Verwaltungsrecht I - Studentische Organisationen Uni Luzern
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II. Rechtsgrundlage<br />
Nach Art. 5 Abs. 2 BV muss alles staatliches Handeln im öffentlichen Interesse liegen. Dieser Grundsatz stellt aber kein verfassungsmässiges<br />
Recht der Privaten dar;<br />
Weitere Bedeutung hat der Begriff des öffentlichen Interesses im Rahmen von Art. 36 Abs. 2 BV als Voraussetzung für Grundrechtseinschränkungen,<br />
sowie in zahlreichen weiteren Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen.<br />
III. Geltungsbereich<br />
Der Grundsatz des öffentlichen Interesses bindet in umfassender Weise alle drei Staatsgewalten. Der Grundsatz des öffentlichen<br />
Interesses gilt für das gesamte <strong>Verwaltungsrecht</strong>, nicht nur die Eingriffsverwaltung, sondern auch für die Leistungsverwaltung.<br />
IV. Abwägung zwischen verschiedenen Interessen<br />
Der Verwirklichung bestimmter öffentlicher Interessen können im Einzelfall private oder andere öffentliche Interessen entgegenstehen.<br />
Im Falle einer derartigen Interessenkollision muss eine wertende Gegenüberstellung und eine Interessenabwägung<br />
stattfinden.<br />
Die Abwägung zwischen öffentlichem und betroffenen privaten Interesse erfolgt im Allgemeinen im Zusammenhang mit der<br />
Anwendung des Verhältnismässigkeitsprinzips.<br />
Das Problem des Abwägens zwischen einander entgegenstehenden öffentlichen Interessen stellen sich sich auch im Zusammenhang<br />
mit Praxisänderungen und beim Schutz des Vertrauens in das Verhalten staatlicher Behörden, insbesondere bei unrichtigen<br />
Auskünften:<br />
• bei Praxisänderungen kollidieren das öffentliche Interesse, dass eine Rechtssprechung aufrechterhalten wird (Rechtssicherheit)<br />
und das öffentliche Interesse daran, das Gesetze richtig angewendet werden (Legalitätsprinzip).<br />
• beim Schutz des Vertrauens in das Verhalten staatlicher Behörden (insbesondere bei unrichtigen Auskünften) kollidieren das<br />
öffentliche Interesse daran, dass das berechtigte Vertrauen in eine Vertrauensgrundlage aufrechterhalten wird (Vertrauensschutz)<br />
und das öffentliche Interesse an der richtigen Rechtsanwendung (Legalitätsprinzip)<br />
Beispiel Häfelin/Müller Randziffer Nr. 572: Im Widerstreit stehen die öffentlichen Interessen an Landschaftsschutz und<br />
preisgünstiger Energieversorgung. Den Ausschlag für das zweite Kriterium gegeben hat das Kriterium der präjudiziellen Wirkung<br />
für zukünftige Fälle. Müssten die elektrischen Anlagen aus Gründen des Landschaftsschutzes immer in den Boden verlegt<br />
werden, würde dies die Energieversorgung sehr verteuern.<br />
Beispiel Häfelin/Müller Randziffer Nr. 574: Im Widerstreit stehen die öffentlichen Interessen an Denkmalpflege und Erfüllung<br />
der Aufgaben der Eisenbahnunternehmungen.<br />
§ 10 Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit<br />
I. Definition des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit<br />
Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit fordert, dass die Verwaltungsmassnahmen zur Verwirklichung des im öffentlichen Interesse<br />
liegenden Ziels geeignet und notwendig sind. Ausserdem muss der angestrebte Zweck in einem vernünftigen Verhältnis<br />
zu den Freiheitsbeschränkungen stehen, die den Privaten auferlegt werden.<br />
Die Frage nach der Verhältnismässigkeit einer Massnahme stellt sich nur, wenn an ihr überhaupt ein zulässiges öffentliches Interesse<br />
besteht. Zwischen dem Grundsatz des öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit besteht also ein sehr enger<br />
Zusammenhang; das öffentliche Interesse ist unabdingbare Voraussetzung für die Verhältnismässigkeit.<br />
II. Rechtsgrundlage<br />
Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit hat Verfassungsrang. Gemäss Art. 5 Abs. 2 BV muss alles staatliches Handeln verhältnismässig<br />
sein. Das Verhältnismässigkeitsprinzip stellt aber kein verfassungsmässiges Recht der Privaten dar.<br />
<strong>Verwaltungsrecht</strong> I: Zusammenfassung Seite 21