />

Dabei werden im Vorfeld der Durchführung von Baumaßnahmen<br />

in zusammenhängender Form, insbesondere an<br />

anderer Stelle im Gemeindegebiet, Maßnahmen <strong>für</strong> den<br />

<strong>Naturschutz</strong> realisiert. Diese Maßnahmen <strong>für</strong> den <strong>Naturschutz</strong><br />

haben die Funktion von Maßnahmen <strong>für</strong> den<br />

40 <strong>Naturschutz</strong><strong>Info</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Ausgleich, sie werden aber zeitlich vor dem Beschluss<br />

des Bebauungsplans durchgeführt. Realisiert werden sie<br />

von der Gemeinde entweder auf der Gr<strong>und</strong>lage von Darstellungen<br />

zum Ausgleich in einem Landschaftsplan, im<br />

Flächennutzungsplan, auf der Gr<strong>und</strong>lage eines eigenen<br />

Ausgleichsbebauungsplans oder auf gemeindeeigenen<br />

hierzu bereitgestellten Flächen. Mit der Aufstellung des<br />

Bebauungsplans können dann diese Maßnahmen als <strong>für</strong><br />

den Eingriff zu leistender Ausgleich „abgebucht“ werden.<br />

Die Führung eines Ökokontos durch die Gemeinde oder<br />

eine andere Stelle (z. B. Landratsamt) präjudiziert nicht<br />

das Abwägungsergebnis bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes.<br />

Auch nach Ansammlung eines „Ausgleichsguthabens“<br />

hat die Gemeinde bei der Aufstellung des jeweiligen<br />

konkreten (Eingriffs-)Bebauungsplans die nach<br />

Abwägungslage erforderlichen Kompensationsmaßnahmen<br />

im Bebauungsplangebiet festzusetzen. Weitere bei<br />

der Einrichtung eines Ökokontos zu beachtende bzw. zu<br />

berücksichtigende Vorgaben können gemäß § 1a Abs. 3<br />

Satz 2 BauGB die Ziele der Raumordnung (als verbindliche<br />

Vorgabe eines Regionalplans) <strong>und</strong> des <strong>Naturschutz</strong>es <strong>und</strong><br />

der Landschaftspflege (z. B. aus der Landschaftsplanung)<br />

enthalten. In der Vergangenheit, d. h. vor Einführung des<br />

jeweiligen Ökokontos durchgeführte Maßnahmen zugunsten<br />

des <strong>Naturschutz</strong>es können nicht nachträglich als Ausgleichsmaßnahmen<br />

„umgewidmet“ werden.<br />

Zu beachten sind aber im Bereich der Bauleitplanung<br />

wie in der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung die<br />

arten schutzrechtlichen Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1<br />

BNatSchG. Sind durch Vorhaben, die auf Gr<strong>und</strong> eines<br />

Bebauungsplans verwirklicht werden, europäische Vogelarten<br />

oder Arten nach Anhang IV der Fauna-Flora-Habitat-<br />

Richtlinie (FFH-RL) (z. B. Fledermausarten, Zaun- <strong>und</strong><br />

Mauer eidechse, Gelbbauchunke) betroffen, werden zielgerichtete<br />

Maßnahmen <strong>für</strong> die jeweilige Art erforderlich. Hier<br />

kann ein Ökokonto somit nur dann weiterhelfen, wenn z. B.<br />

in einem Landschaftsplan vorausschauend erkannt wurde,<br />

dass zur Verwirklichung der im Flächennutzungsplan angedachten<br />

Baugebiete Maßnahmen z. B. <strong>für</strong> die Feldlerche<br />

erforderlich sind. Gleiches gilt, wenn Flächen eines<br />

Natura 2000-Gebiets betroffen sind, die einen Lebensraumtyp<br />

der FFH-RL aufweisen oder Habitat einer maßgeblichen<br />

Art sind.<br />

Für Gemeinden, die im Rahmen der Bauleitplanung ein<br />

Ökokonto einrichten möchten, besteht keine gesetzliche<br />

Verpflichtung, die untere <strong>Naturschutz</strong>behörde zu beteiligen.<br />

Eine Beteiligung der unteren <strong>Naturschutz</strong>behörde als<br />

Träger öffentlicher Belange hat aber stattzufinden, wenn<br />

die Gemeinde die vorgezogenen Kompensationsmaßnahmen<br />

bei der Aufstellung eines Bebauungsplans den Eingriffen<br />

zuordnet. Es ist daher empfehlenswert, schon bei<br />

der Planung <strong>und</strong> Durchführung von Ökokonto-Maßnahmen

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