16.10.2012 Aufrufe

Gerechtigkeit Gerechtigkeit

Gerechtigkeit Gerechtigkeit

Gerechtigkeit Gerechtigkeit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Wissenschaft<br />

der Betroffene zu entscheiden, wo er<br />

den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen<br />

iSd Gesetzes hat.<br />

Weiters ergibt sich aus dem Wortlaut<br />

unzweifelhaft, daß das Reklamationsverfahren<br />

gegenwartsbezogen ist<br />

(„...dort weiterhin den Hauptwohnsitz<br />

hat“). Es<br />

kommt<br />

daher<br />

nicht auf<br />

beabsichtigteVeränderungen<br />

an,<br />

da jederzeit<br />

eine<br />

neue<br />

Meldung<br />

erfolgen kann bzw muß. Auch ob das<br />

Reklamationsverfahren bezogen auf<br />

den Stichtag der letzten Volkszählung<br />

erfolgreich gewesen wäre oder nicht, ist<br />

weder von der belangten Behörde im<br />

Reklamationsverfahren, noch vom<br />

VwGH im Beschwerdeverfahren zu prüfen.<br />

Die Frage der Zuordnung eines<br />

Bürgers zu einer bestimmten Gemeinde<br />

zum Stichtag, ist gem § 6a Volkszählungsgesetz<br />

vielmehr von der Statistik<br />

Österreich vorzunehmen.<br />

Gesetzliche Kriterien für<br />

den Hauptwohnsitz<br />

Gemäß § 1 Abs 7 MeldeG, ist „der<br />

Hauptwohnsitz eines Menschen ... an<br />

jener Unterkunft begründet, an der er<br />

sich in der erweislichen oder aus den<br />

Umständen hervorgehenden Absicht<br />

niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt<br />

seiner Lebensbeziehungen zu<br />

machen; trifft diese sachliche Voraussetzung<br />

bei einer Gesamtbetrachtung<br />

der beruflichen, wirtschaftlichen und<br />

gesellschaftlichen Lebensbeziehungen<br />

eines Menschen auf mehrere Wohnsitze<br />

zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz<br />

zu bezeichnen,<br />

zu dem er das überwiegende<br />

Naheverhältnis<br />

hat“.<br />

Nach dem Wortlaut des<br />

§ 1 Abs 7 MeldeG und<br />

der im Wesentlichen<br />

inhaltsgleichen Bestimmung<br />

des Art 6 Abs 3 B-<br />

VG4 erfolgt die Begründung<br />

des Hauptwohnsitzes<br />

somit durch eine<br />

Kombination von objektiven<br />

und subjektiven<br />

Kriterien. Auszugehen<br />

ist dabei von der „Unterkunft“,<br />

sowie vom mel-<br />

68 KOMMUNAL<br />

Bei der Ummeldung hat<br />

also der Betroffene zu entscheiden,<br />

wo er den Mittelpunkt<br />

seiner Lebensbeziehungen<br />

hat.<br />

derechtlichen Grundtatbestand der<br />

„Unterkunftnahme“. Weiters bedarf es<br />

einer solchen Verdichtung der Lebensbeziehungen,<br />

daß von einem „Mittelpunkt<br />

der Lebensbeziehungen“ gesprochen<br />

werden kann. Hierbei kommt es<br />

nicht allein auf die subjektive Ansicht<br />

des Betroffenen an, vielmehr muß<br />

diese Absicht durch objektive<br />

Umstände nachweisbar sein. Dies geht<br />

deutlich aus § 1 Abs 7 MeldeG hervor,<br />

der vorschreibt, daß sich diese Absicht<br />

erweisen oder aus den Umständen hervorgehen<br />

muß und von einer sachlichen<br />

Voraussetzung spricht. Um von<br />

einem Hauptwohnsitz sprechen zu<br />

können, bedarf es einer solchen Verdichtung<br />

von Lebensbeziehungen, daß<br />

bei Einbeziehung sämtlicher Lebensumstände<br />

des Betroffenen in die<br />

Betrachtung von<br />

einem „Mittelpunkt<br />

der Lebens-<br />

Das Reklamationsverfahren<br />

wird daher für<br />

den antragstellenden<br />

Bürgermeister nur dann<br />

erfolgreich sein, wenn<br />

der Betroffene ein<br />

„überwiegendes Naheverhältnis“<br />

an einem Ort<br />

behauptet, an dem er<br />

keinen Mittelpunkt der<br />

Lebensbeziehungen hat.<br />

beziehungen“<br />

gesprochen werden<br />

kann. Somit<br />

kommt es auf eine<br />

Gesamtbetrachtung,<br />

maW einer<br />

Gesamtschau der<br />

Lebensbeziehungen<br />

des Menschen<br />

an. Diesen Anforderungen<br />

wird das<br />

Ermittlungsverfahren<br />

nur dann entsprechen,<br />

wenn<br />

die Behörde jedenfalls die im § 1 Abs 8<br />

MeldeG demonstrativ aufgezählten<br />

Kriterien, wie zB Aufenthaltsdauer,<br />

Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte,<br />

Wohnsitz der übrigen,<br />

insb der minderjährigen Familienangehörigen,<br />

etc berücksichtigt hat.<br />

Am Hauptwohnsitz muß somit nicht<br />

der Schwerpunkt aller Lebensbeziehungen<br />

bestehen, sondern es muß sich<br />

bei Betrachtung des beruflichen, wirtschaftlichen<br />

und gesellschaftlichen<br />

Umfelds eines Menschen ergeben, daß<br />

er dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen<br />

hat. Hierbei ist es zB<br />

durchaus möglich, daß am Hauptwohnsitz<br />

wenige oder gar keine beruflichen<br />

Lebensbeziehungen bestehen.<br />

Verfügt jemand an mehreren Orten<br />

(Wohnsitzen) über einen Lebensmittelpunkt,<br />

ist das „überwiegende Naheverhältnis“<br />

entscheidend. Dabei handelt es<br />

sich um ein subjektives Kriterium, das<br />

nur in der persönlichen Einstellung des<br />

Betroffenen zum Ausdruck kommt und<br />

in diesen Fällen letztlich den Ausschlag<br />

gibt. Der Gesetzgeber wollte somit dem<br />

Meldepflichtigen – wenn er mehrere<br />

Wohnsitze hat und die objektiven Kriterien<br />

ausnahmsweise mehrfach zutreffen<br />

– grundsätzlich die Entscheidung überlassen,<br />

wo er seinen Hauptwohnsitz<br />

erklärt. Dabei ist primär an die Bezeichnung<br />

in der Meldung gedacht, durch<br />

die Angabe der Wohnsitzqualität im<br />

Meldezettel.<br />

Das Reklamationsverfahren wird daher<br />

für den antragstellenden Bürgermeister<br />

nur dann erfolgreich sein, wenn<br />

der Betroffene ein „überwiegendes<br />

Naheverhältnis“ an einem Ort behauptet,<br />

an dem er keinen Mittelpunkt der<br />

Lebensbeziehungen nach § 1 Abs 7<br />

MeldeG hat, mag er dort auch einen<br />

Wohnsitz iSd § 1 Abs 6 MeldeG haben.<br />

Zwischen einem solchen Wohnsitz und<br />

einem „Mittelpunkt der Lebensbeziehungen“<br />

besteht nämlich ein rechtserheblicher<br />

Unterschied.<br />

u Mag. Roland Finster ist<br />

Preisträger des Wissenschaftspreises<br />

der Kommunen 2003

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!