AT - Studentenverbindung Concordia Bern
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Prof. Dr. Wolfgang Wiegand 1996/97 und SS 1997<br />
Prof. Dr. Thomas Koller Vorlesung OR<br />
bb) normativer (rechtlicher, künstlicher) Konsens<br />
Der Konsens wird durch Auslegung der Erklärungen mit Hilfe der Vertrauenstheorie<br />
hergestellt. Die Parteien werden behandelt, als wären sie sich einig. Eine Partei wird auf<br />
etwas behaftet, was sie eigentlich nicht wollte; ihr bleibt die Berufung auf Irrtum (Art<br />
23 ff. OR).<br />
1. Die Erklärungen werden überprüft: Waren sie im spezifischen Fall eindeutig oder<br />
mehrdeutig?<br />
2. Wie wurden die Erklärungen verstanden? So wie sie gemeint waren oder anders?<br />
3. Ist der künstliche Konsens befriedigend? Beim künstlichen Konsens wird immer eine<br />
Partei auf etwas behaftet, was sie nicht gewollt hat. (Diese Partei kann sich auf Irrtum<br />
berufen, d.h. den Vertrag anfechten.)<br />
4. Zuletzt muss geprüft werden, ob jemand dafür haftbar gemacht werden kann, dass<br />
der Vertrag unwirksam ist. Ist aus dem Missverständnis ein Schaden (Vertrauensschaden)<br />
entstanden?<br />
§16 Der Irrtum und seine Konsequenz<br />
Stimmt der wirkliche Wille eines Erklärenden nicht mit seiner Willenserklärung überein,<br />
erhält er ein Gestaltungsrecht: Er kann den Vertrag wegen Willensmangel anfechten<br />
(Art. 31 OR). Erst jetzt, für die Anfechtung (und Aufhebung) des Vertrages wird der<br />
wirkliche Wille wichtig.<br />
Die Anfechtung bewirkt die Aufhebung des Vertrages ex tunc, d.h. auf den Zeitpunkt<br />
seines Zustandekommens, wie wenn er nie zustande gekommen wäre. Anfechtung<br />
heisst Nichtigkeit „herstellen“.<br />
Wer einen Vertrag anficht, muss unter Umständen für die Schäden aufkommen.<br />
1. Der Begriff des Irrtums<br />
Der Irrtum ist ein Willensmangel, der zumeist dann geltend gemacht wird, wenn Erklärungen<br />
nach dem Vertrauensprinzip ausgelegt worden sind. Ein solcher Vertrag kommt<br />
durch die Übereinstimmung der Willenserklärungen (normativer Konsens) zustande,<br />
nicht durch die Übereinstimmung der wirklichen Willen der Parteien. Der Irrtum besteht<br />
in einem Zwiespalt zwischen Erklärung und wirklichem Willen.<br />
Der Irrende hat selber zu entscheiden, ob er sich auf den Irrtum berufen oder den nach<br />
Vertrauensprinzip ausgelegten Vertrag gelten lassen will.<br />
2. Die gesetzlich geregelten Fälle<br />
a) Der Erklärungsirrtum (Art. 24 I 1-3 OR)<br />
Art. 24 I,1 OR: error in negotio (Irrtum über das Geschäft)<br />
Art. 24 I,2 OR: error in obiecto (Irrtum über den Gegenstand)<br />
Art. 24 I,2 OR: error in persona (Irrtum über die Person)<br />
Irrtum zumeist über die Eigenschaften einer Person oder über eine<br />
Person, auf die es im Vertrag ankommt. (Ansonsten Motivirrtum.)<br />
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