Verwaltungsrecht I - Studentische Organisationen Uni Luzern
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en vor. Lehre und Praxis haben allgemeine Kriterien entwickelt, um diese Abwägung zwischen den beiden Grundprinzipien zu<br />
vereinfachen.<br />
Der Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 9 BV) bedeutet, dass die Privaten Anspruch darauf haben, in ihrem berechtigten<br />
Vertrauen in behördliche Zusicherungen oder in anderes, bestimmte Erwartungen begründendes<br />
Verhalten der Behörden geschützt zu werden.<br />
Die vier Voraussetzungen des Vertrauensschutzes - die nachfolgend vorgestellt werden - sind nichts anderes als eine Rationalisierung<br />
des Abwägungsvorganges zwischen dem Legalitätsprinzip und dem Prinzip von Treu und Glauben. Sie heissen:<br />
• Vertrauensgrundlage: Der Vertrauensschutz bedarf zunächst eines Anknüpfungspunktes. Es muss ein Vertrauenstatbestand,<br />
eine Vertrauensgrundlage vorhanden sein. Darunter ist das Verhalten eines staatlichen Organs zu verstehen, das bei den betroffenen<br />
Privaten bestimmte Erwartungen auslöst. Was im Einzelnen eine Vertrauensgrundlage darstellt oder nicht, ist noch<br />
zu diskutieren.<br />
• Vertrauen in das Verhalten der staatlichen Behörden: Auf Vertrauensschutz kann sich nur berufen, wer von der Vertrauensgrundlage<br />
Kenntnis hatte und ihre allfällige Fehlerhaftigkeit nicht kannte und auch nicht hätte kennen sollen.<br />
• Vertrauensbetätigung: In der Regel kann Vertrauensschutz nur geltend machen, wer gestützt auf sein Vertrauen eine Disposition<br />
getätigt hat, die ohne Nachteil nicht wieder rückgängig gemacht werden kann.<br />
Mit dem Bestehen dieser drei Voraussetzungen ist im Grunde genommen bereits ein Vertrauenstatbestand vorhanden der nach<br />
Treu und Glauben behandelt werden sollte. Aufgrund des entgegenstehenden Legalitätsprinzip wurde jedoch - gewissermassen<br />
als Notventil - die letzte und vierte Voraussetzung eingebaut:<br />
• Abwägung zwischen dem Interesse an Vertrauensschutz und entgegenstehenden öffentlichen Interessen: Selbst wenn die Voraussetzungen<br />
des Vertrauensschutzes erfüllt sind, können sich Private nicht darauf berufen, falls ein überwiegendes öffentliches<br />
Interesse entgegensteht.<br />
VORAUSSETZUNGEN DES<br />
VERTRAUENSSCHUTZES<br />
Vertrauensgrundlage ! Verfügungen / Entscheide<br />
! verwaltungsrechtliche Verträge<br />
! Verwaltungs- und<br />
Gerichtspraxis<br />
! Auskünfte und Zusagen<br />
! genügend bestimmt<br />
! vorbehaltlos<br />
! von zuständiger Behörde<br />
! keine Änderung von Sachverhalt<br />
oder Rechtslage<br />
! grundsätzlich nicht<br />
! Rechtssetzungsakte<br />
(Gesetze / Verordnungen)<br />
! Raumpläne<br />
! Duldung rechtswidriger<br />
Zustände<br />
Vertrauen ! Kenntnis von der<br />
Vertrauensgrundlage<br />
! Nichterkennen einer allfälligen<br />
Fehlerhaftigkeit<br />
Vertrauensbetätigung ! Tätigung von Dispositionen, die<br />
nicht ohne Nachteil wieder<br />
rückgängig gemacht werden<br />
können<br />
! Kausalzusammenhang zwischen<br />
Vertrauen und Dispositionen<br />
Vorbehalt der<br />
Interessenabwägung<br />
! Vorrang der Gesetzmässigkeit<br />
bei überwiegenden öffentl. Int.<br />
auch bei Vorliegen der Vertrauensschutzvoraussetzungen<br />
<strong>Verwaltungsrecht</strong> I: Zusammenfassung Seite 23