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stehen<strong>de</strong>r Prostituierten« befand, soll vermutlich doch so etwas durchblicken<br />

lassen, wie die Weisung, daß man sich da die Folgen selber zuzuschreiben<br />

hat. Aber erfahrungsgemäß haben nebst <strong>de</strong>n geheimen Prostituierten — immer<br />

noch besser als die geheimen Räte — auch die überhaupt nicht Prostituierten<br />

die Sittenpolizei wegen <strong>de</strong>r bekannten »Mißgriffe« zu fürchten, ganz<br />

abgesehen davon, daß sogar die unter sittenpolizeilicher Kontrolle stehen<strong>de</strong>n<br />

Prostituierten bedroht sind, weil <strong>de</strong>r Geschlechtsverkehr auch <strong>de</strong>n Normen<br />

<strong>de</strong>s Straßenverkehrs unterworfen ist und weil es da viele Verbote gibt, die die<br />

eine Erlaubnis wesentlich schmälern. Da somit tunlichst verboten ist, was gefällt,<br />

so bleibt vom ganzen Geschlechtsleben eigentlich nur die Sittenpolizei<br />

übrig, <strong>de</strong>ren Verbreitung die Menschheit mit weit größerem Schrecken erfüllt<br />

als die Syphilis, und die, wie sich an diesem Fall herausstellt, selbst ohne Berührung<br />

Folgen für die Gesundheit haben kann.<br />

Glossen<br />

SEIPEL UND DIE RAZZIEN<br />

Wenn <strong>de</strong>r Polizei <strong>de</strong>r Vorwurf gemacht wird, daß sie die schreckliche<br />

Einrichtung <strong>de</strong>r Razzien habe, so muß erwi<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n, daß<br />

die Polizei diese Bezeichnung gar nicht kennt.<br />

Sagte Herr Seipel, <strong>de</strong>n ich im Gegensatz zu einem oppositionellen Tadler<br />

seines Gefühlsmangels nicht für einen »Mann von höchsten geistigen Qualitäten,<br />

von <strong>de</strong>m stärksten Verstan<strong>de</strong>« halte. Denn selbst als christlicher Dreh<br />

wür<strong>de</strong> die Negierung <strong>de</strong>r Einrichtung durch die Negierung <strong>de</strong>r Bezeichnung<br />

zu dürftig sein. Was ist ein Name, was uns Razzia heißt, wie es auch hieße,<br />

wür<strong>de</strong> lieblich duften. Aber dazu kommt, daß Herr Seipel hier <strong>de</strong>n jesuitischen<br />

<strong>An</strong>for<strong>de</strong>rungen höchstens durch ein Minimum an Wahrheitsliebe gerecht<br />

wird, in<strong>de</strong>m ja die Polizei »diese Bezeichnung« sehr wohl kennt. Die Bezeichnung<br />

»Frauensperson« habe ich ihr bereits abgewöhnt. Im dreißigsten<br />

Jahrgang <strong>de</strong>r Fackel hoffe ich feststellen zu können, daß sie nicht mehr von<br />

Razzien spricht; im fünfzigsten: daß sie nicht mehr weiß, was das ist. Und<br />

später einmal, daß Herr Seipel die Wahrheit, sagen wir, vorausgesagt hat.<br />

46<br />

* * *<br />

KLAGE DES LIBERTINERS<br />

Der große Prozeß fin<strong>de</strong>t hinter verschlossenen Türen statt ... <strong>de</strong>r<br />

Gitterschleier bleibt vor <strong>de</strong>m verzerrten <strong>An</strong>tlitz einer entarteten<br />

Gesellschaft. Die Öffentlichkeit wird ausgewiesen, genau so wie<br />

die Mil<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>m Paragraphennetz ... es trat nur zu altem Staub<br />

neuer hinzu. Die Publizistik wird über die einzelnen Prozeß nicht<br />

berichten können. Die Gewissenskontrolluhr <strong>de</strong>r Öffentlichkeit<br />

wird abgestellt ... kein Vorurteilsloser wird in das Grenzgebiet<br />

hineinleuchten können, das ererbte Grausamkeit mit erotischer<br />

Sensationsgier verbin<strong>de</strong>t ... die Rätsel sollen ebenso ungelüftet<br />

bleiben wie die Schlafzimmer <strong>de</strong>r Kadivec ... bloß weil das weite<br />

Land <strong>de</strong>r Sexualität ewig verhängt bleiben soll ... Nur dort, wo <strong>de</strong>r<br />

Mensch sich selbst angehört, wo das Dunkle in ihm zur Helle

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