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84<br />
gekränkten Banausentums gründlich zu spüren bekommen. Wenn<br />
trotz<strong>de</strong>m heute die Mauern durchbrochen sind, mit <strong>de</strong>nen Mißverstand<br />
und böse Absicht <strong>de</strong>n Kreis seiner Wirkung möglichst eng<br />
zu umgrenzen suchte, wenn sein Wort dorthin gelangt, von wo<br />
man es fernhalten wollte und wenn er sogar eine Art Jubiläum feiern<br />
kann, so be<strong>de</strong>utet das wahrhaftig nicht, daß er kompromißhaft<br />
in die breite Bahn einer ungefährlich gewor<strong>de</strong>nen Gemütlichkeit<br />
eingebogen ist, <strong>de</strong>r man verflossene aufrührerische Jahrzehnte<br />
gern verzeiht: vielmehr ist es die Stärke <strong>de</strong>r Persönlichkeit, die<br />
<strong>de</strong>n Bann bezwungen hat, und vor allem wohl auch die endlich gewonnene<br />
Erkenntnis; daß K.'s scheinbar <strong>de</strong>struktive Art einen zutiefst<br />
positiven Grundzug besitzt. Denn dieser gewaltige Kampf,<br />
<strong>de</strong>n er ein Menschenalter hindurch gegen alles führt, was in Literatur,<br />
Politik, öffentlichem Leben ein geschwätziges <strong>An</strong>sehen genießt,<br />
wird ja nicht um seiner selbst, willen ausgefochten — trotz<br />
aller polemischen Freu<strong>de</strong>, die K.'s Satire zu einer unvergleichlich<br />
genußvollen Dichtung macht. Es könnte sonst wohl auch nicht<br />
sein, daß diese Aufsätze, in weiträumiger und dauerhafter Buchform,<br />
sich über <strong>de</strong>n Tag und <strong>de</strong>n <strong>An</strong>laß hinaus behaupten. Aber<br />
nicht nur, daß die Satire als Kunstwerk lebendig bleibt und mit<br />
<strong>de</strong>n Jahren immer noch lebendiger wird, zeugt für ihren konstruktiven<br />
Eigenwert. Wer heute — von <strong>de</strong>r »Demolierten Literatur« an<br />
bis zum »Traumstück« — die Lebensarbeit K.'s überblickt, muß<br />
die große Einheit dieses in Bücherreihen sich türmen<strong>de</strong>n Werks<br />
erschauen, das immer Kampf, immer aber auch Dienst war: Dienst<br />
an <strong>de</strong>r gottgeschaffenen Natur, die gegen beschmutzen<strong>de</strong>n Zugriff<br />
zu schützen K. die Qual <strong>de</strong>s eifern<strong>de</strong>n, zornigen Priesters auf<br />
sich genommen hat.<br />
Es gehörte eine gewaltige geistige und sittliche Kompetenz dazu,<br />
sich dieses Berufs zu vermessen. K. besaß sie: die eine Kraft eines<br />
Ingeniums, <strong>de</strong>m bei Betrachtung <strong>de</strong>r geringsten, im Tagesbericht<br />
versteckten Episo<strong>de</strong> letzte Folgen offenbar wur<strong>de</strong>n, die an<strong>de</strong>re<br />
durch freiwilligen Verzicht auf die literarischen und gesellschaftlichen<br />
Ehren, die ihm seine einzigartigen Gaben, weltläufig angewen<strong>de</strong>t,<br />
schon in seinen jüngsten Jahren hätten eintragen müssen.<br />
Er zog es vor, seine »Fackel« herauszugeben, die sich bald in je<strong>de</strong>r<br />
Hinsicht von aller übrigen Zeitschriftenliteratur unterschied,<br />
nicht nur dadurch, daß sie auf die legalste finanzielle Unterkellerung<br />
verzichtete, Abonnenten lieber verscheuchte als warb, son<strong>de</strong>rn<br />
auch durch die Auswahl <strong>de</strong>r Mitarbeiter, die <strong>de</strong>r Herausgeber<br />
nicht in <strong>de</strong>n Reihen beliebter, son<strong>de</strong>rn unpopulärer Autoren<br />
suchte, bis er schließlich auch diese entfernte und das Amt <strong>de</strong>s<br />
Schreibers, Redakteurs und Verlegers in seiner Person vereinigte.<br />
So ist er in einer wahrhaft glänzen<strong>de</strong>n Isolierung durch die Dezennien<br />
geschritten, sich selbst vom Literaturbetrieb hartnäckig abson<strong>de</strong>rnd,<br />
durch diese freigewählte Abseitsstellung aber auch wie<br />
niemand an<strong>de</strong>rer befähigt, jegliche Erscheinung, die ihm ins Blickfeld<br />
geriet, vor sein Gericht zu ziehen. Er war in <strong>de</strong>r benei<strong>de</strong>nswerten<br />
Lage, nur dann sprechen zu müssen, wenn er aus innerstem<br />
<strong>An</strong>trieb zu sprechen hatte. Daß er in einem Vierteljahrhun<strong>de</strong>rt<br />
zu hun<strong>de</strong>rten von Ereignissen seinen Kommentar gegeben,<br />
mit hun<strong>de</strong>rten von Menschen, und mit manchen davon hun<strong>de</strong>rtfäl-