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Chronik - TV Neheim

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und unentbehrlicher Bestandteil der<br />

männlichen Erziehung förmlich anerkannt<br />

und in den Kreis der Volkserziehungsmittel<br />

aufgenommen. Ab 1844 fand auf einem Teil<br />

der Hasenheide auch wieder regelmäßiges<br />

Turnen statt. Der größte Teil des<br />

ursprünglichen Geländes diente mittlerweile<br />

militärischen Zwecken. Große Tage erlebte<br />

diese Geburtstätte des deutschen Turnens<br />

nur noch bei festlichen Anlässen, so z.B.<br />

beim 2. Deutschen Turnfest 1861, bei der<br />

Einweihung des Jahn-Denkmals 1872 und<br />

zur Hundertjahrfeier des Turnens im Jahre<br />

1911.<br />

Bereits 1815 hatte es bei den Turnern,<br />

insbesondere bei ihrem Gründervater Jahn<br />

Bestrebungen gegeben, den deutschen<br />

Partikularismus zu überwinden. Gemeinsam<br />

mit den Burschenschaften trat man für einen<br />

deutschen Nationalstaat ein und war bemüht,<br />

auch der Turnbewegung einen nationalen<br />

Dachverband zu schaffen. So beteiligten<br />

sich auch viele Turner an der 48er<br />

Revolution. 1860 beging man das erste<br />

allgemeine Deutsche Turn- und Jugendfest<br />

in Coburg, und 1868 kam es schließlich zur<br />

Gründung der Deutschen Turnerschaft<br />

(DT). Mit der Reichsgründung sahen auch<br />

die Turner viele ihrer politischen Ziele<br />

erreicht. Die Turnerschaft entwickelte fortan<br />

ein starkes deutsch-nationales Bewusstsein,<br />

welches schließlich Kaiserreich und<br />

Weimarer Republik überdauerte und sich<br />

später unheilvoll mit nationalsozialistischem<br />

Gedankengut mischen konnte.<br />

In der damaligen Arbeiterbewegung fühlte<br />

man sich aus dem wilhelminischen<br />

Klassenstaat ausgeschlossen, was u.a. zur<br />

Gründung des Arbeiter-Turnerbundes<br />

(ATB) führte. DT und ATB haben sich in<br />

den folgenden Jahrzehnten ideologisch stark<br />

bekämpft. Aus dem ATB wurde später der<br />

ATSB - Arbeiter Turn- und Sportbund.<br />

Dessen sportliche Aktivitäten richteten sich<br />

mehr auf Fußball und Leichtathletik.<br />

Besondere Auswüchse der übertriebenen<br />

Deutschtümelei in der Turnerschaft waren<br />

z.B. der Kampf gegen die Pflege<br />

französischer Traditionen im damals<br />

deutschen Elsaß-Lothringen, gegen den<br />

ebenfalls sehr nationalistischen slawischen<br />

Turnerbund Sokol, gegen dänische<br />

Turnvereine im Norden, gegen die Jüdische<br />

Turnerschaft, gegen die katholische<br />

Turnbewegung und vor allem gegen den als<br />

"vaterlandslos" geltenden Arbeiter-<br />

Turnerbund.<br />

An dieser Stelle soll auch erwähnt werden,<br />

dass die Deutsche Turnerschaft in den<br />

Anfängen natürlich eine reine<br />

Männergesellschaft war. Zwar waren schon<br />

früh auch Frauen an Leibesübungen<br />

interessiert. Elf solcher Frauen gründeten<br />

bereits 1848 in Frankfurt einen Turnverein.<br />

Diese Turnschwestern verstießen jedoch aus<br />

damaliger männlicher Anschauung gegen<br />

die Normen der Sittlichkeit und<br />

Schicklichkeit. Frauen wurden nicht nur<br />

politische Rechte, sondern auch das Recht<br />

auf körperliche Ertüchtigung, schlicht<br />

vorenthalten. Weibliches Turnen war<br />

allerdings - auch das muss gesagt werden -<br />

nicht nur den Männern suspekt, sondern<br />

auch z.B. Autorinnen der Frauen-Zeitung<br />

ging vieles von dem, was die ersten<br />

Turnerinnen erreichen wollten, viel zu weit.<br />

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />

war Frauenturnen selbst in der damals<br />

einsetzenden Frauenbewegung kein Thema.<br />

Die Deutsche Turnerschaft blieb eine reine<br />

Männergesellschaft, obwohl seit dem Ende<br />

der 1880er Jahre in manchen Turnvereinen<br />

Frauenabteilungen zugelassen waren. Diese<br />

durften aber lediglich die Turnräume<br />

benutzen und auch Beiträge zahlen; zu sagen<br />

hatten sie nichts. Bis 1897 wurden die<br />

weiblichen Mitglieder nicht einmal in den<br />

Vereinsstatistiken geführt.<br />

1903 gelang es anlässlich des Deutschen<br />

Turnfestes in Nürnberg der Turnlehrerin<br />

Martha Thurm, die auch Herausgeberin der<br />

Deutschen Turnzeitung für Frauen war, eine<br />

Versammlung mit etwa 100 Personen<br />

(davon ca. 20 Frauen) zu organisieren,<br />

anlässlich derer sie ihre Forderungen nach<br />

voller Mitgliedschaft der Frauen in der DT<br />

und nach Bildung eines Beirates für das<br />

Frauenturnen vorbrachte. Sie stand damals<br />

jedoch auf verlorenem Posten, einerseits<br />

wegen der Männermehrheit, andererseits

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