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NZB 05/2013

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Drei Modelle<br />

Im „Aushungerungsmodell” wird der PKV-Bestand zu einem<br />

langsamen Siechtum verdammt. Es werden keine Neuzugänge<br />

mehr zugelassen -Kinder von PKV-Versicherten<br />

ausgenommen. Der Honorarausfall steigt hier langsam aber<br />

kontinuierlich auf 1,5 Milliarden jährlich oder 4,7 Prozent<br />

bis 2030. Das von der SPD laut Wahlprogramm präferierte<br />

„Umarmungsmodell” beginnt mit einer Abschlagsbasis von<br />

I ,6 Milliarden Euro im ersten Jahr. Bis 2030 erweitert sich<br />

die Lücke auf 3,1 Milliarden jährlich. Dabei wird unterstellt,<br />

dass 20 Prozent der jüngeren Population unter 50 Jahren<br />

und mehr als die Hälfte der Älteren in die GKV wechseln.<br />

Der vorgesehene Zuschlagsfaktor von 9,5 Prozent wird<br />

deshalb zur Kompensation im Beitrag nicht ausreichen.<br />

Kreuz des Südens<br />

So richtig teuer kommt das „Suddendeath-Modell”. Wenn<br />

alle bislang privat Versicherten sofort in die Einheitskassen<br />

integriert werden, beträgt der Honorarausfall schon vom<br />

Start weg 4,6 Milliarden Euro. Sie steigert sich dann auf<br />

annähernd 6 Milliarden Euro. Prozentual umgerechnet<br />

beträgt der Zuschlagsfaktor zum Ausgleich am Anfang 13,7<br />

anschwellend auf über 17 Prozent bis 2030. Ein Ausgleich<br />

für den Wegfall der PKV-Honoraranteile ist für die TK allerdings,<br />

weil abhängig von der politischen Großwetter- und<br />

Kassenlage, keineswegs ausgemacht. Bitter wird’s in den<br />

Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern (siehe<br />

Tabelle 1). In Mecklenburg-Vorpommern wäre der Einbruch<br />

mangels Privatklientel mit 37 Millionen Euro vielleicht noch<br />

verschmerzbar. Anders im Freistaat. Dort beträgt der Honorarverlust<br />

auf der Berechnungsgrundlage von 2010 je nach<br />

Variante zwischen 650 und 800 Millionen Euro jährlich. Bei<br />

der regionalen Verteilung der Kompensationen wäre es<br />

naheliegend, den Ärzten konkrete Einbußen auszugleichen.<br />

Dies würde sich allerdings kaum an versorgungspolitischen<br />

Bedarfen orientieren. Die Studie zeigt daher weitere Kriterien<br />

– zum Beispiel die relative Verteilung der Gesamtvergütungen<br />

zwischen den KVen fortzuschreiben oder eine stärkere<br />

Angleichung am Versorgungsbedarf vorzunehmen. Entsprechend<br />

unterschiedlich fallen die ermittelten Kompensationsbeträge<br />

für die einzelnen Bundesländer aus. Die Kriterien<br />

können weitgehend auch angewendet werden, wenn es<br />

danach um die Verteilung der einer KV gezahlten Kompensationen<br />

an die einzelnen Ärzte geht.<br />

Umsetzungschancen?<br />

Euphemistisch übersetzt ins Ökonomen-Kauderwelsch<br />

spricht das Gutachten hier von einem „stärkeren Finanzfluss<br />

aus dem Kompensationsvolumen in die neuen<br />

Länder”. Verräterisch, dass mit Bezug auf die SPD-<br />

Bürgerversicherungspläne von einer „gleichmäßigen<br />

Weiterentwicklung der bisherigen regionalen Versorgungssituation”<br />

gesprochen wird. Zur Befriedung gedacht ist der<br />

Bundesland Modell B<br />

Schleswig-Holstein 148<br />

Hamburg 98<br />

Niedersachsen 447<br />

Bremen 38<br />

Nordrhein-Westfalen 920<br />

Hessen 330<br />

Rheinland-Pfalz 212<br />

Baden-Württemberg 541<br />

Bayern 648<br />

Saarland 55<br />

Berlin 197<br />

Brandenburg 132<br />

Mecklenburg-Vorpommern 95<br />

Sachsen 220<br />

Sachsen-Anhalt 126<br />

Thüringen 119<br />

Bund 4.324<br />

Tabelle 2: Kompensationsbedarfe entsprechend Modell B nach<br />

Bundesländern 2010 (MiII. Euro).<br />

Umstand, dass an den bisherigen Verteilmechanismen in<br />

der GKV mit den KVen als „Empfänger der Ausgleichzahlungen”<br />

zur Weiterverteilung nicht gerüttelt werden soll.<br />

Ein äußerst kluger Schachzug der Vordenker, da die Selbstverwaltungskräfte<br />

hier eingebunden werden. Man darf<br />

gespannt sein, wie die Selbstzerfleischungsrituale der<br />

Arztgruppen angesichts dieser Horrorzahlen sich in den<br />

Entscheidungsgremien bewähren. Wie aus anderen Erhebungen<br />

bekannt, trifft es Facharztgruppen wie Radiologen<br />

oder Laborärzte aber auch Versorgerärzte mit Leistungen<br />

außerhalb des GKV-Katalogs ungleich härter als Hausärzte.<br />

Echtdaten über die Vergütungsverluste liegen dazu noch<br />

nicht vor. Die Studie zeigt, dass Kompensationszahlungen<br />

in den unterschiedlichen Modellen auf die einzelnen<br />

Krankenkassen unterschiedlich wirken, wenn die bisherigen<br />

Strukturen der Vergütungsverteilung auf die Kassen beibehalten<br />

werden. Alternativ zur Finanzierung der Kompensation<br />

durch die jeweils betroffenen Krankenkassen wäre es<br />

denkbar, die Mittel über den Gesundheitsfonds aufzubringen.<br />

Dies gilt insbesondere für den Fall, dass der Gesundheitsfonds<br />

durch die Einführung des einheitlichen Versicherungssystems<br />

über Netto-Mehreinnahmen aus den Beitragseinnahmen<br />

bislang in der PKV versicherter Personen verfügt. <br />

— Quelle: Der Gelbe Dienst Nr. 8/<strong>2013</strong><br />

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