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Verwaltungsrecht I - Studentische Organisationen Uni Luzern

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Rechtsmissbrauchsverbotes und muss im Rahmen der Gleichberechtigung auch für den Fall von Art. 17 ANAG gelten. Somit<br />

hat das BGer die Argumentation der Fremdenpolizei gestützt.<br />

§ 5 <strong>Verwaltungsrecht</strong> und Privatrecht<br />

I. Abgrenzung von öffentlichen Recht und Privatrecht<br />

Die Unterscheidung zwischen Privatrecht und <strong>Verwaltungsrecht</strong> ist notwendig, weil die Unterscheidung an unterschiedliche<br />

Rechtsfolgen knüpft: Der Rechtsschutz ist unterschiedlich ausgestaltet; im <strong>Verwaltungsrecht</strong> gilt das Legalitätsprinzip und<br />

im Privatrecht der Grundsatz der Privatautonomie; die Haftung ist unterschiedlich geregelt. Auf die Unterscheidung zwischen<br />

<strong>Verwaltungsrecht</strong> und Privatrecht kann also nicht verzichtet werden.<br />

Nicht massgebend für die Unterscheidung zwischen den beiden Rechtsgebieten ist der Fundort einer Norm (Nicht alle<br />

Normen im ZGB sind privatrechtlicher Natur). Ausschlaggebend ist auch nicht der zwingende Charakter. Denn auch im Privatrecht<br />

gibt es nicht wenige zwingende Normen (z.B. Art. 27 ZGB oder Art. 20 OR). Ebenfalls abzulehnen ist die Fiskustheorie;<br />

gemäss ihr sollen alle vermögensrechtlichen Ansprüche der Privaten gegen das Gemeinwesen dem Privatrecht unterstehen.<br />

Nicht weiter hilft sodann auch die Subjektstheorie, wonach ein Rechtsverhältnis als öffentlich-rechtlich gilt, sobald der Staat<br />

oder eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft beteiligt ist.<br />

Massgebliche Kriterien für die Unterscheidung zwischen den beiden Rechtsgebieten sind:<br />

• Subordinationstheorie (Subjektions-, Mehrwertstheorie): Nach der Subordinationstheorie liegt öffentliches Recht vor, wenn<br />

der Staat dem Privaten übergeordnet ist.<br />

• Interessentheorie: Nach der Interessentheorie gehören dem öffentlichen Recht diejenigen Rechtsnormen an, die ausschliesslich<br />

oder vorwiegend öffentliche Interessen wahrnehmen.<br />

• Funktionstheorie: Nach der Funktionstheorie ist öffentlich-rechtlich eine Rechtsnorm, welche die Erfüllung einer öffentlichen<br />

Aufgabe oder die Ausübung einer öffentlichen Tätigkeit regelt.<br />

• Modale Theorie: Nach der modalen Theorie ist eine Regelung dann dem öffentlichen Recht zuzuordnen, wenn die damit<br />

verbundene Sanktion öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist.<br />

Lehre und Praxis wenden die Kriterien kombiniert im Sinne eines Methodenpluralismus auf einen Einzelfall an.<br />

Beispiel: Die S AG betreibt eine Druckerei welche von den Gemeindewerken elektrische Energie bezieht. Anlässlich von Reparaturarbeiten<br />

bei einem Stromunterwerk kommt es zu einem Stromausfall von 30 min. Wie muss die S AG vorgehen wenn sie<br />

Schadenersatz von den Gemeindewerken verlangen möchte?<br />

Hier kommt es entscheidend darauf an, ob es sich um ein privatrechtliches oder öffentlich-rechtliche Verhältnis zwischen der S<br />

AG oder den Gemeindewerken handelt. Insbesondere ist die Subordinationstheorie fraglich: Wenn die Bedingungen von den<br />

Elektrizitätswerken einseitig vorgegeben wurden (insbesondere der Stromtarif), dann besteht ein Subordinationsverhältnis welches<br />

für eine öffentlich-rechtliche Abwicklung der Schadenersatzansprüche (Staatshaftung) spricht. Wenn Hingegen die Bedingungen<br />

bilateral ausgehandelt wurden (bei Grossbezügern von Strom oft der Fall ist) dann besteht Koordinationsverhältnis. In<br />

diesem zweiten Fall müsste die S AG ihre Schadenersatzansprüche aufgrund privatrechtlicher Vertragshaftung oder Deliktshaftung<br />

vor einem Zivilgericht geltend machen.<br />

19. April 2006<br />

Das Bundesgericht wendet die Subordinations-, Interessen- und Funktionstheorie sowie die modale Thoerie für die Abgrenzung<br />

zwischen öffentlichen und Privatrecht ähnlich an, wie dies bei den Auslegungselementen mit dem “Methodenpluralismus”<br />

der Fall ist. Dass heisst, es gibt keinen Rang der Theorien, sondern sie werden wertend gegeneinander abgewägt.<br />

weitere Beispiele der Abgrenzung<br />

Häfelin/Müller Randziffer Nr. 266: Das Verwaltungsgericht Zürich ist zum Schluss gekommen, dass es sich beim Verhältnis<br />

Tierspital-Private um ein privatrechtliches handelt. Zuerst hat das Verwaltungsgericht die Funktionentheorie angewendet: Es<br />

gehe in diesem Tierspital in erster Linie um die Ausbildung von Tierärzten und nicht um die Behandlung von Tieren (welche<br />

sozusagen nebenbei als privatwirtschaftlicher Nebenerwerb betrieben wird). In diesem Fall hat das Verwaltungsgericht auch die<br />

<strong>Verwaltungsrecht</strong> I: Zusammenfassung Seite 8

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