Gerechtigkeit Gerechtigkeit
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Wissenschaft<br />
der Betroffene zu entscheiden, wo er<br />
den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen<br />
iSd Gesetzes hat.<br />
Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut<br />
unzweifelhaft, daß das Reklamationsverfahren<br />
gegenwartsbezogen ist<br />
(„...dort weiterhin den Hauptwohnsitz<br />
hat“). Es<br />
kommt<br />
daher<br />
nicht auf<br />
beabsichtigteVeränderungen<br />
an,<br />
da jederzeit<br />
eine<br />
neue<br />
Meldung<br />
erfolgen kann bzw muß. Auch ob das<br />
Reklamationsverfahren bezogen auf<br />
den Stichtag der letzten Volkszählung<br />
erfolgreich gewesen wäre oder nicht, ist<br />
weder von der belangten Behörde im<br />
Reklamationsverfahren, noch vom<br />
VwGH im Beschwerdeverfahren zu prüfen.<br />
Die Frage der Zuordnung eines<br />
Bürgers zu einer bestimmten Gemeinde<br />
zum Stichtag, ist gem § 6a Volkszählungsgesetz<br />
vielmehr von der Statistik<br />
Österreich vorzunehmen.<br />
Gesetzliche Kriterien für<br />
den Hauptwohnsitz<br />
Gemäß § 1 Abs 7 MeldeG, ist „der<br />
Hauptwohnsitz eines Menschen ... an<br />
jener Unterkunft begründet, an der er<br />
sich in der erweislichen oder aus den<br />
Umständen hervorgehenden Absicht<br />
niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt<br />
seiner Lebensbeziehungen zu<br />
machen; trifft diese sachliche Voraussetzung<br />
bei einer Gesamtbetrachtung<br />
der beruflichen, wirtschaftlichen und<br />
gesellschaftlichen Lebensbeziehungen<br />
eines Menschen auf mehrere Wohnsitze<br />
zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz<br />
zu bezeichnen,<br />
zu dem er das überwiegende<br />
Naheverhältnis<br />
hat“.<br />
Nach dem Wortlaut des<br />
§ 1 Abs 7 MeldeG und<br />
der im Wesentlichen<br />
inhaltsgleichen Bestimmung<br />
des Art 6 Abs 3 B-<br />
VG4 erfolgt die Begründung<br />
des Hauptwohnsitzes<br />
somit durch eine<br />
Kombination von objektiven<br />
und subjektiven<br />
Kriterien. Auszugehen<br />
ist dabei von der „Unterkunft“,<br />
sowie vom mel-<br />
68 KOMMUNAL<br />
Bei der Ummeldung hat<br />
also der Betroffene zu entscheiden,<br />
wo er den Mittelpunkt<br />
seiner Lebensbeziehungen<br />
hat.<br />
derechtlichen Grundtatbestand der<br />
„Unterkunftnahme“. Weiters bedarf es<br />
einer solchen Verdichtung der Lebensbeziehungen,<br />
daß von einem „Mittelpunkt<br />
der Lebensbeziehungen“ gesprochen<br />
werden kann. Hierbei kommt es<br />
nicht allein auf die subjektive Ansicht<br />
des Betroffenen an, vielmehr muß<br />
diese Absicht durch objektive<br />
Umstände nachweisbar sein. Dies geht<br />
deutlich aus § 1 Abs 7 MeldeG hervor,<br />
der vorschreibt, daß sich diese Absicht<br />
erweisen oder aus den Umständen hervorgehen<br />
muß und von einer sachlichen<br />
Voraussetzung spricht. Um von<br />
einem Hauptwohnsitz sprechen zu<br />
können, bedarf es einer solchen Verdichtung<br />
von Lebensbeziehungen, daß<br />
bei Einbeziehung sämtlicher Lebensumstände<br />
des Betroffenen in die<br />
Betrachtung von<br />
einem „Mittelpunkt<br />
der Lebens-<br />
Das Reklamationsverfahren<br />
wird daher für<br />
den antragstellenden<br />
Bürgermeister nur dann<br />
erfolgreich sein, wenn<br />
der Betroffene ein<br />
„überwiegendes Naheverhältnis“<br />
an einem Ort<br />
behauptet, an dem er<br />
keinen Mittelpunkt der<br />
Lebensbeziehungen hat.<br />
beziehungen“<br />
gesprochen werden<br />
kann. Somit<br />
kommt es auf eine<br />
Gesamtbetrachtung,<br />
maW einer<br />
Gesamtschau der<br />
Lebensbeziehungen<br />
des Menschen<br />
an. Diesen Anforderungen<br />
wird das<br />
Ermittlungsverfahren<br />
nur dann entsprechen,<br />
wenn<br />
die Behörde jedenfalls die im § 1 Abs 8<br />
MeldeG demonstrativ aufgezählten<br />
Kriterien, wie zB Aufenthaltsdauer,<br />
Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte,<br />
Wohnsitz der übrigen,<br />
insb der minderjährigen Familienangehörigen,<br />
etc berücksichtigt hat.<br />
Am Hauptwohnsitz muß somit nicht<br />
der Schwerpunkt aller Lebensbeziehungen<br />
bestehen, sondern es muß sich<br />
bei Betrachtung des beruflichen, wirtschaftlichen<br />
und gesellschaftlichen<br />
Umfelds eines Menschen ergeben, daß<br />
er dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen<br />
hat. Hierbei ist es zB<br />
durchaus möglich, daß am Hauptwohnsitz<br />
wenige oder gar keine beruflichen<br />
Lebensbeziehungen bestehen.<br />
Verfügt jemand an mehreren Orten<br />
(Wohnsitzen) über einen Lebensmittelpunkt,<br />
ist das „überwiegende Naheverhältnis“<br />
entscheidend. Dabei handelt es<br />
sich um ein subjektives Kriterium, das<br />
nur in der persönlichen Einstellung des<br />
Betroffenen zum Ausdruck kommt und<br />
in diesen Fällen letztlich den Ausschlag<br />
gibt. Der Gesetzgeber wollte somit dem<br />
Meldepflichtigen – wenn er mehrere<br />
Wohnsitze hat und die objektiven Kriterien<br />
ausnahmsweise mehrfach zutreffen<br />
– grundsätzlich die Entscheidung überlassen,<br />
wo er seinen Hauptwohnsitz<br />
erklärt. Dabei ist primär an die Bezeichnung<br />
in der Meldung gedacht, durch<br />
die Angabe der Wohnsitzqualität im<br />
Meldezettel.<br />
Das Reklamationsverfahren wird daher<br />
für den antragstellenden Bürgermeister<br />
nur dann erfolgreich sein, wenn<br />
der Betroffene ein „überwiegendes<br />
Naheverhältnis“ an einem Ort behauptet,<br />
an dem er keinen Mittelpunkt der<br />
Lebensbeziehungen nach § 1 Abs 7<br />
MeldeG hat, mag er dort auch einen<br />
Wohnsitz iSd § 1 Abs 6 MeldeG haben.<br />
Zwischen einem solchen Wohnsitz und<br />
einem „Mittelpunkt der Lebensbeziehungen“<br />
besteht nämlich ein rechtserheblicher<br />
Unterschied.<br />
u Mag. Roland Finster ist<br />
Preisträger des Wissenschaftspreises<br />
der Kommunen 2003