Magazin 197910
Magazin 197910
Magazin 197910
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
sationen etwa zeige doch, daß Selbstverantwortung<br />
und Selbsthilfe eine neue<br />
Bedeutung erlangen. Durch eine entsprechende<br />
öffentlichkeitsarbeit müsse<br />
zu erreichen sein, daß der private<br />
Schutzraumbau wesentlich gefördert<br />
wird . Auf die Frage, ob er eine Schutzbaupflicht<br />
befürworte oder es weiterhin<br />
der Verantwortung des einzelnen Bauherm<br />
überlassen will , Schutzräume<br />
zu bauen, sprach sich Baum deutlich<br />
für die Freiwilligkeit aus, ließ dennoch<br />
die Möglichkeit einer Verpflichtung weitgehend<br />
offen .<br />
Broschüre vorgestellt<br />
Bei der Pressekonferenz stellten Baum<br />
und Ministerialdirektor Wedler eine Broschüre<br />
mit dem ntel " Zivilschutz heute,<br />
für den Bürger - mit dem Bürger" den<br />
Journalisten vor. Diese Broschüre zeigt<br />
die Entwicklung und den Einsatzstand<br />
des Zivilschutzes auf. Die Publikation<br />
war bereits Ende September Gegenstand<br />
einer Presseerklärung des Bundestagsabgeordneten<br />
Paul Gerlach, der Vorsitzender<br />
der Arbeitsgruppe " Gesamtverteidigung"<br />
der CDUfCSU-Bundestagsfraktion<br />
ist. Gerlach hatte damals unter<br />
anderem ausgeführt: " In der äußerlichen<br />
Aufmachung eines , Weißbuches' unterrichtet<br />
der Bundesminister des Innem<br />
über ,Zivilschutz heute'. Wer aber nun<br />
erhofft hatte, einen umfassenden Bericht<br />
über Notwendigkeit, Aufgaben und Maßnahmen<br />
zu bekommen, muß sich getäuscht<br />
sehen ... Entgegen seinem<br />
eigenen Einleitungswort, ,daß die Aufgaben<br />
der Zukunft nicht dadurch leichter<br />
zu bewältigen sind, daß die Augen vor<br />
möglichen Gefahren geschlossen werden',<br />
tut er (der Bundesinnenminister)<br />
so, als seien in diesem wichtigen und<br />
hochsensiblen Bereich die Aufgaben<br />
bewältigt und alle möglichen Gefahren<br />
gemeistert ... Daß bei dieser Tendenz<br />
auch die Gesamtverteidigung zu kurz<br />
gekommen ist, wundert dann schon nicht<br />
mehr, stimmt aber um so bedenklicher.<br />
Die erst Jüngst Im Deutschen Bundestag<br />
geführte Debatte über die Notwendigkeit<br />
einer Gesamtverteidigung scheint ohne<br />
Auswirkungen auf das Denken der Bundesregierung<br />
geblieben zu sein. Angesichts<br />
der offensichtlichen Beschönigungsversuche<br />
und der schon nicht mehr<br />
nur latenten Verschleierungstaktik mutet<br />
die Veröffentlichung des Zahlenmaterials<br />
... direkt als mutig und offen an. Da<br />
wird für jedermann deutlich, welchen<br />
politischen Stellenwert die Bundesregierung<br />
dem Schutz der Zivilbevölkerung<br />
und der Sicherung unserer freiheitlichen<br />
demokratischen Grundordnung im Spannungsfall<br />
beimißt: ganze 12,20 DM pro<br />
Kopf und Jahr oder weniger als 0,5 v. H.<br />
des Gesamthaushalts. Wenn eine Bun-<br />
8 ZS·MAGAZIN 10179<br />
des regierung, die so vieles in geldwerten<br />
Leistungen mißt, so wenig auszugeben<br />
bereit ist, kann es mit ihrer inneren Zustimmung<br />
zu dieser uns alle berührenden<br />
Aufgabe nicht weit her sein. Blaues Dreieck<br />
in orangefarbenem Feld - das Zeichen<br />
