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NZB 05/2013

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Dr. Curt Goho verdeutlichte auch den kindlichen Blickwinkel<br />

bei Gewalteinwirkung.<br />

war das nicht…“), die zuweilen schwer interpretierbar<br />

seien. Der Referent gab daher Tipps für die sensible Befragung<br />

von Kindern. Ein wichtiger Gesichtspunkt bei der<br />

Bewertung von Gewalttaten sei, ob die Verletzung kompatibel<br />

mit der „Geschichte“ ist. Anhand von Bildern differenzierte<br />

Goho nachvollziehbar zwischen typischen normalen<br />

Verletzungen und atypischen, die beispielsweise zu<br />

Musterbildungen durch Schläge mit der Hand oder mit<br />

bestimmten Gegenständen wie Ring, Flasche, oder Löffel<br />

führen können. Dass auch das Verhalten der Eltern sehr<br />

aufschlussreich sein kann, verdeutlichte der Referent anhand<br />

von Beispielen. Gelegentlich seien auch die Mütter<br />

der betroffenen Kinder selbst Opfer häuslicher Gewalt.<br />

Abschließend riet der Referent dazu, ggf. als Beweismittel<br />

Abdrücke vom Wundverlauf zu nehmen und eine Fotodokumentation<br />

durchzuführen. Dass alle Maßnahmen natürlich<br />

der Zustimmung der Betroffenen oder der Erziehungsberechtigten<br />

bedürfen, verdeutlichte Oberstaatsanwältin Petra<br />

Herzog in ihrem Vortrag.<br />

Vernachlässigung von Kindern. Kariöse Gebisse –<br />

ein sicherer Indikator für Vernachlässigung?<br />

Seit vielen Jahren beschäftigt sich Dr. Reinhard Schilke mit<br />

der Vernachlässigung von Kindern. Er berichtete von seiner<br />

täglichen Praxis als OA, bei der er die zerstörten Milchgebisse<br />

vernachlässigter Kinder in Intubationsnarkose sanieren<br />

müsse. Oftmals müsse er anschließend feststellen,<br />

dass Eltern die gewünschten Kontrolluntersuchungen nicht<br />

wahrnehmen würden und sich die Vernachlässigung fortsetzten<br />

würde.<br />

Schilke betrachtet neben den bekannten Formen der körperlichen,<br />

sexuellen und psychischen Misshandlung auch<br />

die Kindes-Vernachlässigung als eine Form der Misshandlung.<br />

Er referierte über eigene und vergleichende Studien<br />

in Bezug auf Risikogruppen, und anhand zahlreicher Zahlen,<br />

Daten und Grafiken machte er die hohe Rate vernachlässigter<br />

Schutzbefohlener deutlich.<br />

32<br />

F A C H L I C H E S | N Z B | M A I 2 0 1 3<br />

Neben den Grafiken waren es vor allem die Bilder, die<br />

das Auditorium beeindruckten, Bilder, die wohl jede Kollegin<br />

und jeder Kollege in der Praxis gelegentlich sieht, ohne<br />

das Gesehene bisher mit häuslicher Gewalt assoziiert zu<br />

haben. Diese Bilder, die den Leidensweg eines Kindes von<br />

der Vernachlässigung bis hin zu dessen Tod durch Gewalteinwirkungen<br />

dokumentieren, hinterließen tiefen Eindruck<br />

zum Thema „häusliche Gewalt“ und Vernachlässigung.<br />

Misshandlung des (Ehe-)Partners,<br />

korrekte Handhabung des Befundbogens<br />

Sehr aufschlussreich war auch der Vortrag von Prof. Dr.<br />

Anette Solveig Debertin vom Rechtsmedizinischen Institut<br />

der MHH. Ein Schwerpunkt des Instituts liegt bei der klinischen<br />

Rechtsmedizin, deren Bedeutung nicht ausreichend<br />

bekannt sei. So befasst sich die Referentin mit ebenso vielen<br />

lebenden wie verstorbenen Gewaltopfern. Prof. Debertin ist<br />

zugleich Leiterin der Kinderschutzambulanz und Betreuerin<br />

des ebenfalls vom Niedersächsischen Sozialministerium<br />

finanzierten „Netzwerk ProBeweis“, auf dessen Entwicklung<br />

und Wirken sie ausführlich einging. Dieses Netzwerk mache<br />

eine niederschwellige fachspezifische Beweissicherung<br />

möglich, auch durch die Sicherung und Lagerung von<br />

Asservaten, die ggf. in einem späteren Prozessverlauf<br />

herangezogen werden. Auch Zahnärztinnen und Zahnärzte<br />

könnten Gewaltopfer an das Netzwerk zur kostenlosen<br />

und verfahrensunabhängigen Untersuchung verweisen.<br />

Details dazu können Sie erfahren unter: http://www.mhhannover.de/25861.html<br />

oder http://www.nzb.de/fileadmin/<br />

_kzvn/pdf/Zahnaerzte/Publikationen/<strong>NZB</strong>/2012/<strong>NZB</strong>0612.pdf.<br />

Die Hochschullehrerin war sichtlich überrascht von der großen<br />

Teilnehmerzahl dieser zahnärztlichen Fortbildungsveranstaltung<br />

zum Thema „häusliche Gewalt“. Sie betonte in<br />

diesem Zusammenhang die wichtige Funktion der Zahnärzte,<br />

durch Diagnostik und Dokumentation eine mögliche<br />

Prof. Dr. Anette Solveig Debertin und OA Dr. Reinhard Schilke bei<br />

der Vorbereitung der Präsentation.

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