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außergewöhnlich und bemerkenswert nur die Langweile war, mit<br />

<strong>de</strong>r die Herzen <strong>de</strong>r Gläubigen erfüllt wur<strong>de</strong>n. Die zweite Hoffnung,<br />

die Hoffnung auf das Gefühl in <strong>de</strong>r Menschenbrust, wur<strong>de</strong><br />

erst jüngst im Weltkrieg enttäuscht. Die Situation, die sich nach<br />

seiner Beendigung ergab, beweist zu <strong>de</strong>utlich, daß kein Schrecken<br />

zu groß ist, als daß sich die Menschheit vom Kriege abschrecken<br />

ließe.<br />

Daß K. selbst an eine »bessere Zukunft« nicht glaubt, beweisen<br />

außer an<strong>de</strong>ren zwei Umstän<strong>de</strong>. Einerseits <strong>de</strong>r Abschluß seiner<br />

Tragödie, die dichterisch, phantastisch und — um in <strong>de</strong>r Terminologie<br />

unserer Zeit zu sprechen — <strong>de</strong>struktiv en<strong>de</strong>t. Der zweite Beweis<br />

für K.'s Skepsis ist eines seiner letzten Werke, das zur Charakterisierung<br />

<strong>de</strong>s neuen Österreich dient: »Wolkenkuckucksheim«.<br />

Daß die »Letzten Tage« kein didaktisches Werk sind und auch<br />

nicht die Absicht haben, es zu sein, beweist ihr En<strong>de</strong>. Im Hintergrund<br />

eines didaktischen Werkes steht <strong>de</strong>r Optimismus, <strong>de</strong>r sich<br />

an <strong>de</strong>n Glauben anlehnt. Nun, in <strong>de</strong>n »Letzten Tagen« gibt es<br />

einen gewissen Optimismus, aber die verbessern<strong>de</strong> Erlösung, die<br />

sich daraus ergibt, betrifft nicht die Menschheit und die Menschen,<br />

son<strong>de</strong>rn die Welt und <strong>de</strong>n Kosmos. K.'s Optimismus äußert<br />

sich in <strong>de</strong>r Hoffnung, daß das Wüten <strong>de</strong>r Menschheit seine Grenzen<br />

in <strong>de</strong>r Zeit und im Raume fin<strong>de</strong>t. Dieser Optimismus kam bereits<br />

in <strong>de</strong>r O<strong>de</strong> »Gebet an die Sonne von Gibeon« zu Worte. Es erübrigt<br />

nur noch, zu erinnern, daß eine Reihe von K.'s Gedichten<br />

Blumen und Tiere zum Gegenstand hat. Es ist dies ein Optimismus<br />

<strong>de</strong>s Geistes, welcher je<strong>de</strong>s <strong>An</strong>thropomorphismus ledig ist und die<br />

Werte dort sieht, wo an<strong>de</strong>re nur Waren sehen; jenes Geistes, <strong>de</strong>r<br />

im ausgero<strong>de</strong>ten Wal<strong>de</strong> über <strong>de</strong>m Grabe seiner Freu<strong>de</strong> steht.<br />

Von diesem Gesichtspunkte aus läßt sich nicht <strong>de</strong>r Begriff <strong>de</strong>s<br />

Staates bekämpfen, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Staat — juridisch und mythologisch<br />

gesprochen — entspringt nicht aus <strong>de</strong>r Erbsün<strong>de</strong>, durch die das<br />

Menschengeschlecht ein für allemal <strong>de</strong>m Ver<strong>de</strong>rben verfallen ist.<br />

Der Staat ist für die amtlichen Ausführungen seiner <strong>An</strong>gestellten<br />

verantwortlich, aber keineswegs für Taten, die aus ihrem menschlichen<br />

Charakter entspringen. Daß dies auch die <strong>An</strong>sicht K.'s ist,<br />

ergibt sich aus seinem Wi<strong>de</strong>rstand gegen je<strong>de</strong> Einmengung <strong>de</strong>r<br />

Ämter in <strong>An</strong>gelegenheiten privaten Lebens. Diesem Wi<strong>de</strong>rstand<br />

entspricht die Verantwortung, die K. je<strong>de</strong>m Einzelnen auferlegt.<br />

Dieser Verantwortung wie<strong>de</strong>rum entspricht bei K. <strong>de</strong>r Mangel am<br />

Glauben an die »bessere Zukunft«, die nur durch gemeinsames<br />

Bestreben würdiger Einzelwesen, niemals durch eine äußere<br />

Macht vorbereitet wer<strong>de</strong>n könnte, wie sie <strong>de</strong>r Staat darstellt, da<br />

das Gute nicht aufoktroyiert wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Der Kampf K.'s gegen Österreich ist eine Tatsache; unglaubwürdig<br />

nach <strong>de</strong>m Vorgebrachten erscheint, daß sein Kampf politischen<br />

Charakters war. Diese Unwahrscheinlichkeit leuchtet <strong>de</strong>m<br />

ein, <strong>de</strong>r »Wolkenkuckucksheim« liest. Hier schil<strong>de</strong>rt K. das republikanische<br />

Österreich (<strong>de</strong>r Ton ist auf Österreich zu legen).<br />

Schon früher setzte K. Proben seiner <strong>An</strong>sichten über diesen neuen<br />

Staat in Epigrammen vor. Der Staat von heute unterschei<strong>de</strong>t sich<br />

von <strong>de</strong>r österreichischen Monarchie durch die reduzierten Gren-<br />

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