Magazin 197910
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dern des Stadtrates, den Ortsbeiraten,<br />
den Hilfsorganisationen im Katastrophenschutz<br />
und vom Bundesverband für den<br />
Selbstschutz. Darf man daraus schließen,<br />
daß einerseits erkannt worden ist, im<br />
Bereich der persönlichen Sicherheit des<br />
Bürgers gibt es noch erhebliche Informationslücken,<br />
und andererseits, daß die<br />
Bereitschaft zum personlichen Engagement<br />
- auch des einzelnen Bürgers -<br />
doch beachtlich ist?<br />
Bürgermeister Popitz: Eine erfreuliche<br />
überraschung ist die Tatsache, daß die<br />
Ankündigung der Selbstschutz-Großaktion<br />
durchweg auf positive Resonanz<br />
in Frankenthai gestoßen ist. überhaupt<br />
kann man die Erfahrung machen, daß<br />
mehr Burgersinn vorhanden ISt, als man<br />
üblicherweise annimmt. Man muß bloß<br />
die richtigen Wege finden, um die in<br />
den meisten Menschen schlummernde<br />
Hllfs- und Initiativbereitschaft zu wecken.<br />
Die Bereitschaft der Offentlichkeit, sich<br />
mit der Notwendigkeit und dem Inhalt<br />
des Selbstschutzes auseInanderzusetzen,<br />
durfte auch deshalb hergestellt<br />
werden können, weil in der letzten Zeit<br />
verschiedene Großunfälle auf der Welt<br />
die Bevölkerung für die Belange des<br />
Katastrophenschutzes sensibilisiert<br />
haben.<br />
ZS-MAGAZIN: Sie haben selbst kürzlich<br />
dargelegt, daß das Problem " Sicherheif'<br />
mehr in das Bewußtsein aller gerückt<br />
werden muß und daß in der Vergangenheit<br />
hier " Sunden" begangen worden<br />
sind . Wo ist am meisten " gesundlgt"<br />
worden und welche " Besserung" halten<br />
Sie für erforderlich?<br />
Bürgermeister Popitz: Das Problem<br />
des Schutzraumbaues brennt mir sozusagen<br />
auf den Nägeln. Wir haben in<br />
Frankenthai keinen einzigen öffentlichen<br />
Schutzraum. Damit befinden wir uns<br />
leider in unguter Gesellschaft mit vielen<br />
Slädten der Bundesrepublik, Dieses<br />
Problem muß nicht nur in Frankenthai,<br />
sondern bundesweit unbedingt angegangen<br />
werden . Ich gebe mich dabei nicht<br />
der Illusion hin , daß fur jeden der 46 000<br />
Einwohner Frankenthais ein öffentlicher<br />
oder privater SChutzplatz geschaffen<br />
werden kann. Viel wäre schon erreicht,<br />
wenn zumindest im Falle einer notwendigen<br />
Evakuierung der Bevölkerung wenigstens<br />
die nicht oder schwer Transportfähigen<br />
einen Schutzplatz fänden ,<br />
Im übrigen bin ich der Meinung, daß<br />
die militärische Abschreckung einem<br />
poteniellen Angreifer gegenüber erheblich<br />
an Glaubwürdigkeit verliert, wenn<br />
dieser weiß, daß die Bevölkerung des<br />
Verteidigers im Falle kriegerischer Ereignisse<br />
nahezu schutzlos ist. Mit anderen<br />
Worten: Das krasse Mißverhältnis zwischen<br />
Ausgaben der öffentlichen Hand<br />
für militärische Verteidigung und denen<br />
für zivile Verteidigung sollte abgebaut<br />
werden . Denn eine wirksame zivile Verteidigung<br />
ist kein uberflussiger Luxus,<br />
sondern für das überleben der Bürger<br />
und des Staates unerläßlich.<br />
Katastrophenschutz-Sachbearbeiter Arnold legt Bürgermeister Popitz den Katastrophenschutz-Kalender,<br />
der Grundlage der entsprechenden Pl anung der Stadtverwaltung Ist,<br />
vor.<br />
18 ZS-MAGAZ IN lOng<br />
ZS-MAGAZIN: Die wesentliche Voraussetzung<br />
für einen besseren Schutz des<br />
Bürgers ist seine Information, weil -<br />
so vor wenigen Jahren ein Bundesinnenminister<br />
- dieser Schutz nicht ohne<br />
Beteiligung des Bürgers oder gar gegen<br />
seinen Willen geplant werden kann. Weiche<br />
Notwendigkeiten und Möglichkeiten<br />
- auch uber das "Jahr des Selbstschutzes"<br />
hinaus - sehen Sie?<br />
Bürgermeister Popltz: Zur Zeit besteht<br />
keine gesetZliche Verpflichtung des einzelnen<br />
zum Selbstschutz, insbesondere<br />
zum privaten Schutzraumbau. Wenn<br />
die Bürger nicht wollen, daß ihnen in<br />
irgendeiner Form von seiten des Staates<br />
irgendwann eine solche Verpflichtung<br />
auferlegt wird, dann sollten zumindest<br />
diejenigen Menschen freiwillig das Ihre<br />
tun, die dazu, nach ihren Fähigkeiten,<br />
zeitlich und finanziell in der Lage sind.<br />
Dazu bedarf es aber einer umfangreichen<br />
Information, um dem Bürger zu<br />
zeigen, daß er auch im Falle eines Krieges<br />
oder einer Großkatastrophe anderer<br />
Art die Chance zum Überleben hat. Deshalb<br />
dürfen wir es in Frankenthai nicht<br />
bei einer einzigen, wenn auch mehrmonatigen<br />
Aktion bewenden lassen. Das<br />
Feld des Selbstschutzes muß auch nach<br />
Ablauf des " Modells Frankenthai" weiterbestellt<br />
werden.<br />
ZS-MAGAZIN: Das "Modell Frankenthai"<br />
dürfte im Laufe der kommenden Monate<br />
das Interesse vieler Verwaltungen, Behördenchefs,<br />
Hilfsorganisationen, Fachleute<br />
usw. auf sich ziehen. Haben Sie<br />
so etwas wie " Lampenfieber", daß Ihr<br />
Projekt zu umfangreich, zu allumfassend<br />
angelegt ist, schließlich haben wohl alle<br />
Beteiligten, so die Stadt, die Organisation<br />
und Helfer und auch die Bürger ein solches<br />
komplettes Informalionsangebot<br />
noch nie zusammengestellt bzw. vorgestellt<br />
bekommen?<br />
Bürgermeister Poplt.: Ich möchte nicht<br />
leugnen, daß ich etwas "Lampenfieber"<br />
habe. Da unsere Aktion die Bewußtseinsbildung<br />
der Bevölkerung zum Ziele<br />
hat, kann trotz erheblichen Einsatzes<br />
aller Beteiligten ein Erfolg nicht garantiert<br />
werden . Von der Größenordnung her,<br />
meine ich, daß die Aktion weder in personeller<br />
noch in finanzieller Hinsicht<br />
überzogen ist.<br />
Sollte - was wir alle hoffen - ihr Erfolg<br />
beschieden sein, so würden meine Mitarbeiter<br />
und ich uns selbstverständlich<br />
darüber freuen , wenn unsere Aktion<br />
sozusagen Pionier-Charakter hätte und<br />
in anderen Städten und Kreisen Nachahmung<br />
fände.