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Verwaltungsrecht I - Studentische Organisationen Uni Luzern

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II. Exekutorische Sanktionen<br />

• Schuldbetreibung für öffentlich-rechtliche Geldforderungen<br />

Öffentlich-rechtliche Geldforderungen dürfen grundsätzlich nur auf dem Weg der Schuldbetreibung durchgesetzt<br />

werden.Das Eintreiben solcher Forderungen mittels Ersatzvornahme oder unmittelbaren Zwanges ist unzulässig.<br />

• Ersatzvornahme<br />

Ersatzvornahme bedeutet, dass die Verwaltungsbehörden vertretbare Handlungen, die von Verpflichteten nicht vorgenommen<br />

werden, durch eine amtliche Stelle oder durch einen Dritten auf Kosten der Pflichtigen verrichten lassen (z.B. Das Gemeinwesen<br />

beauftragt einen Unternehmer, eine nicht bewilligte, baurechtswidrige Baute abzureissen). Die Ersatzvornahme<br />

braucht keine gesetzliche Grundlage (weil die verwaltungsrechtliche Pflicht an ihre Stelle tritt) und muss angedroht werden.<br />

• Antizipierte Ersatzvornahme<br />

Eine antizipierte Ersatzvornahme liegt vor, wenn die Verwaltungsbehörde einen polizeiwidrigen Zustand selbst beseitigt, weil<br />

der Störer, der ihn verursacht hat, dazu faktisch gar nicht in der Lage ist. In diesen Fällen besteht keine Pflicht des Störers,<br />

für die Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes zu sorgen, sondern nur die Pflicht zur Bezahlung der Kosten. Eine Verfügung,<br />

welche den Störer zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes verpflichtet, ist also nicht erforderlich. Es braucht<br />

auch keine Androhung der Ersatzvornahme.<br />

• Unmittelbarer Zwang<br />

Als unmittelbaren Zwang bezeichnet man die direkte Einwirkung gegen Personen oder Sachen, um eine gesetzliche Pflicht<br />

oder eine Verfügung durchzusetzen (wie z.B. die Schliessung eines nicht bewilligten Betriebes, die Ausschaffung von Ausländern<br />

oder die Festnahme von Betrunkenen, die die öffentliche Ordnung stören). Besonderes Augenmerk kommt bei dieser<br />

verwaltungsrechtlichen Sanktion die Voraussetzung der Verhältnismässigkeit zu. Zudem ist umstritten, ob es bei dieser exekutorischen<br />

Massnahmen trotz verwaltungsrechtlicher Pflciht eine spezielle gesetzliche Grundlage braucht.<br />

III. Repressive Sanktionen<br />

• Verwaltungssanktionen<br />

Die Verwaltungssanktionen dienen primär der Sanktionierung von Verstössen gegen das <strong>Verwaltungsrecht</strong> und bezwecken<br />

damit dessen Durchsetzung, während das Strafgesetzbuch andere Rechtsgüter schützt. Nach Art. 335 Ziff. 1 StGB sind die<br />

Kantone befugt, die Übertretung kantonaler Verwaltungsvorschriften mit Strafe zu bedrohen. Für die Verhängung von Verwaltungsstrafen<br />

ist grundsätzlich eine ausdrückliche Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinne erforderlich. Bussen finden<br />

dagegen bereits in einer Verordnung eine genügende gesetzliche Grundlage. Zudem setzten Verwaltungsstrafen im Allgemeinen<br />

im Gegensatz zu exekutorischen Massnahmen ein Verschulden voraus.<br />

• Bestrafung wegen Ungehorsams<br />

Die Bestrafung wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen ist eine repressive Sanktion (“Beugestrafe”), die den Adressaten<br />

veranlassen soll, seine Pflichten zu erfüllen. Sie ist in Art. 292 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) geregelt.<br />

Art. 292 StGB gilt nur subsidiär, wenn nicht ein anders Gesetz eine besondere Ungehorsamkeitsstrafe vorsieht. Damit sie zur<br />

Geltung kommt, muss Art. 292 StGB in der Verfügung ausdrücklich zitiert sein.<br />

• Disziplinarische Massnahmen<br />

Disziplinarische Massnahmen sind Sanktionen gegenüber Personen, die in einem Sonderstatusverhältnis (z.B. Beamte, Schüler,<br />

Strafgefangene) oder unter einer besonderen Aufsicht des Staates (z.B. Rechtsanwälte, Medizinalpersonen) stehen. Disziplinarische<br />

Massnahmen sind administrative Sanktionen und damit grundsätzlich keine Strafen im Rechtssinne. Je nach Art<br />

oder Schwere der angedrohten Sanktion ist sie allerdings als strafrechtliche Anklage im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu<br />

qualifizieren, sodass die Verfahrensgarantien dieser Bestimmung anwendbar sind (Beurteilung durch unabhängige Instanz,<br />

Anspruch auf öffentliches Verfahren)<br />

• Administrative Rechtsnachteile<br />

Gelangen Private durch die Missachtung von verwaltungsrechtlichen Vorschriften zu unrechtmässigen Vorteilen, können die<br />

betreffenden Vermögenswerte und Gegenstände (z.B. der Gewinn, der durch die Vermietung von Wohnungen erzielt wurde,<br />

die in Abweichung von bewilligten, baurechtskonformen Plänen erstellt wurden) eingezogen werden. Umgekehrt ist natürlich<br />

auch die Verweigerung von Verwaltungsleistungen denkbar. Doch diese Verweigerung ist problematisch und darf nur in Ausnahmefällen<br />

davon abhängig gemacht werden, ob die Privaten ihre Pflichten gegenüber dem Staat erfüllt haben (so darf z.B.<br />

nicht das Wasser abgedreht werden, wenn die Gebühren nicht bezahlt wurden. Es bleibt nur der Weg über die Betreibung).<br />

<strong>Verwaltungsrecht</strong> I: Zusammenfassung Seite 38

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