des Zivilschutzes in unserem Land<br />
erhält so den Charakter eines Gebotszeichens:<br />
Es ist geboten, mehr zugunsten<br />
des Schutzes der Zivilbevölkerung zu<br />
tun .. ,"<br />
Kritik zurückgewiesen<br />
Innenminister Baum wies diese Kritik<br />
des CDU/CSU-Abgeordneten Gerlach<br />
zurück. Nach den Worten des Ministers<br />
ist die Broschüre kein Weißbuch, sondern<br />
eine Informationsschrift für den<br />
Bürger: "Zivilschutz ist Teil eines Gesamtsystems<br />
zum Schutze des Bürgers<br />
und zur Sicherung des Friedens. Wir<br />
müssen dem Bürger sagen, welcher<br />
Schutz mit welchen Mitteln möglich ist."<br />
Zivilschutz sei Sache aller Bürger, und<br />
zwar nicht erst in einem Verteidigungsfall,<br />
den zu vermeiden oberstes Ziel<br />
der Entspannungs- und Friedenspolitik<br />
der Bundesregierung sei, sondern schon<br />
heute und morgen. Zur ehrlichen Information<br />
der Bevölkerung gehöre auch<br />
die eindeutige Feststellung, daß auch<br />
der Bürger selbst für seinen privaten<br />
Bereich Vorsorge treffen müsse. Fragen<br />
des Zivilschutzes dürften nicht als zweit-<br />
Die leitenden Herren<br />
des Bundesamtes<br />
für Zivilschutz, Prä sident<br />
Dr. Kolb, Vizepräsident<br />
Dipl.-Ing.<br />
Ahrens, Abteilungspräsident<br />
Haedge<br />
(von rechts), Abteilungsleiter<br />
und Referenten<br />
, informierten<br />
den BundesinnenmInister<br />
über Aufgaben<br />
und Arbeit des Amtes.<br />
Zivile Vertei digung<br />
ist nicht nur eine<br />
Frage der Finanzen,<br />
so odem auch der<br />
Programme: Bundesinnenministe<br />
r Baum,<br />
der Leiter der Abteilung<br />
zivile Verteidigung<br />
Im Bundes mlnisterlum<br />
des Innern,<br />
Wedler (links), und<br />
BZS-Präsident Dr.<br />
Kolb während der<br />
Presspkonferenz.<br />
rangige politische Fragen behandelt<br />
werden, Zivilschutz habe als humanitäre<br />
Aufgabe erste Priorität. Jede Regierung,<br />
jedes Parlament, jede politische Partei,<br />
aber auch jeder Bürger müsse sich dieser<br />
Aufgabe stellen . Gleichzeitig müsse<br />
ungeschminkt eingeräumt werden, daß<br />
Maßnahmen des Zivilschutzes im Verteidigungsfall<br />
nicht die Garantie des Überlebens,<br />
wohl aber vielen Menschen die<br />
Chance zum überleben bieten könne.<br />
Keine Reklameschrift<br />
Die Broschüre stellt im ersten Teil die<br />
Notwendigkeit des Zivil- und Katastrophenschutzes<br />
in der heutigen Zeit dar<br />
und zeigt die rechtlichen Grundlagen<br />
des Zivilschutzes und die Zuständigkeiten<br />
auf. Weiter werden die Hilfsorganisahonen<br />
und Einrichtungen, die im Zivilschutz<br />
mitwirken, vorgestellt. Der zweite<br />
Teil informiert über die Aufgaben, z. B.<br />
Warndienst, Schutzraumbau, Katastrophen-<br />
und Selbstschutz. In einem Anhang<br />
ist ausführliches Zahlenmaterial<br />
zur finanziellen Entwicklung usw. enthalten.<br />
Ministerialdirektor Wedler wertete die<br />
Broschüre als grundlegende Information<br />
über den Zivilschutz. Sie sei keine Rektameschrift,<br />
sondern biete zuverlässige<br />
Informationen. Wedler räumte zwar ein,<br />
daß im finanziellen Bereich noch kein<br />
angemessenes Verhältnis zwischen zivi-