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Verwaltungsrecht I - Studentische Organisationen Uni Luzern

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Leistung nur mittelbar der Verfolgung öffentlicher Interessen dient. Z.B. Energielieferungsvertrag der beidseitig ausgehandelt<br />

wurde, Transportvertrag im öffentlichen Verkehr oder bei der Post. 4<br />

Bezüglich des privatrechtlichen Handelns des Staates interessiert vor allem die Zweistufentheorie. Wenn der Staat privatrechtlich<br />

handelt - insbesondere beim öffentlichen Beschaffungswesen - geht der Staat zweistufig vor: In der ersten Stufe entscheidet<br />

er nach öffentlichen Recht über die Arbeitsvergebung in einer Verfügung (z.B. im Baurecht: Was wird gebaut? Wer<br />

erhält den Zuschlag?). Diese Verfügung kann (neu) nach öffentlichen Recht bei einer Verwaltungsbehörde angefochten werden,<br />

v.a. durch Private, die nicht zum Zuge gekommen sind. Aufgrund dieser Verfügung erfolgt in einem zweiten Schritt der privatrechtliche<br />

Vertrag (Werk-/Kaufvertrag/Auftrag). Erst wenn die Verfügung rechtskräftig ist, darf der privatrechtliche Vertrag<br />

abgeschlossen werden.<br />

Diese Zweistufentheorie ist erst seit der Einführung des GATT durch die WTO geltendes Recht in Bund und Kantonen. Sie<br />

hat das Ziel, die nationalen Barrieren im öffentlichen Beschaffungswesen abzubauen.<br />

Fraglich ist, ob der Staat (und die mit Verwaltungsaufgaben betrauten <strong>Organisationen</strong>) bei privatrechtlicher Tätigkeit die<br />

Grundrechte berücksichtigen muss (die Privaten kennen diesbezüglich ja die Privatautonomie). Im Grundsatz wird diese Frage<br />

bejaht, doch im Detail ist noch vieles ungeklärt.<br />

Beispiel Häfelin/Müller Randziffer Nr. 296: Landwirte haben die (öffentlich-rechtliche) Pflicht die Milch an einer bestimmten<br />

Milchsammelstelle abliefern. Der Bund hat im Gegenzug dazu eine Abnahmepflicht. Zwischen den Milchsammelstellen<br />

und den Milchproduzenten besteht ein privatrechtlicher Vertrag. Eine Milchsammelstelle hat gewisse Bauern, die in einem<br />

bestimmten Verein waren, bevorzugt und einen höheren Preis pro Liter Milch bezahlt. Das Bundesgericht hat dies für<br />

unzulässig erklärt, weil die Milchsammelstelle (die mit öffentlichen Aufgaben betraut wurde) trotz privatrechtlicher Tätigkeit<br />

an die Grundrechte (i.c. an die Rechtsgleichheit) gebunden ist.<br />

III. Übernahme von Begriffen und Normen des Privatrechts ins <strong>Verwaltungsrecht</strong><br />

Die Möglichkeiten sind:<br />

• Anknüpfung des <strong>Verwaltungsrecht</strong>s an privatrechtliche Tatbestände. (z.B. werden Schenkungssteuern erhoben, wenn eine<br />

Schenkung im privatrechtlichen Sinne vorliegt)<br />

• Verweisung des <strong>Verwaltungsrecht</strong>s auf Normen des Privatrechts: Eine Bestimmung des Privatrechts wird zu öffentlichem<br />

Recht erklärt. (so wird z.B. für gewisse Voraussetzungen der Staatshaftungen auf die Voraussetzungen der privatrechtlichen<br />

Deliktshaftung verwiesen)<br />

• Analoge Anwendung des Privatrechts zur Lückenfüllung im öffentlichen Recht: Lückenfüllung nach privatrechtlichen Regeln,<br />

wenn keine öffentlich-rechtlichen Regelungen vorliegen, die analog angewendet werden können.<br />

§ 6 Zeitlicher und Räumlicher Geltungsbereich des <strong>Verwaltungsrecht</strong><br />

I. Zeitlicher Geltungsbereich<br />

Das Inkrafttreten eines Erlasses bedeutet den Beginn der rechtlichen Wirkungen eines Erlasses. Aus rechtsstaatlichen Gründen,<br />

insbesondere im Hinblick auf die Rechtssicherheit, gilt der Grundsatz, dass Recht setzende Erlasse erst nach ihrer Publikation<br />

in der Gesetzessammlung für Private verbindlich werden.<br />

Ausserkraftreten: Befristete Erlasse treten mit Ablauf dieser Frist ausser Kraft. Unbefristete Erlasse können durch spätere<br />

Erlasse gleicher oder höherer Stufe aufgehoben werden. Dabei ist zwischen formeller und materieller Au,ebung zu unterscheiden:<br />

• Eine formelle Au,ebung liegt vor, wenn ein Erlass gleicher oder höherer Stufe einen älteren Erlass ausdrücklich als aufgehoben<br />

erklärt. Bei Ausserkrafttreten das jüngeren Erlasses lebt der ältere Erlass nicht wieder auf.<br />

• Eine materielle Au,ebung liegt vor, wenn sich ein neuer Erlass mit älteren Recht deckt oder diesem widerspricht. Ob dies<br />

zutrifft ist durch Auslegung zu ermitteln. Bei einer materiellen Au,ebung wird das ältere Recht nicht beseitigt und lebt wieder<br />

auf, wenn der jüngere Erlass später formell aufgehoben wird.<br />

4 Diese Transportverträge sind nach den Abgrenzungstheorien zwischen öffentlichen und privaten Recht eigentlich eher als öffentlich-rechtlich einzustufen<br />

(Bezüglich Tarife besteht ein Subordinationsverhältnis, es wird das öffentliche Interesse an der Mobilität befriedigt). Das Gesetz sieht jedoch<br />

ausdrücklich vor, dass es sich hier um privatrechtliche Verhältnisse handelt.<br />

<strong>Verwaltungsrecht</strong> I: Zusammenfassung Seite 10

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