08.06.2013 Aufrufe

Chronik - TV Neheim

Chronik - TV Neheim

Chronik - TV Neheim

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

aber auch, weil sie von ihren<br />

Geschlechtsgenossinnen keinerlei<br />

Unterstützung erhielt. Stärkere oder<br />

überhaupt Rechte für Frauen waren bis in<br />

den ersten Weltkrieg hinein in der DT kein<br />

Thema mehr.<br />

Nach 1918, als den Frauen aktives und<br />

passives Wahlrecht zugestanden wurde,<br />

konnte auch die DT den Turnerinnen die<br />

Mitgliedschaft mit vollen Rechten nicht<br />

länger verweigern. Neu war in dieser Zeit<br />

auch die erstmalige Beteiligung von Frauen<br />

an Wettkämpfen. 1923 nahmen 2.600<br />

Frauen an den Wettkämpfen anlässlich des<br />

Deutschen Turnfestes in München teil,<br />

immerhin 22% aller Wettkampfteilnehmer,<br />

während bei den Olympischen Spielen 1924<br />

in Paris der Frauenanteil nur bei 8,4% lag.<br />

Noch lange wurde darüber diskutiert, welche<br />

Übungen denn für Frauen die richtigen sein.<br />

Geführt wurde diese Diskussion in erster<br />

Linie von Männern. Der folgenden Satz ist<br />

aus der Deutschen Turnzeitung zitiert, in der<br />

sich eine Frau 1928 beklagte: Es ist ein<br />

Unding, dass Männer vom grünen Tisch<br />

darüber urteilen, welche Übungen von<br />

Frauen gemieden werden sollen. Das sollte<br />

man den Turnerinnen überlassen, die am<br />

besten wissen müssen, was ihrem Körper<br />

zuträglich ist.<br />

Immerhin gab es jetzt in der DT einen von<br />

Männern geführten Ausschuss für das<br />

Frauenturnen, dem 1926 eine Ärztin<br />

zugeordnet wurde. Ab 1927 gab es einen<br />

Frauenbeirat, und 1929 wurde die Stelle des<br />

Frauenturnwartes endlich durch eine Frau<br />

besetzt.<br />

In der nationalsozialistischen Zeit wurde die<br />

Deutsche Turnerschaft wie alle<br />

Leibesübungen betreibenden Verbände<br />

gleichgeschaltet. Das hatte einerseits zur<br />

Folge, dass man in dieser Zeit mit völlig<br />

anderen Strukturen in der Turn- und<br />

Sportbewegung zu tun hatte als vor 1933<br />

und auch als später wieder nach dem Ende<br />

des Krieges. Andererseits wurden alle<br />

Organisationen geschlechtsbezogener, was<br />

zur Folge hatte, dass im Frauenturnen auch<br />

immer mehr Frauen in Führungspositionen<br />

gelangten. Verstärkt wurde dieser Trend<br />

noch im Kriege, als viele Männer Soldaten<br />

waren und sich um heimische Belange nicht<br />

mehr kümmern konnten.<br />

Trotz ihrer vorwiegend deutsch-nationalen<br />

Gesinnung wahrte die Deutsche<br />

Turnerschaft doch in der Weimarer Zeit<br />

weitgehend die in ihrer Satzung verankerte<br />

parteipolitische Neutralität. Anders so ab<br />

1933. Bereits im März dieses Jahres beeilte<br />

sich die Führung der DT ein Bekenntnis zur<br />

Regierung der nationalen Sammlung<br />

abzugeben.<br />

Ab April 1933 - noch vor der<br />

Gleichschaltung - gab es in der Deutschen<br />

Turnerschaft keine Vorstandswahlen mehr.<br />

Es herrschte das Führerprinzip. Bereits zu<br />

diesem Zeitpunkt verpflichtete die DT die<br />

ihr angeschlossenen Vereine, alle jüdischen<br />

Mitglieder aus ihren Reihen auszuschließen.<br />

Damit war man sogar dem Zeitgeist voraus.<br />

Denn noch zwei Monate später im Juni 1933<br />

hat der Reichssportkommissar von<br />

Tschammer und Osten in Köln erklärt, dass<br />

die Arierfrage aus außenpolitischen Gründen<br />

eine diplomatische Behandlung erfordere<br />

und hat der Deutschen Turnerschaft in<br />

diesem Zusammenhang Eilfertigkeit<br />

vorgeworfen.<br />

Einen Monat lang, bis Mai 1933, hielt man<br />

sich noch an die Praxis, jüdische Turner, die<br />

am Weltkriege als Frontkämpfer<br />

teilgenommen haben oder deren Söhne oder<br />

Väter im Weltkriege gefallen sind, vom<br />

Ausschluss auszunehmen. Diese Praxis war<br />

jedoch bald zu Ende. Prominentestes Opfer<br />

der rassistischen Politik war der jüdische<br />

Turner Alfred Flatow, der bei den<br />

Olympischen Spielen 1896 in Athen drei<br />

Goldmedaillen für Deutschland geholt hatte.<br />

Die Gleichschaltung wurde vollzogen,<br />

indem man die Führung der DT in die<br />

Hände des Reichssportführers legte, der<br />

dann im Januar 1934 den Deutschen<br />

Reichsbund für Leibesübungen proklamierte<br />

und die DT zum Fachamt für Gerätturnen,<br />

Gymnastik und Sommerspiele degradierte.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!