Naturschutz Info 1/2012 - Landesanstalt für Umwelt, Messungen und ...
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menschen im naturschutz<br />
interview mit<br />
professor bernd löbach-hinweiser:<br />
40 Jahre umweltkritische kunst<br />
Interview: Roland Heinzmann<br />
herr professor löbach-hinweiser, im Jahr 1990 kam es zu<br />
einer überregional viel beachteten ausstellung ihres 1983<br />
gegründeten, in europa einzigartigen „museums <strong>für</strong> wegwerfkultur<br />
auf reisen“ im landespavillon stuttgart unter<br />
der schirmherrschaft des umweltministeriums badenwürttemberg.<br />
nur ein Jahr später fand eine umfassende retrospektive<br />
zu „20 Jahre umweltkritische kunst 1970–1990“<br />
im landesgewerbeamt karlsruhe statt. in der folgezeit<br />
begab sich die baden-württembergische umweltschutzverwaltung<br />
noch mehrfach in das schlepptau ihrer kunst,<br />
um mit deren entlarvenden wie provozierenden bildbotschaften<br />
bevölkerungskreise zu erreichen, die bis dato mit<br />
keiner noch so gut aufgemachten hochglanzbroschüre <strong>für</strong><br />
den natur- <strong>und</strong> umweltschutzgedanken zu sensibilisieren<br />
waren. legen sie eigentlich mit ihrem schonungslosen<br />
hinweisertum – in dem sich ja ihr zusatzname begründet<br />
– noch immer die finger in die wegwerfmentalitätsw<strong>und</strong>en<br />
unserer ex- <strong>und</strong> hopp-gesellschaft?<br />
bernd löbach<br />
1941 geboren in Wuppertal<br />
1961–63 Besuch der Fachschule <strong>für</strong> Metallgestaltung <strong>und</strong> Metalltechnik<br />
in Solingen<br />
1963–67 Studium des Industrial Design an der Werkkunstschule in<br />
Wuppertal<br />
seit 1964 Einzelausstellungen<br />
1965 Förderpreis des Kulturkreises im Verband der Deutschen<br />
Industrie<br />
1967–68 Tätigkeit als Industrial Designer bei BBC in Mannheim<br />
seit 1969 Führung seiner selbstgewählten Berufsbezeichnung<br />
„Hinweiser“ als Doppelname<br />
1968–75 Dozent an der Werkkunstschule/Fachhochschule Bielefeld<br />
1971–75 Studium der Soziologie an der Universität Bielefeld<br />
1974 British Arts Council Prize anlässlich der 4. International Print<br />
Biennale in Bradford/England<br />
1976 Gründung des Designbuch Verlags in Cremlingen/<br />
Niedersachsen<br />
1975–2007 Professor an der Hochschule <strong>für</strong> Bildende Künste in<br />
Braunschweig<br />
1982 Gründung der Galerie <strong>für</strong> Visuelle Erlebnisse in Cremlingen<br />
1983 Gründung des Museums <strong>für</strong> Moderne Kunst <strong>und</strong> Gründung<br />
des Museums <strong>für</strong> Wegwerfkultur in Cremlingen-Weddel<br />
1991 Gastprofessur an der Musashino Art University Tokyo/Japan<br />
1997 B<strong>und</strong>esverdienstkreuz am Bande<br />
2007 Gastprofessur am Tecnológico de Monterry/Mexiko<br />
72 <strong>Naturschutz</strong><strong>Info</strong> 1/<strong>2012</strong><br />
Das Engagement des baden-württembergischen <strong>Umwelt</strong>ministeriums<br />
war in der von Ihnen erwähnten Zeit <strong>für</strong> meine<br />
Kunstaktivitäten von Wichtigkeit, weil ich mich damals mit<br />
„<strong>Umwelt</strong>kritischer Kunst“ ziemlich allein gelassen fühlte.<br />
Kunstgalerien konnten mit einer solchen kritischen Kunst<br />
keine Geschäfte machen, weil diese nicht zum Kauf der Werke<br />
anreizt. Kunstmuseen hatten, mit Ausnahme des Wilhelm-<br />
Hack-Museums in Ludwigshafen, immer Berührungsängste<br />
mit diesen Kunstinhalten. Die größte Offenheit erfuhr ich<br />
durch Kunstvereine <strong>und</strong> Goethe-Institute, die oft selbst das<br />
Anliegen verfolgten, <strong>Umwelt</strong>bewusstsein zu befördern.<br />
Ich fühle mich auch heute noch als Hinweiser, also als jemand,<br />
der auf ihm wichtige Zusammenhänge hinweist. Dabei<br />
arbeite ich allerdings nicht mehr mit diesen so aufwendigen<br />
Ausstellungen von Werken der Kunst, sondern mehr<br />
mit kritischen Botschaften in Buchform. Man muss ja nicht<br />
sein ganzes Leben lang immer dasselbe machen, nur weil<br />
man das mal angefangen hat. Ein Künstler sollte nach meiner<br />
Auffassung auch eine vielfältig interessierte multiple Persönlichkeit<br />
sein, die nicht ständig sich selbst reproduziert, nur<br />
weil damit mal Erfolg <strong>und</strong> Zuspruch erlangt wurden.<br />
sie können nunmehr auf über auf 40 Jahre künstlerisches<br />
schaffen zurückblicken. welchen stellenwert geben sie<br />
der umweltkritischen kunst in einer sich ständig wandelnden<br />
<strong>und</strong> sich neu inszenierenden kunstlandschaft?<br />
Die kritische Auseinandersetzung mit <strong>Umwelt</strong>problemen begann<br />
<strong>für</strong> mich im Jahre 1969 mit meiner Aktion „Schwarze<br />
Luftpost <strong>für</strong> Deine Ges<strong>und</strong>heit“, bei der zehn Autoreifen<br />
mit „atemberaubender Schönheit“ verbrannt wurden. Die<br />
Schilderaktion „Achtung, Hausabfälle in diese Tannenschonung<br />
werfen“ <strong>und</strong> die Fahrradaktion „Zwei Würfel noch<br />
atembare Luft“ in Bern waren weitere viel beachtete Inszenierungen,<br />
weil Fotos darüber von den Presseagenturen verbreitet<br />
<strong>und</strong> dann in vielen Zeitungen veröffentlicht wurden.<br />
Das geschah zu einer Zeit, in der die Vertreter der Massenmedien<br />
an der <strong>Umwelt</strong>problematik interessiert waren. Diese<br />
Themen mit Werken <strong>und</strong> Prozessen der Kunst anschaulich<br />
zu machen, war ein gut zu verstehender Ansatz, denn radioaktive<br />
Strahlung ist in der <strong>Umwelt</strong> nicht direkt erfahrbar.<br />
Unsichtbares sichtbar machen ist deshalb auch heute noch<br />
eine wichtige Aufgabe <strong>für</strong> Künstler, nur muss das nicht auf