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Das »Traumstück«, das aus Vorlesungen <strong>de</strong>s Dichters und aus <strong>de</strong>r<br />

schon seit längerer Zeit erschienenen Buchausgabe bereits bekannt<br />

war, ist das weltanschaulichere, das wirklichkeitsnähere<br />

<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Stücke. Visionen <strong>de</strong>r Sehnsüchte und <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong>,<br />

gestalten<strong>de</strong> Abrechnung mit <strong>de</strong>n Fratzen <strong>de</strong>r Wirklichkeit, die in<br />

das Traumleben eindringen. Die peinigen<strong>de</strong>n Erscheinungen <strong>de</strong>r<br />

entmenschten Nachkriegszeit, aus <strong>de</strong>nen Nie<strong>de</strong>rtracht, Habsucht,<br />

Vertierung und abgründiges Elend ihre Bekenntnisse tun, löst die<br />

Flucht in die Natur, zum I<strong>de</strong>al ab. Die dorthin nachdringen<strong>de</strong>n<br />

scheußlichen Bil<strong>de</strong>r knechten<strong>de</strong>r Unfreiheit erwecken die Kampfesfreu<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Verstan<strong>de</strong>s, <strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r durch Ausartungen <strong>de</strong>s Verstan<strong>de</strong>s,<br />

die »Psychoanalen«, <strong>de</strong>nen die längste und schärfste Szene<br />

<strong>de</strong>s Dramas gilt, verscheucht wird. Traum und Traum<strong>de</strong>utung<br />

sind hier in ebenso geistreicher als boshafter Art in Beziehung gestellt.<br />

Der Hilferuf, in <strong>de</strong>m die Szene ausklingt, sucht Rettung aus<br />

solcher Klarheit in <strong>de</strong>n Traum. »Imago«, das aus <strong>de</strong>r Wand sprechen<strong>de</strong><br />

Bild, hier eine Versinnlichung künstlerischen Weltfühlens,<br />

das alles durchlebt und sich in allem darbietet, das kleine, sonst<br />

übersehene, von ihm beachtete Geräusch <strong>de</strong>s fallen<strong>de</strong>n Tropfens,<br />

die Poesie <strong>de</strong>s Kleinsten, und <strong>de</strong>r Traum selbst führen endlich <strong>de</strong>n<br />

Weg <strong>de</strong>s Trostes, leiten in ein phantasiebeschwingtes Erwachen,<br />

<strong>de</strong>m das Geräusch <strong>de</strong>s Teppichklopfens noch zu einer letzten Vision<br />

verhilft, die die Welt nicht nach Besitz, son<strong>de</strong>rn nach Wert geordnet<br />

zeigt und schon durch einen <strong>An</strong>satz dazu Versöhnung mit<br />

<strong>de</strong>m Leben verheißt.<br />

Das Erlebnis dieser Traumdichtungen wird durch eine ganz ungewöhnlich<br />

intensive Regietat Berthold Viertels vermittelt. Er ist <strong>de</strong>r<br />

bühnenkundige, hingebungsfreudige Leiter, <strong>de</strong>n solche Dichtung,<br />

ja Dichtung überhaupt, braucht. Seine Führung bleibt in <strong>de</strong>r Gefolgschaft<br />

<strong>de</strong>s Autors, hebt Gedanken, Vers und Wort sinnlich,<br />

ohne sie zum Effekt auszuschroten. Aus <strong>de</strong>m Versenken in die<br />

dichterische erwächst ihm die theatralische Vision. Geringfügiges<br />

gewinnt Be<strong>de</strong>utung: Der gedämpfte Trommelwirbel hinter <strong>de</strong>r<br />

Szene, <strong>de</strong>r die Erscheinung <strong>de</strong>s Schieberpelzes begleitet, das<br />

spukhafte Hervorschnellen <strong>de</strong>r drei Nachkriegsvisagen, <strong>de</strong>r unheimlich<br />

starre Aufmarsch <strong>de</strong>r Teufel <strong>de</strong>s Weltkrieges sowie die<br />

unwirkliche Lieblichkeit <strong>de</strong>r Imagoszene im »Traumstück« und die<br />

halb wie ein Märchen, halb wie ein Marionettenspiel gehaltene<br />

Stilisierung <strong>de</strong>r Visionsszenen <strong>de</strong>s »Traumtheaters« spiegeln<br />

Geist vom Geiste <strong>de</strong>s Dichters. Die szenischen Bil<strong>de</strong>r Leopold<br />

Blon<strong>de</strong>rs gesellen <strong>de</strong>r Dichtung und <strong>de</strong>n Regiei<strong>de</strong>en das entsprechen<strong>de</strong><br />

malerische Gewand. Lothar Müthel hat in bei<strong>de</strong>n Stücken<br />

die Rolle <strong>de</strong>s Dichters inne. Sein Spiel ordnet sich von innen heraus.<br />

Der Schwerpunkt liegt im Herzen. Der Körper gehorcht <strong>de</strong>n<br />

Gängen <strong>de</strong>r Seele, <strong>de</strong>r Ton <strong>de</strong>s Sprechers <strong>de</strong>m Geiste <strong>de</strong>s Wortes.<br />

Cäcilie Lvovsky innig und lieblich als Imago, weich, instinkthaft,<br />

gar nicht dämonisch als Schauspielerin im »Traumtheater«, we<strong>de</strong>r<br />

Schlange noch Kätzchen, son<strong>de</strong>rn warmes Weib. Von überwältigen<strong>de</strong>r<br />

Scheußlichkeit Oskar Homolka als Gürtelpelz und als tanzen<strong>de</strong>r<br />

Zinsfuß, Lyda Salmonova als Valuta, das Trio <strong>de</strong>r Psychoanalen<br />

(Behal, Farkas, Schrecker) äffen<strong>de</strong> Alpdrücke. Carl Goetz,<br />

<strong>de</strong>zent als »<strong>de</strong>r alte Esel«, Ernst Stahl—Nachbaur männlich und

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