Verwaltungsrecht I - Studentische Organisationen Uni Luzern
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Die Grundrechte müssen - trotz privatrechtlicher Regelung - grundsätzlich auch dann gewahrt werden, wenn öffentliche Unternehmungen<br />
in Privatrechtsform handeln. Eine privatautonome Handlungsfreiheit steht diesen <strong>Organisationen</strong> nicht zu. Je<br />
mehr die Privaten auf die Benützung der vom öffentlichen Unternehmen betriebenen Einrichtung angewiesen sind, desto höhere<br />
Anforderungen sind an die sachliche Begründung von Zulassungschranken zu stellen.<br />
II. Spezialgesetzliche Aktiengesellschaften<br />
Weil der Bund kompetent auf dem Gebiet des Zivilrechtes ist, kann er auch spezialgesetzliche Aktiengesellschaften mit<br />
abweichenden Regeln zum OR errichten (z.B. SBB und Swisscom). Auch die Kantone können gestützt auf Art. 763 OR spezialgesetzliche<br />
Aktiengesellschaften schaffen. Somit werden sie unmittelbar durch Gesetzesakt geschaffen. Ihre Organisation<br />
richtet sich nach dem betreffenden Spezialgesetz, den Statuten und allenfalls - ergänzend - den aktienrechtlichen Vorschriften<br />
des OR<br />
III. Gemischtwirtschaftliche Unternehmen<br />
Bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen sind an der Unternehmungsleitung Private und das Gemeinwesen gemeinsam<br />
beteiligt. Im Verwaltungsrat resp. in der Führung sitzen die Vertreter der Privatwirtschaft und des Gemeinwesens.<br />
Die Vertreter des Gemeinwesens haben für die Erfüllung der öffentlichen Interessen zu sorgen und die privaten Vertreter für<br />
die Interessen der Aktionäre. Nicht Voraussetzung für gemischtwirtschaftliche Unternehmungen ist, dass das Gemeinwesen als<br />
Eigentümer (Aktionär) beteiligt ist. (z.B. Swiss, Mustermesse Basel).<br />
Üblich ist die Rechtsform der privatrechtlichen - allenfalls der spezialgesetzlichen - Aktiengesellschaft, weit weniger häufig diejenige<br />
der privat- oder öffentlich-rechtlichen Genossenschaft.<br />
IV. Übertragung von Verwaltungsaufgaben an Private<br />
Das Gemeinwesen kann die Erfüllung öffentlicher Aufgaben auch auf Private oder private Institutionen übertragen. Eine solche<br />
Delegation von Verwaltungsbefugnissen ist nach Lehre und Rechtsprechung zulässig, sofern<br />
• sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, welche die Art der Aufgabenerfüllung durch die Privaten in den Grundzügen<br />
regelt, um sicherzustellen, dass dabei die öffentlichen Interessen ausreichend gewahrt werden.<br />
• die Privaten der Aufsicht des Staates (z.B. Vertretung im Verwaltungsrat) unterstehen und<br />
• gewährleistet ist, dass die Privaten bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten an die Verfassung, insbesondere an die Grundrechte,<br />
gebunden sind. (Im Grundsatz unbestritten, doch bei den Modalitäten bestehen noch viele Unklarheiten).<br />
Dabei gibt es zwei Arten von privaten Rechtsträger zu unterscheiden:<br />
• Monopolkonzession:<br />
Wo der Staat ein unmittelbar rechtliches Monopol besitzt, kann er durch eine Monopolkonzession Privaten das - wohlerworbene<br />
- Recht einräumen, die an sich ausschliesslich dem Staat vorbehaltene wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben.<br />
• Mit Verwaltungsaufgaben beliehene Private:<br />
In Lehre und Rechtsprechung werden Private, denen das Gemeinwesen die Erledigung einer bestimmten staatlichen Aufgabe<br />
in einem verwaltungsrechtlichen Vertrag überträgt, als „Beliehene“ bezeichnet. Die Übertragung solcher Aufgaben dient vor<br />
allem der Entlastung der Verwaltung.<br />
Die privaten Rechtsträger werden nach privatem Recht gegründet und organisiert. In ihrem Verhältnis zu andern Privaten sind<br />
sie, soweit sie öffentlich-rechtliche Aufgaben erfüllen, zum Teil dem Privatrecht und zum Teil dem öffentlichen Recht unterstellt.<br />
Private, die öffentliche Aufgaben erfüllen, sind grundsätzlich an die Verfassung vor allem an die Grundrechte gebunden.<br />
Dies auch dann, wenn sie in privatrechtlicher Form handeln. Privatautonomie kommt ihnen in dieser Funktion nicht zu,<br />
ihr Handeln muss am öffentlichen Interesse orientiert und verfassungsbezogen sein.<br />
5. Juli 2006<br />
Welches sind die Motive für die Übertragung von öffentliche Aufgaben an Private?<br />
<strong>Verwaltungsrecht</strong> I: Zusammenfassung Seite 45