NZB 05/2013
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Rechtstipp<br />
Berufsausübungsgemeinschaft –<br />
Praxisgemeinschaft<br />
Gemeinschaftspraxis (richtig Berufsausübungsgemeinschaft)<br />
und Praxisgemeinschaft nur ein Wortspiel? Keineswegs!<br />
Auch wenn beide Rechtsformen eine Gesellschaft bürgerlichen<br />
Rechts bilden, gibt es doch gravierende Unterschiede in der<br />
Form der jeweiligen Zusammenarbeit:<br />
Berufsausübungsgemeinschaft<br />
Eine Berufsausübungsgemeinschaft liegt vor, wenn sich Zahnärzte<br />
zur gemeinsamen Berufsausübung zusammenschließen.<br />
Der Patient schließt den Behandlungsvertrag mit der Gesellschaft,<br />
die Gesellschaft und damit die Gesellschafter insgesamt<br />
schulden die Behandlung nach dem zahnmedizinischen<br />
Standard, unabhängig davon, wer die zahnärztliche Behandlung<br />
konkret durchgeführt hat.<br />
Die Gesellschafter haften füreinander, auch für Behandlungsfehler<br />
des anderen Gesellschafters. Die Rechnung gegenüber<br />
dem Patienten stellt die Berufsausübungsgemeinschaft. Abrechnungen<br />
über die Kassenzahnärztliche Vereinigung erfolgen<br />
von Seiten der Berufsausübungsgemeinschaft und diese<br />
erhält grundsätzlich ein Budget zugeteilt, welches größer ist<br />
als das Budget einer Einzelpraxis. Bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung<br />
werden die von Seiten der Berufsausübungsgemeinschaft<br />
abgerechneten Leistungen auf ihre Wirtschaftlichkeit<br />
überprüft, unabhängig davon, welcher Zahnarzt der Gesellschaft<br />
die Leistungen tatsächlich erbracht hat.<br />
Für Schulden der Berufsausübungsgemeinschaft haften auch<br />
die Gesellschafter mit ihrem persönlichen Vermögen, selbst<br />
wenn der jeweils andere Partner den Schaden verursacht hat.<br />
Nach neuerer Rechtssprechung ist Voraussetzung einer Berufsausübungsgemeinschaft<br />
nicht auch eine Kapitalbeteiligung<br />
eines Gesellschafters. Der Beitrag eines Gesellschafters kann<br />
auch in der Leistung von Diensten bestehen.<br />
Vorteil einer solchen Gemeinschaftspraxis ist, dass zum Beispiel<br />
die Karteikarten nicht getrennt aufbewahrt werden müssen,<br />
jeder Gesellschafter in die Karteikarte in vollem Umfang Einsicht<br />
nehmen darf und das Bestellbuch für die Gesellschafter<br />
gemeinsam geführt werden kann. Vorteil ist auch ein gemeinsames<br />
Budget, unabhängig davon, wer dieses tatsächlich in<br />
Anspruch nimmt.<br />
Die Schweigepflicht gilt gegenüber allen Gesellschaftern<br />
unabhängig davon, wer die Behandlungen durchführt,<br />
allerdings sollte organisatorisch die freie Zahnarztwahl des<br />
Patienten gewährleistet werden.<br />
Praxisgemeinschaft<br />
Zu einer Praxisgemeinschaft schließen sich Zahnarzte zusammen,<br />
wenn sie zwar selbstständig jeder eine eigene Praxis betreiben<br />
wollen, aber bestimmte Aufgaben gemeinsam erledigt werden<br />
sollen und hierfür eine Gemeinschaft gründen. Bezieht sich<br />
diese Gemeinsamkeit auf bestimmte Geräte (z.B. Panoramagerät<br />
oder ähnliches) spricht man von einer Gerätegemeinschaft.<br />
Bei einer Praxisgemeinschaft schließt der jeweilige Zahnarzt<br />
mit seinem Patienten einen Behandlungsvertrag ab und nur<br />
er schuldet ihm die Behandlung nach dem zahnmedizinischen<br />
Standard. Der Patient schuldet nur ihm sein Honorar. Entsprechend<br />
liquidiert jeder Zahnarzt selbst und allein gegenüber<br />
seinem Patienten.<br />
Begeht der Zahnarzt einen Behandlungsfehler, so haftet nur<br />
er für diesen Fehler.<br />
Für Gewinn und Verlust der Praxis ist jeder Zahnarzt selbst<br />
verantwortlich. Der Zahnarzt rechnet gegenüber der Kassenzahnärztlichen<br />
Vereinigung ab. Jeder Zahnarzt erhält sein<br />
eigenes Budget und ist selbst und allein in einer Wirtschaftlichkeitsprüfung<br />
für sein Handeln – nicht aber für das seines<br />
Praxisgemeinschaftspartners- verantwortlich.<br />
Die Karteikarten sind getrennt voneinander zu führen und der<br />
Partner hat kein Einsichtsrecht. Betritt der Patient gemeinsam<br />
genutzte Praxisräume, so muss gewährleistet sein, dass<br />
deutlich wird, in welcher Praxis er sich befindet. Teilen sich die<br />
Praxispartner zum Beispiel eine Rezeption und eine Helferin<br />
in der Rezeption, so muss für den Patienten deutlich sein, für<br />
welche Praxis sie gerade tätig ist. Die Bestellbücher sind<br />
getrennt zu führen.<br />
Beide Rechtsformen haben Vor- und Nachteile. Der Teufel steckt<br />
auch hier – wie fast überall – im Detail. Lassen Sie sich daher<br />
vor Abschluss eines Vertrages beraten und vor allem schließen<br />
Sie keinen Praxisgemeinschaftsvertrag bzw. Berufsausübungsgemeinschaftsvertrag<br />
ab, in denen Regelungen enthalten<br />
sind, die sie nicht verstehen!! Abgeraten werden muss von<br />
einer juristisch nicht abgeklärten Übernahme von Formularverträgen<br />
(z.B. aus dem Internet) oder der Beratung durch nicht<br />
legitimierte Berufsgruppen. <br />
Wencke Boldt,<br />
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht<br />
Hildesheimer Straße 33, 30169 Hannover<br />
Tel.: <strong>05</strong>11 8074-995, Fax: <strong>05</strong>11 8074-997<br />
— Quelle: www.zfn-online.de<br />
© Matthias Eckert/Fotolia.com<br />
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