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Daß hie und da eine Geistreichigkeit (mühsam genug mag sie ausgebrütet<br />

sein) gesagt wird und eine Figur, wie die <strong>de</strong>s tuberkulösen<br />

Kin<strong>de</strong>s, ergreift — nun, es hört ja auch alles auf, wenn auf einer<br />

Berliner Bühne ein Stück nur aus Unmöglichkeiten bestän<strong>de</strong>!<br />

— —<br />

Das Rufzeichen an <strong>de</strong>r Wand gehört natürlich <strong>de</strong>m Original und drückt<br />

offenbar (nebst meiner eigenen Schand) nichts an<strong>de</strong>res als Kretinismus aus<br />

und zwar <strong>de</strong>n bekannten, <strong>de</strong>r je<strong>de</strong> Wand mit Irgen<strong>de</strong>twas versehen muß, mit<br />

Attributen <strong>de</strong>r politischen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r sonstigen Männlichkeit. Es verdrießt ihn<br />

wohl auch, daß da nicht das Bild Lu<strong>de</strong>ndorffs an <strong>de</strong>r Wand hängt. Im Weitern<br />

spricht dieses Spreepferd von <strong>de</strong>r Imago als von einer »blutleeren Singsang—<br />

Sprecherin«. Und mir soll die Schamröte ins Gesicht steigen!<br />

Ein Blatt, das sich kurzweg 'Der Deutsche' nennt und das mit Recht<br />

(heißts im »Faust«):<br />

Eine Huldigung, vielleicht auch ein Akt <strong>de</strong>r Dankbarkeit für K. K.,<br />

<strong>de</strong>n Herausgeber <strong>de</strong>r Wiener »Fackel«, <strong>de</strong>r mit seinen Vorlesungen<br />

das Wun<strong>de</strong>r zuwege gebracht hat, das Haus in <strong>de</strong>r südlichen<br />

Friedrichstraße für ein paar Aben<strong>de</strong> bis auf <strong>de</strong>n bekannten »letzten<br />

Platz« zu füllen. Nun soll er auch als Dramatiker triumphieren.<br />

— —<br />

— — Im »Traumtheater« sitzen bei abendlicher Lampe <strong>de</strong>r Dichter<br />

und <strong>de</strong>r Regisseur beisammen, ungefähr wie Tasso und <strong>An</strong>tonio.<br />

Er ganz hingenommen, ganz hingegeben an die Schauspielerin,<br />

die ihm Inbegriff aller Schönheit und Seligkeit, Vollendung aller<br />

menschlichen I<strong>de</strong>ale ist. Der Regisseur erhebt Zweifel, macht Vorbehalte<br />

und führt <strong>de</strong>m Schwärmer in einer Kette von Traumbil<strong>de</strong>rn<br />

die Wirklichkeit vor: wie die Geliebte als Titania erst einen<br />

»alten Esel«, einen verliebten Parkettbesucher, dann als Hero<br />

einen nicht weniger in sie verknallten Gymnasiasten in ihrer Gar<strong>de</strong>robe<br />

empfängt und bei<strong>de</strong> Male mit ihrer dankbaren Zärtlichkeit<br />

nicht knausert. Der Dichter träumt, <strong>de</strong>r Dichter sieht es, aber <strong>de</strong>r<br />

Regisseur wird mit seiner Kur <strong>de</strong>nnoch abgewiesen: so muß, so<br />

soll es sein, ihre Welt ist die Phantasie, seine <strong>de</strong>r Gedanke — je<br />

freier sich bei<strong>de</strong> ausleben, <strong>de</strong>sto inniger wer<strong>de</strong>n sie sich vermählen.<br />

Zwischen Illusion und Wirklichkeit gibt es für <strong>de</strong>n Dichter keine<br />

Kluft. Artige, zuweilen funkeln<strong>de</strong>, von hohen Vorbil<strong>de</strong>rn geschulte<br />

Verse; das Ganze aber eine Spielerei mit Begriffen und<br />

Vorstellungen, die zu keiner geistigen, geschweige <strong>de</strong>nn dramatischen<br />

Gestaltung kommt.<br />

Im »Traumstück« braucht <strong>de</strong>r Dichter <strong>de</strong>n Regisseur nicht mehr;<br />

er schafft sich mit <strong>de</strong>r Suggestionskraft eines wohl geistreichen,<br />

aber auch einschläfern<strong>de</strong>n Monologes, für <strong>de</strong>n Goethe seinen<br />

Faust im Studierzimmer nicht vergebens gedichtet hat, selbst seine<br />

Visionen, Bil<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m Chaos <strong>de</strong>r Kriegs— und Nachkriegszeit,<br />

<strong>de</strong>m großen »Blut— und Koterbrechen« — ohne solche Klosett—<br />

und Lazarett—Ausdrücke geht es nun mal bei unseren pazifistischen<br />

Dichtern nicht, für alles Hel<strong>de</strong>n— und Schicksalhafte<br />

sind sie mit Blindheit geschlagen. Man weiß schon im voraus, was<br />

da aufgezogen wer<strong>de</strong>n wird: <strong>de</strong>r General als Blutsäufer, <strong>de</strong>r Techniker<br />

als patentierter Massenmör<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r Journalist als Schlachtberichttrompeter,<br />

das halbverhungerte Proletarierkind als <strong>An</strong>klä-<br />

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