Naturschutz Info 1/2012 - Landesanstalt für Umwelt, Messungen und ...
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naturschutz am rande der großstadt<br />
– nur durch zusammenwirken<br />
verschiedener akteure möglich<br />
Text: Jürgen Schedler, Jürgen Deuschle <strong>und</strong> Jochen Hildenbrand<br />
Das <strong>Naturschutz</strong>gebiet „Büsnauer Wiesental“ ist mit seinen<br />
27,8 Hektar das kleinste der sieben Stuttgarter <strong>Naturschutz</strong>gebiete<br />
von insgesamt 1.371 ha. Es liegt im Naturraum<br />
Schwäbisches Keuper-Lias-Land im Südwesten der<br />
Landes hauptstadt in einer Höhe von 415 bis 445 m ü. NN.<br />
Der geologische Untergr<strong>und</strong> wird von Stubensandstein,<br />
Knollen mergel <strong>und</strong> Psilonotenton im Grenzbereich von<br />
Keuper <strong>und</strong> Unterjura gebildet.<br />
Das regional bis überregional bedeutsam eingestufte <strong>Naturschutz</strong>gebiet<br />
ist ein bescheidener Rest der ehemaligen,<br />
rings vom Glemswald umgebenen Staatsdomäne Büsnauer<br />
Hof mit Pferde- <strong>und</strong> Schafweiden, Wiesen <strong>und</strong> Ackerland.<br />
Im Jahre 1837 wurde die ehemalige Meierei verkauft <strong>und</strong><br />
abgebrochen. Heute steht hier das 1976 eingeweihte Max-<br />
Planck-Institut <strong>für</strong> Festkörperforschung. Bis zum Ausbau<br />
der Büsnauer Straße in den 1950er Jahren blieb die ehemalige<br />
Käserei als Schafstall bestehen.<br />
Dieser Rest des Büsnauer Wiesentals schwebte in den<br />
1970er Jahren weiterhin in größter Gefahr: Die Flächen<br />
waren bereits vor dem Inkrafttreten des Landesnaturschutzgesetzes<br />
1976 im Zuge der Flächennutzungsplanung als<br />
Uni-Sport- <strong>und</strong> Freizeitstätte in einer „gestalteten Naturlandschaft“<br />
auf einer Fläche von 10 bis 15 ha vorgesehen.<br />
Ein konkreter Bebauungsplan lag bereits vor. Über<br />
viele Jahre hinweg bemühte sich der damalige Deutsche<br />
B<strong>und</strong> <strong>für</strong> Vogel schutz (DBV) – heute der <strong>Naturschutz</strong>b<strong>und</strong><br />
Deutschland e. V. (NABU) – mit Eingaben <strong>und</strong> Fachgutachten<br />
um den Erhalt dieser <strong>für</strong> Amphibien <strong>und</strong> Vogelwelt<br />
so bedeutenden Flächen. Diese Anstrengungen waren<br />
schließlich mit der Ausweisung als <strong>Naturschutz</strong>gebiet<br />
durch das Regierungspräsidium Stuttgart im Jahr 1989 von<br />
Erfolg gekrönt. Das Bauamt der Universität plante <strong>und</strong><br />
baute das Sportgelände später an anderer Stelle. Heute<br />
wird das Natur schutzgebiet eingerahmt vom Gelände der<br />
Universität, dem Stadtteil „Lauchhau“, dem Max-Planck-<br />
Institut, dem Stadtteil Büsnau <strong>und</strong> der Büsnauer Straße.<br />
Die Wiesen südwestlich der Straße liegen im Landschaftsschutzgebiet<br />
Glemswald. Im Nordosten grenzt das NSG<br />
direkt an das größte Stuttgarter <strong>Naturschutz</strong>gebiet, den<br />
„Rot- <strong>und</strong> Schwarzwildpark“.<br />
Sämtliche Flächen sind im Eigentum des Landes <strong>und</strong> werden<br />
von Vermögen <strong>und</strong> Bau, Amt Stuttgart, an Landwirte<br />
verpachtet. Die naturschutzfachliche Bedeutung des<br />
<strong>Naturschutz</strong>gebietes ist <strong>für</strong> das Stadtgebiet von Stuttgart<br />
<strong>und</strong> die Region sehr hoch. Sie resultiert aus einer kleinräumigen<br />
Verzahnung unterschiedlicher Biotopstrukturen,<br />
die in die extensiv bewirtschaftete Wiesenlandschaft eingebettet<br />
sind <strong>und</strong> zu den ausgedehnten Waldflächen des<br />
benachbarten Rot- <strong>und</strong> Schwarzwildparks überleiten. Ein<br />
Pflege- <strong>und</strong> Entwicklungsplan wurde 1992, nach Abstimmung<br />
mit allen Beteiligten, von der damaligen Bezirksstelle<br />
<strong>für</strong> <strong>Naturschutz</strong> <strong>und</strong> Landschaftspflege (BNL) Stuttgart erstellt<br />
<strong>und</strong> zehn Jahre später aktualisiert <strong>und</strong> fortgeschrieben.<br />
Plan <strong>und</strong> Fortschreibung inventarisierten den Bestand<br />
an Lebensräumen <strong>und</strong> ausgewählten Artengruppen <strong>und</strong><br />
leiteten daraus Ziele <strong>und</strong> Pflegemaßnahmen ab.<br />
Wertgebende Biotoptypen umfassen beispielsweise naturnahe<br />
Abschnitte eines Flachlandbachs, unterschiedlich<br />
strukturierte Tümpel, Nasswiesen basenreicher Standorte<br />
der Tieflagen, Magerwiesen mittlerer Standorte, Land-<br />
Schilf- <strong>und</strong> Rohrglanzgras-Röhrichte, Sumpfseggen-Riede,<br />
Hochstaudenfluren quelliger oder sumpfiger Standorte, gewässerbegleitende<br />
Hochstaudenfluren <strong>und</strong> Auwald streifen<br />
sowie randlich Eichen- <strong>und</strong> Hainbuchen-Eichen-Wälder<br />
mittlerer Standorte. Die Präsenz verschiedener Biotoptypen<br />
bietet unter anderem Lebensgr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> ein breites<br />
Vogelartenspektrum, insbesondere an wertgebenden<br />
Durchzüglern <strong>und</strong> Nahrungsgästen aus den angrenzenden<br />
Wäldern. Bisher liegen Nachweise von mindestens<br />
146 Vogelarten vor, die im oder im unmittelbaren Umfeld<br />
des Schutzgebietes registriert wurden. Hinzu kommen<br />
sechs Amphibienarten, darunter der Laubfrosch (Hyla<br />
arborea) mit seinen letzten Vorkommen auf der Stuttgarter<br />
Gemarkung. Eine weitere Besonderheit sind die Vorkommen<br />
des Dunklen Wiesenknopf-Ameisen-Bläulings<br />
(Maculinea nausithous). Als floristische Besonderheit<br />
unter den fast 220 nachgewiesenen Pflanzenarten beherbergt<br />
das <strong>Naturschutz</strong>gebiet den letzten Bestand der<br />
Trollblume (Trollius europaeus) auf der Stuttgarter Gemarkung.<br />
Beeinträchtigungen ergaben sich zum Zeitpunkt<br />
der Pflegeplanerstellung durch eine in Teilbereichen noch<br />
intensive Wiesennutzung, durch Altgrasablagerung in den<br />
<strong>Naturschutz</strong><strong>Info</strong> 1/<strong>2012</strong> 57