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Ein Pyrrhussieg <strong>de</strong>r »Truppe«.<br />
»Seit<strong>de</strong>m Dramaturgie die Wissenschaft <strong>de</strong>r Langeweile gewor<strong>de</strong>n<br />
ist … « So beginnt ein Aufsatz im Programmhefte zu Karl Krauß'<br />
gestern uraufgeführten Traumspielen.<br />
Dramaturgie — die Wissenschaft <strong>de</strong>r Langeweile! Ach verehrter<br />
Herr Kanzlist <strong>de</strong>r »Truppe«, da ist Ihnen wohl Diebolds gar nicht<br />
»langweilige« dramaturgische Zeitbetrachtung »<strong>An</strong>archie im Drama«<br />
noch unbekannt? Zeigen Sie dies Buch doch einmal Herrn<br />
Krauß. Wenn Sie mir dann mel<strong>de</strong>n, Herrn Krauß sei dabei die<br />
Schamröte ins Gesicht gestiegen — dann will ich noch einmal mit<br />
gutem Glauben das Haus in <strong>de</strong>r Friedrichstraße 236 besuchen;<br />
sonst aber empfin<strong>de</strong> ich gerechte Scha<strong>de</strong>nfreu<strong>de</strong> über Herrn Viertels<br />
dank guter Claque überaus »erfolgreiche«, aber fast mit <strong>de</strong>m<br />
Verlust seines künstlerisch—direktorialen <strong>An</strong>sehens (in <strong>de</strong>n Augen<br />
dramaturgisch—verantwortungsvoller Menschen) erkaufte Karl—<br />
Krauß—Aufführungen »Traumtheater« und »Traumstück«.<br />
*<br />
Der Dichter glaubt an eine Schauspielerin. Da es einem Regisseur<br />
nicht gelingt, ihn im Gespräch von diesem Wahn zu befreien, wird<br />
er plötzlich gespenstisch und zeigt ihm, <strong>de</strong>m Dichter, in einem<br />
mephistophelisch inspirierten Traumspiel seine Verehrte: wie sie<br />
»in Wirklichkeit« ist, als — Dirne, die sich je<strong>de</strong>m gibt, wie er sie<br />
haben will. Und zeigt ihn selbst als <strong>de</strong>n genasführten reinen Toren.<br />
Der Dichter erwacht — ist aber immer noch nicht klug gewor<strong>de</strong>n.<br />
Mit einem Hopser gehen wir ins zweite Stück hinüber: Der Dichter<br />
erweitert sein Leid um die Schauspielerin zum Leid um die<br />
ganze Welt. In einer Traumrevue sieht er Krieg, Zeitverrohung,<br />
Kriegsgewinnlerei, Vergnügungssucht, Fischerei im Trüben, romantische<br />
Gesundungsversuche, zynisch—mitleidlose Seelenzerspaltung<br />
an sich vorüberziehen und schreit seine Erlösungssehnsucht<br />
aus ...<br />
*<br />
Im ganzen und großen: von <strong>de</strong>m dramatischen Gehalt, wie wir ihn<br />
an dieser Stelle oft dargelegt haben, ist nichts, aber auch nichts,<br />
zu spüren. —— Und mehr im einzelnen betrachtet? Im ersten Teil<br />
wird die an und für sich so verantwortungstiefe Frage nach Kunst<br />
und Sittlichkeit <strong>de</strong>r Schauspielerin aufgerollt, aber mit banalster<br />
Fortführung verwischt. Übrigens ist diese Schauspielerin ein ärmlich<br />
lockerer Übergang zum zweiten Teil. Sie ist hier ein sprechen<strong>de</strong>s<br />
Bild an <strong>de</strong>r Wand (!) und so etwas wie ein regieren<strong>de</strong>r Lebensgott.<br />
— Sonst möchte <strong>de</strong>r Grundgedanke <strong>de</strong>s zweiten Teils wohl<br />
<strong>de</strong>r sein: ein Faust von 1918. Hat es aber bei Leibe nicht wer<strong>de</strong>n<br />
können! Son<strong>de</strong>rn ward nur ein unglücklich Phrasengedresch. Und<br />
dieses Fausts Traumgesicht? Irrenphantasterei! Erbärmliches<br />
Harlekina<strong>de</strong>n—Geschwätz! Das, was Diebold <strong>de</strong>n Dramatikern unseres<br />
Zeitalters vorwirft: Verführung durch die unverstan<strong>de</strong>nen<br />
Strindberg und We<strong>de</strong>kind — hier haben wir ein krassestes Exempel!