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gekränkten Banausentums gründlich zu spüren bekommen. Wenn<br />

trotz<strong>de</strong>m heute die Mauern durchbrochen sind, mit <strong>de</strong>nen Mißverstand<br />

und böse Absicht <strong>de</strong>n Kreis seiner Wirkung möglichst eng<br />

zu umgrenzen suchte, wenn sein Wort dorthin gelangt, von wo<br />

man es fernhalten wollte und wenn er sogar eine Art Jubiläum feiern<br />

kann, so be<strong>de</strong>utet das wahrhaftig nicht, daß er kompromißhaft<br />

in die breite Bahn einer ungefährlich gewor<strong>de</strong>nen Gemütlichkeit<br />

eingebogen ist, <strong>de</strong>r man verflossene aufrührerische Jahrzehnte<br />

gern verzeiht: vielmehr ist es die Stärke <strong>de</strong>r Persönlichkeit, die<br />

<strong>de</strong>n Bann bezwungen hat, und vor allem wohl auch die endlich gewonnene<br />

Erkenntnis; daß K.'s scheinbar <strong>de</strong>struktive Art einen zutiefst<br />

positiven Grundzug besitzt. Denn dieser gewaltige Kampf,<br />

<strong>de</strong>n er ein Menschenalter hindurch gegen alles führt, was in Literatur,<br />

Politik, öffentlichem Leben ein geschwätziges <strong>An</strong>sehen genießt,<br />

wird ja nicht um seiner selbst, willen ausgefochten — trotz<br />

aller polemischen Freu<strong>de</strong>, die K.'s Satire zu einer unvergleichlich<br />

genußvollen Dichtung macht. Es könnte sonst wohl auch nicht<br />

sein, daß diese Aufsätze, in weiträumiger und dauerhafter Buchform,<br />

sich über <strong>de</strong>n Tag und <strong>de</strong>n <strong>An</strong>laß hinaus behaupten. Aber<br />

nicht nur, daß die Satire als Kunstwerk lebendig bleibt und mit<br />

<strong>de</strong>n Jahren immer noch lebendiger wird, zeugt für ihren konstruktiven<br />

Eigenwert. Wer heute — von <strong>de</strong>r »Demolierten Literatur« an<br />

bis zum »Traumstück« — die Lebensarbeit K.'s überblickt, muß<br />

die große Einheit dieses in Bücherreihen sich türmen<strong>de</strong>n Werks<br />

erschauen, das immer Kampf, immer aber auch Dienst war: Dienst<br />

an <strong>de</strong>r gottgeschaffenen Natur, die gegen beschmutzen<strong>de</strong>n Zugriff<br />

zu schützen K. die Qual <strong>de</strong>s eifern<strong>de</strong>n, zornigen Priesters auf<br />

sich genommen hat.<br />

Es gehörte eine gewaltige geistige und sittliche Kompetenz dazu,<br />

sich dieses Berufs zu vermessen. K. besaß sie: die eine Kraft eines<br />

Ingeniums, <strong>de</strong>m bei Betrachtung <strong>de</strong>r geringsten, im Tagesbericht<br />

versteckten Episo<strong>de</strong> letzte Folgen offenbar wur<strong>de</strong>n, die an<strong>de</strong>re<br />

durch freiwilligen Verzicht auf die literarischen und gesellschaftlichen<br />

Ehren, die ihm seine einzigartigen Gaben, weltläufig angewen<strong>de</strong>t,<br />

schon in seinen jüngsten Jahren hätten eintragen müssen.<br />

Er zog es vor, seine »Fackel« herauszugeben, die sich bald in je<strong>de</strong>r<br />

Hinsicht von aller übrigen Zeitschriftenliteratur unterschied,<br />

nicht nur dadurch, daß sie auf die legalste finanzielle Unterkellerung<br />

verzichtete, Abonnenten lieber verscheuchte als warb, son<strong>de</strong>rn<br />

auch durch die Auswahl <strong>de</strong>r Mitarbeiter, die <strong>de</strong>r Herausgeber<br />

nicht in <strong>de</strong>n Reihen beliebter, son<strong>de</strong>rn unpopulärer Autoren<br />

suchte, bis er schließlich auch diese entfernte und das Amt <strong>de</strong>s<br />

Schreibers, Redakteurs und Verlegers in seiner Person vereinigte.<br />

So ist er in einer wahrhaft glänzen<strong>de</strong>n Isolierung durch die Dezennien<br />

geschritten, sich selbst vom Literaturbetrieb hartnäckig abson<strong>de</strong>rnd,<br />

durch diese freigewählte Abseitsstellung aber auch wie<br />

niemand an<strong>de</strong>rer befähigt, jegliche Erscheinung, die ihm ins Blickfeld<br />

geriet, vor sein Gericht zu ziehen. Er war in <strong>de</strong>r benei<strong>de</strong>nswerten<br />

Lage, nur dann sprechen zu müssen, wenn er aus innerstem<br />

<strong>An</strong>trieb zu sprechen hatte. Daß er in einem Vierteljahrhun<strong>de</strong>rt<br />

zu hun<strong>de</strong>rten von Ereignissen seinen Kommentar gegeben,<br />

mit hun<strong>de</strong>rten von Menschen, und mit manchen davon hun<strong>de</strong>rtfäl-

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