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sen unversöhnlich, mit <strong>de</strong>m Grimm <strong>de</strong>s reißen<strong>de</strong>n Löwen fiel er<br />

die Großen <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> an und gab sie nie mehr frei. Seine Stimme<br />

blieb im Papier ungebändigt, in <strong>de</strong>r Re<strong>de</strong> fort und forttönend, ein<br />

Flammenwerfer gegen die Dummheit auf tausend Thronen. Dem<br />

kühnen Fackelträger einer Menschengeneration bringt die Jugend<br />

ihren Jubel, das Alter seinen Dank entgegen, die Mitwelt will sich<br />

aber noch lange ihres Führers freuen.<br />

Nun, die Erziehung <strong>de</strong>r Richter halte ich für eine meiner geringsten<br />

Leistungen und auf die jungen Staatsanwälte, die heimlich unter <strong>de</strong>r <strong>An</strong>klagebank<br />

die Fackel lasen, bin ich wahrhaftig nicht stolz. Heute, wo sie erwachsen<br />

sind und wo wir es tagtäglich erleben, daß <strong>de</strong>r Talar so ziemlich alles birgt,<br />

was wir schon im Zivilkleid hassenswert fin<strong>de</strong>n, kann ich beim besten Willen<br />

zu ihren Gunsten nichts an<strong>de</strong>res sagen, als daß man nicht generalisieren darf.<br />

Und das räume ich doch sogar <strong>de</strong>n Generalen ein.<br />

'Die neue Wirtschaft', Wiener Organ für Finanzpolitik und Volkswirtschaft,<br />

II. 19:<br />

Väter und Söhne.<br />

Von Prof. Dr. Max Graf.<br />

Vor kurzem wur<strong>de</strong> in Wien <strong>de</strong>r fünfzigste Geburtstag K. K.'s gefeiert<br />

und das literarische Haus <strong>de</strong>s starken Schriftstellers mit Lorbeer<br />

und Blumen bekränzt. Jahrelang viel verlästert, zum Lokalsatiriker<br />

hinabgesetzt, totgeschwiegen, sieht sich K. K. heute sogar<br />

von einem Teil <strong>de</strong>r Wiener Zeitungen gefeiert, <strong>de</strong>nen sein kämpferischer<br />

Zorn gegolten hat, <strong>de</strong>nn Ruhm ist eine Macht und K. K. ist<br />

ein berühmter Mann gewor<strong>de</strong>n gegen <strong>de</strong>n Willen eines großen<br />

Teiles <strong>de</strong>r Wiener Gesellschaft, <strong>de</strong>ren Wür<strong>de</strong>menschen, Reklamejägern,<br />

angemaßten Autoritäten er die Masken vom Gesicht gezogen,<br />

gegen <strong>de</strong>n Willen <strong>de</strong>r Zeitungen, <strong>de</strong>ren papierenes Hohepriestertum<br />

er nicht anerkannt hat, gegen <strong>de</strong>n Willen <strong>de</strong>r kompakten<br />

Majorität, <strong>de</strong>r er als Einzelner gegenübergetreten ist. Wiener<br />

Ruhm ist im allge<strong>meinen</strong> Gesellschaftsruhm. Alles hängt hier zusammen,<br />

ist verban<strong>de</strong>lt, assekuriert sich durch gegenseitiges Lob,<br />

ist glatt, gefällig, liebedienerisch, man lebt in einer Stadt, in <strong>de</strong>r<br />

feste Charaktere wie Kürnberger sofort in einen Winkel gedrängt<br />

wer<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>r das mutige Wort mit Totschweigen bestraft wird.<br />

— — Wehe, wenn in dieser Stadt <strong>de</strong>r Gefälligkeiten einer aufsteht,<br />

<strong>de</strong>r bei diesem Spiel nicht mittun will! Er wird verfehmt, verbannt,<br />

»nicht gedacht soll seiner wer<strong>de</strong>n« und die großen Zeitungen,<br />

welche je<strong>de</strong>n gefälligen Feuilletonisten, je<strong>de</strong>n glatten, mittelmäßigen<br />

Schreiber bei Lebzeiten dithyrambisch preisen und nach<br />

<strong>de</strong>m Tod feierlich aufbahren, haben für <strong>de</strong>n starken unabhängigen<br />

Charakter nur ein Stillschweigen.<br />

Karl Kraus hat es gewagt. Er könnte heute in <strong>de</strong>r »Neuen Freien<br />

Presse« <strong>de</strong>r Nachfolger Daniel Spitzers sein, die Gesellschaften alter<br />

und neuer Kreise wür<strong>de</strong>n sich um ihn als Tafelputz reißen,<br />

sein neuestes Witzwort wür<strong>de</strong> durch Wien getragen, <strong>de</strong>r Meister<br />

<strong>de</strong>s Stils gepriesen wer<strong>de</strong>n. Er hat es vorgezogen, Karl Kraus zu<br />

bleiben, ein Kämpfer gegen alle Talmifassa<strong>de</strong>n seiner Stadt, ein<br />

Kämpfer gegen alles Unechte, Hohle, Ver<strong>de</strong>rbte seiner Zeit. Nie-<br />

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